Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.Hals hatte er in aller Stille wieder mit Tüchern umwunden. Die naßgewordenen Kleider wurden zurückgeschlagen. Er ließ die Anordnung treffen, daß der Erwachende einfache erwärmende Nahrung vorfand. Wolny entwickelte dabei all die Virtuosität in der Krankenbehandlung aus seiner ersten Ehe. Ein Wasserüberguß über ein Stück Fleischextractgallert ist keine Suppe! sagte er. Er verbat sich ausdrücklich diesen Absud, der nur zum Magenkrampf führe, ging selbst in die Küche und sprach energisch mit dem Koch. Zwei lange Stunden vergingen. Wolny bedachte mit Trauer: Wie, wenn das Uebel andauerte, er Martha darüber benachrichtigen müßte! Er sah die Folge dieses fortwährenden Lebens der Bravade, des Prahlens, Sichvermessens, Großsprechens, eines dabei immer parallel gehenden Zusprechens zur Flasche. Jetzt nun mochten auch von Außen empfangene herbste Eindrücke hinzugekommen sein, Sorgen, Gemüthskränkungen, denen die Widerstandskraft seiner Nerven unterlag! Die Liebe zu Edwina schien wirklich eine echte zu sein. Martha hatte dem geliebten Manne Stellen der Briefe ihres Bruders mitgetheilt, die auf die Voraussetzung eines reinen Verhältnisses gingen. Er hatte Edwina seine Göttin, seine Heilige genannt. Voll Andacht, hatte er geschrieben, blicke er zu ihr hinauf. Sie sei edel und gut, klug Hals hatte er in aller Stille wieder mit Tüchern umwunden. Die naßgewordenen Kleider wurden zurückgeschlagen. Er ließ die Anordnung treffen, daß der Erwachende einfache erwärmende Nahrung vorfand. Wolny entwickelte dabei all die Virtuosität in der Krankenbehandlung aus seiner ersten Ehe. Ein Wasserüberguß über ein Stück Fleischextractgallert ist keine Suppe! sagte er. Er verbat sich ausdrücklich diesen Absud, der nur zum Magenkrampf führe, ging selbst in die Küche und sprach energisch mit dem Koch. Zwei lange Stunden vergingen. Wolny bedachte mit Trauer: Wie, wenn das Uebel andauerte, er Martha darüber benachrichtigen müßte! Er sah die Folge dieses fortwährenden Lebens der Bravade, des Prahlens, Sichvermessens, Großsprechens, eines dabei immer parallel gehenden Zusprechens zur Flasche. Jetzt nun mochten auch von Außen empfangene herbste Eindrücke hinzugekommen sein, Sorgen, Gemüthskränkungen, denen die Widerstandskraft seiner Nerven unterlag! Die Liebe zu Edwina schien wirklich eine echte zu sein. Martha hatte dem geliebten Manne Stellen der Briefe ihres Bruders mitgetheilt, die auf die Voraussetzung eines reinen Verhältnisses gingen. Er hatte Edwina seine Göttin, seine Heilige genannt. Voll Andacht, hatte er geschrieben, blicke er zu ihr hinauf. Sie sei edel und gut, klug <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0235" n="229"/> Hals hatte er in aller Stille wieder mit Tüchern umwunden. Die naßgewordenen Kleider wurden zurückgeschlagen. Er ließ die Anordnung treffen, daß der Erwachende einfache erwärmende Nahrung vorfand. Wolny entwickelte dabei all die Virtuosität in der Krankenbehandlung aus seiner ersten Ehe. Ein Wasserüberguß über ein Stück Fleischextractgallert ist keine Suppe! sagte er. Er verbat sich ausdrücklich diesen Absud, der nur zum Magenkrampf führe, ging selbst in die Küche und sprach energisch mit dem Koch.</p> <p>Zwei lange Stunden vergingen. Wolny bedachte mit Trauer: Wie, wenn das Uebel andauerte, er Martha darüber benachrichtigen müßte! Er sah die Folge dieses fortwährenden Lebens der Bravade, des Prahlens, Sichvermessens, Großsprechens, eines dabei immer parallel gehenden Zusprechens zur Flasche. Jetzt nun mochten auch von Außen empfangene herbste Eindrücke hinzugekommen sein, Sorgen, Gemüthskränkungen, denen die Widerstandskraft seiner Nerven unterlag! Die Liebe zu Edwina schien wirklich eine echte zu sein. Martha hatte dem geliebten Manne Stellen der Briefe ihres Bruders mitgetheilt, die auf die Voraussetzung eines reinen Verhältnisses gingen. Er hatte Edwina seine Göttin, seine Heilige genannt. Voll Andacht, hatte er geschrieben, blicke er zu ihr hinauf. Sie sei edel und gut, klug </p> </div> </body> </text> </TEI> [229/0235]
Hals hatte er in aller Stille wieder mit Tüchern umwunden. Die naßgewordenen Kleider wurden zurückgeschlagen. Er ließ die Anordnung treffen, daß der Erwachende einfache erwärmende Nahrung vorfand. Wolny entwickelte dabei all die Virtuosität in der Krankenbehandlung aus seiner ersten Ehe. Ein Wasserüberguß über ein Stück Fleischextractgallert ist keine Suppe! sagte er. Er verbat sich ausdrücklich diesen Absud, der nur zum Magenkrampf führe, ging selbst in die Küche und sprach energisch mit dem Koch.
Zwei lange Stunden vergingen. Wolny bedachte mit Trauer: Wie, wenn das Uebel andauerte, er Martha darüber benachrichtigen müßte! Er sah die Folge dieses fortwährenden Lebens der Bravade, des Prahlens, Sichvermessens, Großsprechens, eines dabei immer parallel gehenden Zusprechens zur Flasche. Jetzt nun mochten auch von Außen empfangene herbste Eindrücke hinzugekommen sein, Sorgen, Gemüthskränkungen, denen die Widerstandskraft seiner Nerven unterlag! Die Liebe zu Edwina schien wirklich eine echte zu sein. Martha hatte dem geliebten Manne Stellen der Briefe ihres Bruders mitgetheilt, die auf die Voraussetzung eines reinen Verhältnisses gingen. Er hatte Edwina seine Göttin, seine Heilige genannt. Voll Andacht, hatte er geschrieben, blicke er zu ihr hinauf. Sie sei edel und gut, klug
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