Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Und es bleiben doch so viele der Bilder hängen! Die Antwort war einsilbig. Ich verlor mich dabei in den lieblichen Zügen und entdeckte eine Aehnlichkeit mit meinem Oheim, die mich rührte. Daß hier ein Landvermesser Namens Marloff vor Jahren im nächsten Städtchen Weilheim von der Regierung beschäftigt wurde, eine bildschöne Frau hatte, die bei der Geburt eines Kindes starb, das wußte man. Ich werde in Weilheim forschen und entdecke gewiß noch Näheres." Die Geständnisse des alten Marloff in jener Ballnacht hatte Ottomar dem Freunde nicht mitgetheilt. Ottomar war dem Grafen wie entflohen, um - Ada zu entfliehen! Selbst auf der Hochzeit fehlte er - wegen seiner Schwester, die ja krank war. Furchtbare Bilder mußten nach jener Ballnacht vor Ottomars Auge getreten sein, so oft er an Edwina dachte, an die alte Frau im Hinterhofe, an den vergrämelten machtlosen Vater, der sie nächtlich besuchte -! Dann diese Verbindung zwischen dem wirklichen Vater und der Tochter! Er hielt diese für rein gewesen, unentweiht, er bereute seinen Scherz mit dem "Souper bei Ungarwein". Warum sollte ein verwildertes Wesen erzogen worden sein durch Bildung, gutes Beispiel! War Edwina doch schon fast reif im Nachdenken über die Welt und Menschen durch Erlebnisse der abenteuerlichsten Art! Ottomar besuchte wieder einmal Marloff. Es Und es bleiben doch so viele der Bilder hängen! Die Antwort war einsilbig. Ich verlor mich dabei in den lieblichen Zügen und entdeckte eine Aehnlichkeit mit meinem Oheim, die mich rührte. Daß hier ein Landvermesser Namens Marloff vor Jahren im nächsten Städtchen Weilheim von der Regierung beschäftigt wurde, eine bildschöne Frau hatte, die bei der Geburt eines Kindes starb, das wußte man. Ich werde in Weilheim forschen und entdecke gewiß noch Näheres.“ Die Geständnisse des alten Marloff in jener Ballnacht hatte Ottomar dem Freunde nicht mitgetheilt. Ottomar war dem Grafen wie entflohen, um – Ada zu entfliehen! Selbst auf der Hochzeit fehlte er – wegen seiner Schwester, die ja krank war. Furchtbare Bilder mußten nach jener Ballnacht vor Ottomars Auge getreten sein, so oft er an Edwina dachte, an die alte Frau im Hinterhofe, an den vergrämelten machtlosen Vater, der sie nächtlich besuchte –! Dann diese Verbindung zwischen dem wirklichen Vater und der Tochter! Er hielt diese für rein gewesen, unentweiht, er bereute seinen Scherz mit dem „Souper bei Ungarwein“. Warum sollte ein verwildertes Wesen erzogen worden sein durch Bildung, gutes Beispiel! War Edwina doch schon fast reif im Nachdenken über die Welt und Menschen durch Erlebnisse der abenteuerlichsten Art! Ottomar besuchte wieder einmal Marloff. Es <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0064" n="58"/> Und es bleiben doch so viele der Bilder hängen! Die Antwort war einsilbig. Ich verlor mich dabei in den lieblichen Zügen und entdeckte eine Aehnlichkeit mit meinem Oheim, die mich rührte. Daß hier ein Landvermesser Namens Marloff vor Jahren im nächsten Städtchen Weilheim von der Regierung beschäftigt wurde, eine bildschöne Frau hatte, die bei der Geburt eines Kindes starb, das wußte man. Ich werde in Weilheim forschen und entdecke gewiß noch Näheres.“</p> <p>Die Geständnisse des alten Marloff in jener Ballnacht hatte Ottomar dem Freunde nicht mitgetheilt. Ottomar war dem Grafen wie entflohen, um – Ada zu entfliehen! Selbst auf der Hochzeit fehlte er – wegen seiner Schwester, die ja krank war. Furchtbare Bilder mußten nach jener Ballnacht vor Ottomars Auge getreten sein, so oft er an Edwina dachte, an die alte Frau im Hinterhofe, an den vergrämelten machtlosen Vater, der sie nächtlich besuchte –! Dann diese Verbindung zwischen dem wirklichen Vater und der Tochter! Er hielt diese für rein gewesen, unentweiht, er bereute seinen Scherz mit dem „Souper bei Ungarwein“. Warum sollte ein verwildertes Wesen erzogen worden sein durch Bildung, gutes Beispiel! War Edwina doch schon fast reif im Nachdenken über die Welt und Menschen durch Erlebnisse der abenteuerlichsten Art! Ottomar besuchte wieder einmal Marloff. Es </p> </div> </body> </text> </TEI> [58/0064]
Und es bleiben doch so viele der Bilder hängen! Die Antwort war einsilbig. Ich verlor mich dabei in den lieblichen Zügen und entdeckte eine Aehnlichkeit mit meinem Oheim, die mich rührte. Daß hier ein Landvermesser Namens Marloff vor Jahren im nächsten Städtchen Weilheim von der Regierung beschäftigt wurde, eine bildschöne Frau hatte, die bei der Geburt eines Kindes starb, das wußte man. Ich werde in Weilheim forschen und entdecke gewiß noch Näheres.“
Die Geständnisse des alten Marloff in jener Ballnacht hatte Ottomar dem Freunde nicht mitgetheilt. Ottomar war dem Grafen wie entflohen, um – Ada zu entfliehen! Selbst auf der Hochzeit fehlte er – wegen seiner Schwester, die ja krank war. Furchtbare Bilder mußten nach jener Ballnacht vor Ottomars Auge getreten sein, so oft er an Edwina dachte, an die alte Frau im Hinterhofe, an den vergrämelten machtlosen Vater, der sie nächtlich besuchte –! Dann diese Verbindung zwischen dem wirklichen Vater und der Tochter! Er hielt diese für rein gewesen, unentweiht, er bereute seinen Scherz mit dem „Souper bei Ungarwein“. Warum sollte ein verwildertes Wesen erzogen worden sein durch Bildung, gutes Beispiel! War Edwina doch schon fast reif im Nachdenken über die Welt und Menschen durch Erlebnisse der abenteuerlichsten Art! Ottomar besuchte wieder einmal Marloff. Es
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