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Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.

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Das Thema wurde in eine Sphäre hinübergeleitet, wo die ernste Discussion aufhörte. Bis zu dem Augenblick, wo Althing wieder aufbrach und sich entfernte, hatte das Thema vom Erhabenen und vom Verfall, vorzugsweise der Bühne, sich in der Constatirung einer psychologischen Thatsache vereinigt, daß der Sinn für Tragödie dem Schuldbewußtsein, für Comödie mehr dem harmlosen Gemüthe eigen sei. Das Schuldbewußtsein, das sich reinigen will, liebt auf der Bühne die pathetische Tirade, drapirt sich gern mit griechischem Faltenwurf, rollt die Augen und zuckt gegen die Bekrittler seiner Tugend den Dolch. So wurde hervorgehoben, daß gefallene Frauen lieber Trauer- als Lustspiele sehen. Sie fühlen eine Genugthuung in den Intriguen, die einen edlen Menschen stürzen. Sie haben zu den Teufeln, die auf der Bühne ihr Wesen treiben, immer aus ihrem eignen Leben einen entsprechenden Pendant. Es war dabei von einer Person die Rede, die den alten Bildhauer in Verlegenheit setzte. Er hatte eine unangenehme Correspondenz mit Edwina Marloff gehabt. Denn als eines Tages sein Sohn eine nähere Aufklärung über das Gerede seiner Punktirer gegeben hatte, verlangte der strenge Mann, der es, wie alle Menschen, nicht wußte, daß er etwas vom Tyrannen in sich hatte, Blaumeißel sollte seiner Micheline sagen, wenn die Josefa nicht augenblicklich den gewissen Dienst

Das Thema wurde in eine Sphäre hinübergeleitet, wo die ernste Discussion aufhörte. Bis zu dem Augenblick, wo Althing wieder aufbrach und sich entfernte, hatte das Thema vom Erhabenen und vom Verfall, vorzugsweise der Bühne, sich in der Constatirung einer psychologischen Thatsache vereinigt, daß der Sinn für Tragödie dem Schuldbewußtsein, für Comödie mehr dem harmlosen Gemüthe eigen sei. Das Schuldbewußtsein, das sich reinigen will, liebt auf der Bühne die pathetische Tirade, drapirt sich gern mit griechischem Faltenwurf, rollt die Augen und zuckt gegen die Bekrittler seiner Tugend den Dolch. So wurde hervorgehoben, daß gefallene Frauen lieber Trauer- als Lustspiele sehen. Sie fühlen eine Genugthuung in den Intriguen, die einen edlen Menschen stürzen. Sie haben zu den Teufeln, die auf der Bühne ihr Wesen treiben, immer aus ihrem eignen Leben einen entsprechenden Pendant. Es war dabei von einer Person die Rede, die den alten Bildhauer in Verlegenheit setzte. Er hatte eine unangenehme Correspondenz mit Edwina Marloff gehabt. Denn als eines Tages sein Sohn eine nähere Aufklärung über das Gerede seiner Punktirer gegeben hatte, verlangte der strenge Mann, der es, wie alle Menschen, nicht wußte, daß er etwas vom Tyrannen in sich hatte, Blaumeißel sollte seiner Micheline sagen, wenn die Josefa nicht augenblicklich den gewissen Dienst

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[52/0058] Das Thema wurde in eine Sphäre hinübergeleitet, wo die ernste Discussion aufhörte. Bis zu dem Augenblick, wo Althing wieder aufbrach und sich entfernte, hatte das Thema vom Erhabenen und vom Verfall, vorzugsweise der Bühne, sich in der Constatirung einer psychologischen Thatsache vereinigt, daß der Sinn für Tragödie dem Schuldbewußtsein, für Comödie mehr dem harmlosen Gemüthe eigen sei. Das Schuldbewußtsein, das sich reinigen will, liebt auf der Bühne die pathetische Tirade, drapirt sich gern mit griechischem Faltenwurf, rollt die Augen und zuckt gegen die Bekrittler seiner Tugend den Dolch. So wurde hervorgehoben, daß gefallene Frauen lieber Trauer- als Lustspiele sehen. Sie fühlen eine Genugthuung in den Intriguen, die einen edlen Menschen stürzen. Sie haben zu den Teufeln, die auf der Bühne ihr Wesen treiben, immer aus ihrem eignen Leben einen entsprechenden Pendant. Es war dabei von einer Person die Rede, die den alten Bildhauer in Verlegenheit setzte. Er hatte eine unangenehme Correspondenz mit Edwina Marloff gehabt. Denn als eines Tages sein Sohn eine nähere Aufklärung über das Gerede seiner Punktirer gegeben hatte, verlangte der strenge Mann, der es, wie alle Menschen, nicht wußte, daß er etwas vom Tyrannen in sich hatte, Blaumeißel sollte seiner Micheline sagen, wenn die Josefa nicht augenblicklich den gewissen Dienst

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/58>, abgerufen am 25.11.2024.