Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

Das ist eine schöne Aussicht für einen Juristen, den Sie in Nahrung setzen sollen! sprang Ottomar auf. Ich trete jetzt in die Staatsanwaltschaft! Wie sollen wir bestehen, wenn Keiner mehr Recht haben will? Nein, der Professor da in Leipzig oder wo sonst, der "den Kampf um's Recht" geschrieben hat, wußte sehr wohl, was seinen Collegiengeldern nützlicher ist!

Es folgte eine lange Pause. Ada legte ihren Hut neben sich. Der schwanke Zweig eines um den kleinen Fensterrest sich hinziehenden Epheus berührte ihren sich in den Schooß niederbeugenden Kopf. Dann sagte sie: Sehen Sie, das kann mich nun recht ärgern, Althing! Sie sind doch mein - hier stockte die Stimme. In der That war es eine Thräne, die ihre Rede erstickte. Aber sie faßte sich schnell und vollendete - bester Freund. Und als Ottomar protestirte, hörte er das alte, ihr eigne: Na ja! das er ihr abgewöhnt zu haben glaubte, aber es kam wieder zu natürlich, zu treuherzig heraus. Er war gerührt über ein gänzlich ohne Erziehung, unter Vorurtheilen, schlechten Gesinnungen aufgewachsenes Mädchen. Er hatte jetzt wirklich Adas Hand in der seinigen. Sie legte die ihrige ruhig in seine männliche, gebräunte. Er mußte sein Auge abwenden, weil er die Hand nicht zu drücken wagte. Der Freund stand im Geist vor ihm, Graf Udo -!

Das ist eine schöne Aussicht für einen Juristen, den Sie in Nahrung setzen sollen! sprang Ottomar auf. Ich trete jetzt in die Staatsanwaltschaft! Wie sollen wir bestehen, wenn Keiner mehr Recht haben will? Nein, der Professor da in Leipzig oder wo sonst, der „den Kampf um’s Recht“ geschrieben hat, wußte sehr wohl, was seinen Collegiengeldern nützlicher ist!

Es folgte eine lange Pause. Ada legte ihren Hut neben sich. Der schwanke Zweig eines um den kleinen Fensterrest sich hinziehenden Epheus berührte ihren sich in den Schooß niederbeugenden Kopf. Dann sagte sie: Sehen Sie, das kann mich nun recht ärgern, Althing! Sie sind doch mein – hier stockte die Stimme. In der That war es eine Thräne, die ihre Rede erstickte. Aber sie faßte sich schnell und vollendete – bester Freund. Und als Ottomar protestirte, hörte er das alte, ihr eigne: Na ja! das er ihr abgewöhnt zu haben glaubte, aber es kam wieder zu natürlich, zu treuherzig heraus. Er war gerührt über ein gänzlich ohne Erziehung, unter Vorurtheilen, schlechten Gesinnungen aufgewachsenes Mädchen. Er hatte jetzt wirklich Adas Hand in der seinigen. Sie legte die ihrige ruhig in seine männliche, gebräunte. Er mußte sein Auge abwenden, weil er die Hand nicht zu drücken wagte. Der Freund stand im Geist vor ihm, Graf Udo –!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0299" n="293"/>
        <p> Das ist eine schöne Aussicht für einen Juristen, den Sie in Nahrung setzen sollen! sprang Ottomar auf. Ich trete jetzt in die Staatsanwaltschaft! Wie sollen wir bestehen, wenn Keiner mehr Recht haben will? Nein, <ref xml:id="TEXTderProfessorBIShat" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLderProfessorBIShat">der Professor da in Leipzig oder wo sonst, der &#x201E;den Kampf um&#x2019;s Recht&#x201C; geschrieben hat</ref>, wußte sehr wohl, was seinen Collegiengeldern nützlicher ist!</p>
        <p>Es folgte eine lange Pause. Ada legte ihren Hut neben sich. Der schwanke Zweig eines um den kleinen Fensterrest sich hinziehenden Epheus berührte ihren sich in den Schooß niederbeugenden Kopf. Dann sagte sie: Sehen Sie, das kann mich nun recht ärgern, Althing! Sie sind doch mein &#x2013; hier stockte die Stimme. In der That war es eine Thräne, die ihre Rede erstickte. Aber sie faßte sich schnell und vollendete &#x2013; bester Freund. Und als Ottomar protestirte, hörte er das alte, ihr eigne: Na ja! das er ihr abgewöhnt zu haben glaubte, aber es kam wieder zu natürlich, zu treuherzig heraus. Er war gerührt über ein gänzlich ohne Erziehung, unter Vorurtheilen, schlechten Gesinnungen aufgewachsenes Mädchen. Er hatte jetzt wirklich Adas Hand in der seinigen. Sie legte die ihrige ruhig in seine männliche, gebräunte. Er mußte sein Auge abwenden, weil er die Hand nicht zu drücken wagte. Der Freund stand im Geist vor ihm, Graf Udo &#x2013;!</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[293/0299] Das ist eine schöne Aussicht für einen Juristen, den Sie in Nahrung setzen sollen! sprang Ottomar auf. Ich trete jetzt in die Staatsanwaltschaft! Wie sollen wir bestehen, wenn Keiner mehr Recht haben will? Nein, der Professor da in Leipzig oder wo sonst, der „den Kampf um’s Recht“ geschrieben hat, wußte sehr wohl, was seinen Collegiengeldern nützlicher ist! Es folgte eine lange Pause. Ada legte ihren Hut neben sich. Der schwanke Zweig eines um den kleinen Fensterrest sich hinziehenden Epheus berührte ihren sich in den Schooß niederbeugenden Kopf. Dann sagte sie: Sehen Sie, das kann mich nun recht ärgern, Althing! Sie sind doch mein – hier stockte die Stimme. In der That war es eine Thräne, die ihre Rede erstickte. Aber sie faßte sich schnell und vollendete – bester Freund. Und als Ottomar protestirte, hörte er das alte, ihr eigne: Na ja! das er ihr abgewöhnt zu haben glaubte, aber es kam wieder zu natürlich, zu treuherzig heraus. Er war gerührt über ein gänzlich ohne Erziehung, unter Vorurtheilen, schlechten Gesinnungen aufgewachsenes Mädchen. Er hatte jetzt wirklich Adas Hand in der seinigen. Sie legte die ihrige ruhig in seine männliche, gebräunte. Er mußte sein Auge abwenden, weil er die Hand nicht zu drücken wagte. Der Freund stand im Geist vor ihm, Graf Udo –!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T12:40:43Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T12:40:43Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-2<a>) (2014-02-19T12:40:43Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/299
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/299>, abgerufen am 24.11.2024.