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Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.

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wenn dann der Eine nicht mitmachte, ging nichtsdestoweniger der Andere. Ottomar war wie selbstverständlich Adas Schatten. Sie machten Fußwanderungen für sich ganz allein. Zuweilen mußten sie durch Wälder, wo weithin Nichts zu sehen war, als Buche an Buche, Tanne an Tanne. Ada verwünschte diese Regelmäßigkeit. Sie wollte den schimmernden Erlenbaum, der die nächtlichen Geister lockt und um den sich die sanft schwellenden Moose zu ziehen pflegen, sie wollte die Eichenschonung mit ihrem Zweiggewirr. Da mußte sie noch mehr in die Höhe steigen und in gefahrvollere Einsamkeit. Aber auch in der Nähe des Schlosses gab es lauschigere Stellen, verwitterte Steine, die etwa einer alten zerstörten Kapelle angehörten und jetzt unter Flieder und Haselnußbüschen wie begraben lagen; es gab kleine Farrnkräuterwälder am Ursprung einer Quelle oder einem von den Bergen kommenden Bach entlang. An solchen stillen Orten saßen dann Ada und Ottomar schon oft allein, und immer hatte dieser auf ihre dringende komische Frage: Finden Sie nicht, daß ich mich zu meinem Vortheil verändert habe? nichts als ein helles Lachen gehabt und auf die kindische, aber liebenswürdige Naivetät ausweichend erwidert. Etwa: Ja, wer hat Sie denn früher getadelt? oder: Bei Besuchen giebt sich der Mensch, wie wenn er sich in ein Album einzeichnet und ist dann gradezu ein

wenn dann der Eine nicht mitmachte, ging nichtsdestoweniger der Andere. Ottomar war wie selbstverständlich Adas Schatten. Sie machten Fußwanderungen für sich ganz allein. Zuweilen mußten sie durch Wälder, wo weithin Nichts zu sehen war, als Buche an Buche, Tanne an Tanne. Ada verwünschte diese Regelmäßigkeit. Sie wollte den schimmernden Erlenbaum, der die nächtlichen Geister lockt und um den sich die sanft schwellenden Moose zu ziehen pflegen, sie wollte die Eichenschonung mit ihrem Zweiggewirr. Da mußte sie noch mehr in die Höhe steigen und in gefahrvollere Einsamkeit. Aber auch in der Nähe des Schlosses gab es lauschigere Stellen, verwitterte Steine, die etwa einer alten zerstörten Kapelle angehörten und jetzt unter Flieder und Haselnußbüschen wie begraben lagen; es gab kleine Farrnkräuterwälder am Ursprung einer Quelle oder einem von den Bergen kommenden Bach entlang. An solchen stillen Orten saßen dann Ada und Ottomar schon oft allein, und immer hatte dieser auf ihre dringende komische Frage: Finden Sie nicht, daß ich mich zu meinem Vortheil verändert habe? nichts als ein helles Lachen gehabt und auf die kindische, aber liebenswürdige Naivetät ausweichend erwidert. Etwa: Ja, wer hat Sie denn früher getadelt? oder: Bei Besuchen giebt sich der Mensch, wie wenn er sich in ein Album einzeichnet und ist dann gradezu ein

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[288/0294] wenn dann der Eine nicht mitmachte, ging nichtsdestoweniger der Andere. Ottomar war wie selbstverständlich Adas Schatten. Sie machten Fußwanderungen für sich ganz allein. Zuweilen mußten sie durch Wälder, wo weithin Nichts zu sehen war, als Buche an Buche, Tanne an Tanne. Ada verwünschte diese Regelmäßigkeit. Sie wollte den schimmernden Erlenbaum, der die nächtlichen Geister lockt und um den sich die sanft schwellenden Moose zu ziehen pflegen, sie wollte die Eichenschonung mit ihrem Zweiggewirr. Da mußte sie noch mehr in die Höhe steigen und in gefahrvollere Einsamkeit. Aber auch in der Nähe des Schlosses gab es lauschigere Stellen, verwitterte Steine, die etwa einer alten zerstörten Kapelle angehörten und jetzt unter Flieder und Haselnußbüschen wie begraben lagen; es gab kleine Farrnkräuterwälder am Ursprung einer Quelle oder einem von den Bergen kommenden Bach entlang. An solchen stillen Orten saßen dann Ada und Ottomar schon oft allein, und immer hatte dieser auf ihre dringende komische Frage: Finden Sie nicht, daß ich mich zu meinem Vortheil verändert habe? nichts als ein helles Lachen gehabt und auf die kindische, aber liebenswürdige Naivetät ausweichend erwidert. Etwa: Ja, wer hat Sie denn früher getadelt? oder: Bei Besuchen giebt sich der Mensch, wie wenn er sich in ein Album einzeichnet und ist dann gradezu ein

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/294>, abgerufen am 25.11.2024.