Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

vom künstlerischen Standpunkte zu sprechen. Der wackre Bildhauer wurde fast kleinlaut, wenn Ottomar so von einer Weltanschauung zu reden begann, die der Vater doch eigentlich theilte. Er theilte sie in Fragmenten, während sich bei Ottomar Alles schon rundete und zu größeren Anschauungen gestaltete, besonders seitdem der nordamerikanische Seeoffizier eine wahre Leidenschaft verrieth, die Union gegen die, wie er sagte, systematisch betriebene Herabsetzung des amerikanischen Lebens zu vertheidigen und Principienfragen anregte. Holls neueste Erfahrung hatte Ottomar noch nicht gehört.

Ada hatte eigentlich ebenfalls etwas von jenem Stumpfnäsigen einer gewissen aristokratischen Race, wenn auch lieblich gemildert. Sie entsprach dem Symbol der Zuversichtlichkeit oft genug durch die Art, sich zu geben; ja Manche wollten finden, daß sie als Frau nun erst recht unumgänglich geworden sein sollte. Helenen und Martha behandelte sie allerdings auf das Zuvorkommendste; aber die alte Gräfin mußte viel Geduld mit ihr haben, wie Jeder, den sie - das hatte sie Ottomar gleich bei seiner ersten Wiederbegrüßung, wo sie todtenbleich und marmorgleich dastand, zuraunte - in "Ottomars Geiste", "nach dessen Principien", behandelte. Er selbst war mit ihr sogleich wie sonst. Sie dagegen zeigte hohe Erregung und verrieth, daß sie auch den Unsichtbaren fort und fort

vom künstlerischen Standpunkte zu sprechen. Der wackre Bildhauer wurde fast kleinlaut, wenn Ottomar so von einer Weltanschauung zu reden begann, die der Vater doch eigentlich theilte. Er theilte sie in Fragmenten, während sich bei Ottomar Alles schon rundete und zu größeren Anschauungen gestaltete, besonders seitdem der nordamerikanische Seeoffizier eine wahre Leidenschaft verrieth, die Union gegen die, wie er sagte, systematisch betriebene Herabsetzung des amerikanischen Lebens zu vertheidigen und Principienfragen anregte. Holls neueste Erfahrung hatte Ottomar noch nicht gehört.

Ada hatte eigentlich ebenfalls etwas von jenem Stumpfnäsigen einer gewissen aristokratischen Race, wenn auch lieblich gemildert. Sie entsprach dem Symbol der Zuversichtlichkeit oft genug durch die Art, sich zu geben; ja Manche wollten finden, daß sie als Frau nun erst recht unumgänglich geworden sein sollte. Helenen und Martha behandelte sie allerdings auf das Zuvorkommendste; aber die alte Gräfin mußte viel Geduld mit ihr haben, wie Jeder, den sie – das hatte sie Ottomar gleich bei seiner ersten Wiederbegrüßung, wo sie todtenbleich und marmorgleich dastand, zuraunte – in „Ottomars Geiste“, „nach dessen Principien“, behandelte. Er selbst war mit ihr sogleich wie sonst. Sie dagegen zeigte hohe Erregung und verrieth, daß sie auch den Unsichtbaren fort und fort

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0283" n="277"/>
vom künstlerischen Standpunkte zu sprechen. Der wackre Bildhauer wurde fast kleinlaut, wenn Ottomar so von einer Weltanschauung zu reden begann, die der Vater doch eigentlich theilte. Er theilte sie in Fragmenten, während sich bei Ottomar Alles schon rundete und zu größeren Anschauungen gestaltete, besonders seitdem der nordamerikanische Seeoffizier eine wahre Leidenschaft verrieth, die Union gegen die, wie er sagte, systematisch betriebene Herabsetzung des amerikanischen Lebens zu vertheidigen und Principienfragen anregte. Holls neueste Erfahrung hatte Ottomar noch nicht gehört.</p>
        <p>Ada hatte eigentlich ebenfalls etwas von jenem Stumpfnäsigen einer gewissen aristokratischen Race, wenn auch lieblich gemildert. Sie entsprach dem Symbol der Zuversichtlichkeit oft genug durch die Art, sich zu geben; ja Manche wollten finden, daß sie als Frau nun erst recht unumgänglich geworden sein sollte. Helenen und Martha behandelte sie allerdings auf das Zuvorkommendste; aber die alte Gräfin mußte viel Geduld mit ihr haben, wie Jeder, den sie &#x2013; das hatte sie Ottomar gleich bei seiner ersten Wiederbegrüßung, wo sie todtenbleich und marmorgleich dastand, zuraunte &#x2013; in &#x201E;Ottomars Geiste&#x201C;, &#x201E;nach dessen Principien&#x201C;, behandelte. Er selbst war mit ihr sogleich wie sonst. Sie dagegen zeigte hohe Erregung und verrieth, daß sie auch den Unsichtbaren fort und fort
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[277/0283] vom künstlerischen Standpunkte zu sprechen. Der wackre Bildhauer wurde fast kleinlaut, wenn Ottomar so von einer Weltanschauung zu reden begann, die der Vater doch eigentlich theilte. Er theilte sie in Fragmenten, während sich bei Ottomar Alles schon rundete und zu größeren Anschauungen gestaltete, besonders seitdem der nordamerikanische Seeoffizier eine wahre Leidenschaft verrieth, die Union gegen die, wie er sagte, systematisch betriebene Herabsetzung des amerikanischen Lebens zu vertheidigen und Principienfragen anregte. Holls neueste Erfahrung hatte Ottomar noch nicht gehört. Ada hatte eigentlich ebenfalls etwas von jenem Stumpfnäsigen einer gewissen aristokratischen Race, wenn auch lieblich gemildert. Sie entsprach dem Symbol der Zuversichtlichkeit oft genug durch die Art, sich zu geben; ja Manche wollten finden, daß sie als Frau nun erst recht unumgänglich geworden sein sollte. Helenen und Martha behandelte sie allerdings auf das Zuvorkommendste; aber die alte Gräfin mußte viel Geduld mit ihr haben, wie Jeder, den sie – das hatte sie Ottomar gleich bei seiner ersten Wiederbegrüßung, wo sie todtenbleich und marmorgleich dastand, zuraunte – in „Ottomars Geiste“, „nach dessen Principien“, behandelte. Er selbst war mit ihr sogleich wie sonst. Sie dagegen zeigte hohe Erregung und verrieth, daß sie auch den Unsichtbaren fort und fort

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T12:40:43Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T12:40:43Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-2<a>) (2014-02-19T12:40:43Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/283
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/283>, abgerufen am 26.11.2024.