Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.die Lüge großgezogen werden? Ist man doch sonst im Leben so rücksichtslos! Ich traue mir sogar das Talent zu, weit, weit mehr als die jetzige junge Gräfin Treuenfels, Ada von Forbeck, die Liebe und das Vertrauen der alten Gräfin zu gewinnen! Ich habe für die Schmeichelei Töne, die ich bei unseren Damen noch nie vernommen habe! Sie sind alle - doch genug, ich - entsage! Sie wandte sich stolz. Ihre Mutter war ohne Zweifel bezaubernd wie die Tochter! rief der Fürst und wollte Edwina umschlingen und wie wohl schon zuweilen ihr einen jener Küsse rauben, von denen er "Wochen lang zehren zu können" behauptete und von denen sie sagte, daß sie ihr "moralisch Nichts kosteten". Aber heute drückte sie ihn zurück. Lassen Sie das! Ich stehe am Vorabend einer großen Entschließung, vielleicht - meines Untergangs! Dem Fürsten war in den Cirkeln der Dame Brenna nicht entgangen, daß es der berühmte Tageswortführer Raimund Ehlerdt war, der Dirigent jener Maschinenbedarf-Fabrik, die ihm so bedeutende Verluste an Geld (fünfzigmal Differenz von 101 und 71 = 1500 Thalern) gebracht hatten, der ihm jetzt auch Einbuße in der Gunst bei Edwina zuzog. "Nehmet Alles nur in Allem, es ist ein Mann!" hatte Edwina höchst bezüglich schon einmal die Lüge großgezogen werden? Ist man doch sonst im Leben so rücksichtslos! Ich traue mir sogar das Talent zu, weit, weit mehr als die jetzige junge Gräfin Treuenfels, Ada von Forbeck, die Liebe und das Vertrauen der alten Gräfin zu gewinnen! Ich habe für die Schmeichelei Töne, die ich bei unseren Damen noch nie vernommen habe! Sie sind alle – doch genug, ich – entsage! Sie wandte sich stolz. Ihre Mutter war ohne Zweifel bezaubernd wie die Tochter! rief der Fürst und wollte Edwina umschlingen und wie wohl schon zuweilen ihr einen jener Küsse rauben, von denen er „Wochen lang zehren zu können“ behauptete und von denen sie sagte, daß sie ihr „moralisch Nichts kosteten“. Aber heute drückte sie ihn zurück. Lassen Sie das! Ich stehe am Vorabend einer großen Entschließung, vielleicht – meines Untergangs! Dem Fürsten war in den Cirkeln der Dame Brenna nicht entgangen, daß es der berühmte Tageswortführer Raimund Ehlerdt war, der Dirigent jener Maschinenbedarf-Fabrik, die ihm so bedeutende Verluste an Geld (fünfzigmal Differenz von 101 und 71 = 1500 Thalern) gebracht hatten, der ihm jetzt auch Einbuße in der Gunst bei Edwina zuzog. „Nehmet Alles nur in Allem, es ist ein Mann!“ hatte Edwina höchst bezüglich schon einmal <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0248" n="242"/> die Lüge großgezogen werden? Ist man doch sonst im Leben so rücksichtslos! Ich traue mir sogar das Talent zu, weit, weit mehr als die jetzige junge Gräfin Treuenfels, Ada von Forbeck, die Liebe und das Vertrauen der alten Gräfin zu gewinnen! Ich habe für die Schmeichelei Töne, die ich bei unseren Damen noch nie vernommen habe! Sie sind alle – doch genug, ich – entsage!</p> <p>Sie wandte sich stolz.</p> <p>Ihre Mutter war ohne Zweifel bezaubernd wie die Tochter! rief der Fürst und wollte Edwina umschlingen und wie wohl schon zuweilen ihr einen jener Küsse rauben, von denen er „Wochen lang zehren zu können“ behauptete und von denen sie sagte, daß sie ihr „moralisch Nichts kosteten“.</p> <p>Aber heute drückte sie ihn zurück. Lassen Sie das! Ich stehe am Vorabend einer großen Entschließung, vielleicht – meines Untergangs!</p> <p>Dem Fürsten war in den Cirkeln der Dame Brenna nicht entgangen, daß es der berühmte Tageswortführer Raimund Ehlerdt war, der Dirigent jener Maschinenbedarf-Fabrik, die ihm so bedeutende Verluste an Geld (fünfzigmal Differenz von 101 und 71 = 1500 Thalern) gebracht hatten, der ihm jetzt auch Einbuße in der Gunst bei Edwina zuzog. „Nehmet Alles nur in Allem, es ist ein Mann!“ hatte Edwina höchst bezüglich schon einmal </p> </div> </body> </text> </TEI> [242/0248]
die Lüge großgezogen werden? Ist man doch sonst im Leben so rücksichtslos! Ich traue mir sogar das Talent zu, weit, weit mehr als die jetzige junge Gräfin Treuenfels, Ada von Forbeck, die Liebe und das Vertrauen der alten Gräfin zu gewinnen! Ich habe für die Schmeichelei Töne, die ich bei unseren Damen noch nie vernommen habe! Sie sind alle – doch genug, ich – entsage!
Sie wandte sich stolz.
Ihre Mutter war ohne Zweifel bezaubernd wie die Tochter! rief der Fürst und wollte Edwina umschlingen und wie wohl schon zuweilen ihr einen jener Küsse rauben, von denen er „Wochen lang zehren zu können“ behauptete und von denen sie sagte, daß sie ihr „moralisch Nichts kosteten“.
Aber heute drückte sie ihn zurück. Lassen Sie das! Ich stehe am Vorabend einer großen Entschließung, vielleicht – meines Untergangs!
Dem Fürsten war in den Cirkeln der Dame Brenna nicht entgangen, daß es der berühmte Tageswortführer Raimund Ehlerdt war, der Dirigent jener Maschinenbedarf-Fabrik, die ihm so bedeutende Verluste an Geld (fünfzigmal Differenz von 101 und 71 = 1500 Thalern) gebracht hatten, der ihm jetzt auch Einbuße in der Gunst bei Edwina zuzog. „Nehmet Alles nur in Allem, es ist ein Mann!“ hatte Edwina höchst bezüglich schon einmal
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