Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.pessimistische Behauptung nicht fehlen. Der Major a. D. Brandt nickte jedoch unausgesetzt Beifall. Die Streber hat es von je gegeben! rief die mächtige Baßstimme des emeritirten Schulrectors Weigel. Schiller, Goethe, Wieland, Herder, die ganze deutsche Kunst und Literatur waren Streber! Kant nehme ich aus, auch Fichte! Aber Schelling und Hegel waren Streber! Leibnitz, der Matador unter ihnen, Voltaire, Beide waren Fürstenschmeichler, hatten zweierlei Philosophieen, die eine für Plato und Aristoteles und die andere für die Landgräfinnen und Baronessen ihrer Zeit! Bettler waren's! donnerte Althing, der immer, wenn er mit sich kämpfte, ob er das gewöhnliche Deputat, einen Schoppen, noch einmal bestellen sollte, in einen gelinden Zorn, zunächst über sich selbst, gerieth. O - o - o -! beruhigte aber Eltester mit seinem feinen Brustton, der am Arzte so wohl thut, den Trottoirkranken. Meine Herren, dem Magnete kam damals das Eisen entgegen! Eben weil jene Zeit eine wunderbar herrliche Idee hatte, die Schwärmerei für das absolut Schöne, so waren auch Fürsten und Adel beflissen, dem wirklichen, nicht blos dem sich selbst ausposaunenden oder von der Gelegenheit, z. B. einem Jubiläum, durch die Reclame in den Vordergrund geschobenen Genius zu pessimistische Behauptung nicht fehlen. Der Major a. D. Brandt nickte jedoch unausgesetzt Beifall. Die Streber hat es von je gegeben! rief die mächtige Baßstimme des emeritirten Schulrectors Weigel. Schiller, Goethe, Wieland, Herder, die ganze deutsche Kunst und Literatur waren Streber! Kant nehme ich aus, auch Fichte! Aber Schelling und Hegel waren Streber! Leibnitz, der Matador unter ihnen, Voltaire, Beide waren Fürstenschmeichler, hatten zweierlei Philosophieen, die eine für Plato und Aristoteles und die andere für die Landgräfinnen und Baronessen ihrer Zeit! Bettler waren’s! donnerte Althing, der immer, wenn er mit sich kämpfte, ob er das gewöhnliche Deputat, einen Schoppen, noch einmal bestellen sollte, in einen gelinden Zorn, zunächst über sich selbst, gerieth. O – o – o –! beruhigte aber Eltester mit seinem feinen Brustton, der am Arzte so wohl thut, den Trottoirkranken. Meine Herren, dem Magnete kam damals das Eisen entgegen! Eben weil jene Zeit eine wunderbar herrliche Idee hatte, die Schwärmerei für das absolut Schöne, so waren auch Fürsten und Adel beflissen, dem wirklichen, nicht blos dem sich selbst ausposaunenden oder von der Gelegenheit, z. B. einem Jubiläum, durch die Reclame in den Vordergrund geschobenen Genius zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0210" n="204"/> pessimistische Behauptung nicht fehlen. Der Major a. D. Brandt nickte jedoch unausgesetzt Beifall.</p> <p>Die Streber hat es von je gegeben! rief die mächtige Baßstimme des emeritirten Schulrectors Weigel. Schiller, Goethe, Wieland, Herder, die ganze deutsche Kunst und Literatur waren Streber! Kant nehme ich aus, auch Fichte! Aber Schelling und Hegel waren Streber! Leibnitz, der Matador unter ihnen, Voltaire, Beide waren Fürstenschmeichler, hatten zweierlei Philosophieen, die eine für Plato und Aristoteles und die andere für die Landgräfinnen und Baronessen ihrer Zeit!</p> <p>Bettler waren’s! donnerte Althing, der immer, wenn er mit sich kämpfte, ob er das gewöhnliche Deputat, einen Schoppen, noch einmal bestellen sollte, in einen gelinden Zorn, zunächst über sich selbst, gerieth.</p> <p>O – o – o –! beruhigte aber Eltester mit seinem feinen Brustton, der am Arzte so wohl thut, den Trottoirkranken. Meine Herren, dem Magnete kam damals das Eisen entgegen! Eben weil jene Zeit eine wunderbar herrliche Idee hatte, die Schwärmerei für das absolut Schöne, so waren auch Fürsten und Adel beflissen, dem wirklichen, nicht blos dem sich selbst ausposaunenden oder von der Gelegenheit, z. B. einem Jubiläum, durch die Reclame in den Vordergrund geschobenen Genius zu </p> </div> </body> </text> </TEI> [204/0210]
pessimistische Behauptung nicht fehlen. Der Major a. D. Brandt nickte jedoch unausgesetzt Beifall.
Die Streber hat es von je gegeben! rief die mächtige Baßstimme des emeritirten Schulrectors Weigel. Schiller, Goethe, Wieland, Herder, die ganze deutsche Kunst und Literatur waren Streber! Kant nehme ich aus, auch Fichte! Aber Schelling und Hegel waren Streber! Leibnitz, der Matador unter ihnen, Voltaire, Beide waren Fürstenschmeichler, hatten zweierlei Philosophieen, die eine für Plato und Aristoteles und die andere für die Landgräfinnen und Baronessen ihrer Zeit!
Bettler waren’s! donnerte Althing, der immer, wenn er mit sich kämpfte, ob er das gewöhnliche Deputat, einen Schoppen, noch einmal bestellen sollte, in einen gelinden Zorn, zunächst über sich selbst, gerieth.
O – o – o –! beruhigte aber Eltester mit seinem feinen Brustton, der am Arzte so wohl thut, den Trottoirkranken. Meine Herren, dem Magnete kam damals das Eisen entgegen! Eben weil jene Zeit eine wunderbar herrliche Idee hatte, die Schwärmerei für das absolut Schöne, so waren auch Fürsten und Adel beflissen, dem wirklichen, nicht blos dem sich selbst ausposaunenden oder von der Gelegenheit, z. B. einem Jubiläum, durch die Reclame in den Vordergrund geschobenen Genius zu
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/210>, abgerufen am 23.07.2024. |