Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.kraft beruhigenden Gegend zu verweilen. Es würde ein Zusammenleben zwischen ihnen Allen entstehen, wie die Sänger der Provence es besungen hätten, "ein Vorschmack der Seligen" - "ein Ausdruck, den ich meiner guten Tante stehle, schrieb Udo, dieser guten, so glaubensstarken Frau!" Ottomar rief erst, im Zimmer auf und ab gehend, halblaut: Helene, die den Grafen liebt, die vom Grafen geliebt wird, will nach Hochlinden? Und ich, ich, der ich an der gefahrvollsten Klippe der Erde wandle, von ihm selbst schon einmal daran erinnert, nun mit verbundenen Augen wieder an die gefährliche Stelle, wo die Wunderblume blüht, geführt? Nein, Vater, wenn du dich hier geirrt hättest! Du schreibst von sittlicher Selbstbekämpfung! Von Abstumpfung des Reizes! Folge nicht! Folge nicht! ruft es mir aus allen Ecken wie mit wispernden Heimchentönen. Moralische Wirkung für Helenen! Hahaha! lachte es wie von einem versteckten Dämon um ihn her. Die Mutter hat solche Gedankengänge! rief er aus. Vor Helenen durften sie sonst gar nicht ausgesprochen werden! Die Landluft! Die alte Excellenz! Es ist Alles Einbildung! Fester Wille führt zum Ziele! war von je der Wahlspruch der schwachen Frau, meiner Mama, die nur alle Vierteljahr frische Luft genoß. "Die Gräfin-Wittwe überhäufte Helenen mit Liebens- kraft beruhigenden Gegend zu verweilen. Es würde ein Zusammenleben zwischen ihnen Allen entstehen, wie die Sänger der Provence es besungen hätten, „ein Vorschmack der Seligen“ – „ein Ausdruck, den ich meiner guten Tante stehle, schrieb Udo, dieser guten, so glaubensstarken Frau!“ Ottomar rief erst, im Zimmer auf und ab gehend, halblaut: Helene, die den Grafen liebt, die vom Grafen geliebt wird, will nach Hochlinden? Und ich, ich, der ich an der gefahrvollsten Klippe der Erde wandle, von ihm selbst schon einmal daran erinnert, nun mit verbundenen Augen wieder an die gefährliche Stelle, wo die Wunderblume blüht, geführt? Nein, Vater, wenn du dich hier geirrt hättest! Du schreibst von sittlicher Selbstbekämpfung! Von Abstumpfung des Reizes! Folge nicht! Folge nicht! ruft es mir aus allen Ecken wie mit wispernden Heimchentönen. Moralische Wirkung für Helenen! Hahaha! lachte es wie von einem versteckten Dämon um ihn her. Die Mutter hat solche Gedankengänge! rief er aus. Vor Helenen durften sie sonst gar nicht ausgesprochen werden! Die Landluft! Die alte Excellenz! Es ist Alles Einbildung! Fester Wille führt zum Ziele! war von je der Wahlspruch der schwachen Frau, meiner Mama, die nur alle Vierteljahr frische Luft genoß. „Die Gräfin-Wittwe überhäufte Helenen mit Liebens- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0191" n="185"/> kraft beruhigenden Gegend zu verweilen. Es würde ein Zusammenleben zwischen ihnen Allen entstehen, <ref xml:id="TEXTwiedieBISSeligen" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLwiedieBISSeligen">wie die Sänger der Provence es besungen hätten, „ein Vorschmack der Seligen</ref>“ – „ein Ausdruck, den ich meiner guten Tante stehle, schrieb Udo, dieser guten, so glaubensstarken Frau!“</p> <p>Ottomar rief erst, im Zimmer auf und ab gehend, halblaut: Helene, die den Grafen liebt, die vom Grafen geliebt wird, will nach Hochlinden? Und ich, ich, der ich an der gefahrvollsten Klippe der Erde wandle, von ihm selbst schon einmal daran erinnert, nun mit verbundenen Augen wieder an die gefährliche <ref xml:id="TEXTStelleBISblueht" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLStelleBISblueht">Stelle, wo die Wunderblume blüht</ref>, geführt? Nein, Vater, wenn du dich hier geirrt hättest! Du schreibst von sittlicher Selbstbekämpfung! Von Abstumpfung des Reizes! Folge nicht! Folge nicht! ruft es mir aus allen Ecken wie mit wispernden Heimchentönen. Moralische Wirkung für Helenen! Hahaha! lachte es wie von einem versteckten Dämon um ihn her. Die Mutter hat solche Gedankengänge! rief er aus. Vor Helenen durften sie sonst gar nicht ausgesprochen werden! Die Landluft! Die alte Excellenz! Es ist Alles Einbildung! Fester Wille führt zum Ziele! war von je der Wahlspruch der schwachen Frau, meiner Mama, die nur alle Vierteljahr frische Luft genoß. „Die Gräfin-Wittwe überhäufte Helenen mit Liebens- </p> </div> </body> </text> </TEI> [185/0191]
kraft beruhigenden Gegend zu verweilen. Es würde ein Zusammenleben zwischen ihnen Allen entstehen, wie die Sänger der Provence es besungen hätten, „ein Vorschmack der Seligen“ – „ein Ausdruck, den ich meiner guten Tante stehle, schrieb Udo, dieser guten, so glaubensstarken Frau!“
Ottomar rief erst, im Zimmer auf und ab gehend, halblaut: Helene, die den Grafen liebt, die vom Grafen geliebt wird, will nach Hochlinden? Und ich, ich, der ich an der gefahrvollsten Klippe der Erde wandle, von ihm selbst schon einmal daran erinnert, nun mit verbundenen Augen wieder an die gefährliche Stelle, wo die Wunderblume blüht, geführt? Nein, Vater, wenn du dich hier geirrt hättest! Du schreibst von sittlicher Selbstbekämpfung! Von Abstumpfung des Reizes! Folge nicht! Folge nicht! ruft es mir aus allen Ecken wie mit wispernden Heimchentönen. Moralische Wirkung für Helenen! Hahaha! lachte es wie von einem versteckten Dämon um ihn her. Die Mutter hat solche Gedankengänge! rief er aus. Vor Helenen durften sie sonst gar nicht ausgesprochen werden! Die Landluft! Die alte Excellenz! Es ist Alles Einbildung! Fester Wille führt zum Ziele! war von je der Wahlspruch der schwachen Frau, meiner Mama, die nur alle Vierteljahr frische Luft genoß. „Die Gräfin-Wittwe überhäufte Helenen mit Liebens-
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/191>, abgerufen am 23.07.2024. |