Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Ja, das ist der Gegenstand! begann Dieterici, sich sammelnd. Sie wissen, ich halte principiell auf richtige Ernährung. Der Gedanke, mir den Chemismus unserer Restaurationen in den Leib zu jagen, ist mir fürchterlich. Ich wohne nun zehn Monate an Ort und Stelle und - Dieterici stockte. Endlich sagte er: Bester Freund, ich kann es nicht abschlagen, nächsten Sonntag wird bei Blaumeißels getauft und ich soll Gevatter stehen! Was mir besonders fatal ist, die Taufe ist, denken Sie sich, deutsch-katholisch. Blaumeißels haben früher stark in Socialismus gearbeitet, und die Frau hat die schwungvollen Reden von Raimund Ehlerdt und Andern für baare Münze genommen und wie sie früher in Polen bei einem Probst gedient hat, so ist sie jetzt ganz irre geworden an ihrer früheren Mutter Maria - dieser doch so schönen poetischen Gottheit des Mittelalters - setzte der schmachtende "Streber" hinzu. Aber, fuhr er fort, es ist so, Frau Micheline schwört auf einen Pastor mit Haaren, die dem Mann bis auf die Schultern gehen und Blaumeißel, ein reines Schaf nebenbei, thut, was seine energische Frau ihm vorschreibt - Dann ist noch das durchtriebene Ding da, die Josefa, unterbrach Ottomar, die zur Marloff wieder zurückgekehrt ist - Blaumeißel riskirt seine Stelle beim Vater! Ja, das ist der Gegenstand! begann Dieterici, sich sammelnd. Sie wissen, ich halte principiell auf richtige Ernährung. Der Gedanke, mir den Chemismus unserer Restaurationen in den Leib zu jagen, ist mir fürchterlich. Ich wohne nun zehn Monate an Ort und Stelle und – Dieterici stockte. Endlich sagte er: Bester Freund, ich kann es nicht abschlagen, nächsten Sonntag wird bei Blaumeißels getauft und ich soll Gevatter stehen! Was mir besonders fatal ist, die Taufe ist, denken Sie sich, deutsch-katholisch. Blaumeißels haben früher stark in Socialismus gearbeitet, und die Frau hat die schwungvollen Reden von Raimund Ehlerdt und Andern für baare Münze genommen und wie sie früher in Polen bei einem Probst gedient hat, so ist sie jetzt ganz irre geworden an ihrer früheren Mutter Maria – dieser doch so schönen poetischen Gottheit des Mittelalters – setzte der schmachtende „Streber“ hinzu. Aber, fuhr er fort, es ist so, Frau Micheline schwört auf einen Pastor mit Haaren, die dem Mann bis auf die Schultern gehen und Blaumeißel, ein reines Schaf nebenbei, thut, was seine energische Frau ihm vorschreibt – Dann ist noch das durchtriebene Ding da, die Josefa, unterbrach Ottomar, die zur Marloff wieder zurückgekehrt ist – Blaumeißel riskirt seine Stelle beim Vater! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0165" n="159"/> <p> Ja, das ist der Gegenstand! begann Dieterici, sich sammelnd. Sie wissen, ich halte principiell auf richtige Ernährung. Der Gedanke, mir <ref xml:id="TEXTdenChemismusBISRestaurationen" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLdenChemismusBISRestaurationen">den Chemismus unserer Restaurationen</ref> in den Leib zu jagen, ist mir fürchterlich. Ich wohne nun zehn Monate an Ort und Stelle und – Dieterici stockte. Endlich sagte er: Bester Freund, ich kann es nicht abschlagen, nächsten Sonntag wird bei Blaumeißels getauft und ich soll Gevatter stehen! Was mir besonders fatal ist, die Taufe ist, denken Sie sich, <ref xml:id="TEXTdeutschkatholisch" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLdeutschkatholisch">deutsch-katholisch</ref>. Blaumeißels haben früher stark in Socialismus gearbeitet, und die Frau hat die schwungvollen Reden von Raimund Ehlerdt und Andern für baare Münze genommen und wie sie früher in Polen bei einem Probst gedient hat, so ist sie jetzt ganz irre geworden an ihrer früheren Mutter Maria – dieser doch so schönen poetischen Gottheit des Mittelalters – setzte der schmachtende „Streber“ hinzu. Aber, fuhr er fort, es ist so, Frau Micheline schwört auf einen Pastor mit Haaren, die dem Mann bis auf die Schultern gehen und Blaumeißel, ein reines Schaf nebenbei, thut, was seine energische Frau ihm vorschreibt – </p> <p>Dann ist noch das durchtriebene Ding da, die Josefa, unterbrach Ottomar, die zur Marloff wieder zurückgekehrt ist – Blaumeißel riskirt seine Stelle beim Vater! </p> </div> </body> </text> </TEI> [159/0165]
Ja, das ist der Gegenstand! begann Dieterici, sich sammelnd. Sie wissen, ich halte principiell auf richtige Ernährung. Der Gedanke, mir den Chemismus unserer Restaurationen in den Leib zu jagen, ist mir fürchterlich. Ich wohne nun zehn Monate an Ort und Stelle und – Dieterici stockte. Endlich sagte er: Bester Freund, ich kann es nicht abschlagen, nächsten Sonntag wird bei Blaumeißels getauft und ich soll Gevatter stehen! Was mir besonders fatal ist, die Taufe ist, denken Sie sich, deutsch-katholisch. Blaumeißels haben früher stark in Socialismus gearbeitet, und die Frau hat die schwungvollen Reden von Raimund Ehlerdt und Andern für baare Münze genommen und wie sie früher in Polen bei einem Probst gedient hat, so ist sie jetzt ganz irre geworden an ihrer früheren Mutter Maria – dieser doch so schönen poetischen Gottheit des Mittelalters – setzte der schmachtende „Streber“ hinzu. Aber, fuhr er fort, es ist so, Frau Micheline schwört auf einen Pastor mit Haaren, die dem Mann bis auf die Schultern gehen und Blaumeißel, ein reines Schaf nebenbei, thut, was seine energische Frau ihm vorschreibt –
Dann ist noch das durchtriebene Ding da, die Josefa, unterbrach Ottomar, die zur Marloff wieder zurückgekehrt ist – Blaumeißel riskirt seine Stelle beim Vater!
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/165>, abgerufen am 23.07.2024. |