Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

Erzählen Sie! sagte Ottomar, weil er Stoff zu seinen Briefen an den Grafen brauchte.

Ueber meine Sonette gehen Sie gleich zur Tagesordnung über! rief Dieterici ärgerlich und hüstelte.

Dieterici zeigte eine mädchenhafte Empfindlichkeit.

Sie sind kein Freund der Lyrik!

Echte Lyrik schätze ich hoch! entgegnete Ottomar. Wenn aber jeder gebildete Deutsche sich blos ein Jahr lang auf die Lectüre von goldschnittgebundenen Gedichtbändchen zu verlegen braucht und nicht anders mehr denkt als in Formen wie: Es wallet und siedet und woget und zischt, dann ist ein Gedicht fertig wie im Umwenden. Es schäumet die Fluth mit weißlichem Gischt - Der Schiffer das Aug' in die Ferne gewandt, er lenket das Ruder mit kräftiger Hand -

Vortrefflich! Ausgezeichnet! rief Dieterici. Fahren Sie fort, Althing! Es ist darüber nur Eine Stimme, Sie besitzen eine bewunderungswürdige Genialität! In Allem! Unser Stadtgerichts-Director hat eine Staatsanwaltsstelle für Sie in petto.

Dazu gehört das Talent, Verse zu machen -?

Gelegenheitsverse manchmal! warf Dieterici satyrisch hinein. Aber wie leicht war das von Ihnen improvisirt! Man sah vollständig den Steuermann!

Erzählen Sie! sagte Ottomar, weil er Stoff zu seinen Briefen an den Grafen brauchte.

Ueber meine Sonette gehen Sie gleich zur Tagesordnung über! rief Dieterici ärgerlich und hüstelte.

Dieterici zeigte eine mädchenhafte Empfindlichkeit.

Sie sind kein Freund der Lyrik!

Echte Lyrik schätze ich hoch! entgegnete Ottomar. Wenn aber jeder gebildete Deutsche sich blos ein Jahr lang auf die Lectüre von goldschnittgebundenen Gedichtbändchen zu verlegen braucht und nicht anders mehr denkt als in Formen wie: Es wallet und siedet und woget und zischt, dann ist ein Gedicht fertig wie im Umwenden. Es schäumet die Fluth mit weißlichem Gischt – Der Schiffer das Aug’ in die Ferne gewandt, er lenket das Ruder mit kräftiger Hand

Vortrefflich! Ausgezeichnet! rief Dieterici. Fahren Sie fort, Althing! Es ist darüber nur Eine Stimme, Sie besitzen eine bewunderungswürdige Genialität! In Allem! Unser Stadtgerichts-Director hat eine Staatsanwaltsstelle für Sie in petto.

Dazu gehört das Talent, Verse zu machen –?

Gelegenheitsverse manchmal! warf Dieterici satyrisch hinein. Aber wie leicht war das von Ihnen improvisirt! Man sah vollständig den Steuermann!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0163" n="157"/>
        <p> Erzählen Sie! sagte Ottomar, weil er Stoff zu seinen Briefen an den Grafen brauchte. </p>
        <p>Ueber meine Sonette gehen Sie gleich zur Tagesordnung über! rief Dieterici ärgerlich und hüstelte. </p>
        <p>Dieterici zeigte eine mädchenhafte Empfindlichkeit. </p>
        <p>Sie sind kein Freund der Lyrik! </p>
        <p>Echte Lyrik schätze ich hoch! entgegnete Ottomar. Wenn aber jeder gebildete Deutsche sich blos ein Jahr lang auf die Lectüre von goldschnittgebundenen Gedichtbändchen zu verlegen braucht und nicht anders mehr denkt als in Formen wie: <ref xml:id="TEXTEswalletBISzischt" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLEswalletBISzischt">Es wallet und siedet und woget und zischt, </ref> dann ist ein Gedicht fertig wie im Umwenden. <ref xml:id="TEXTEsschaeumetBISHand" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLEsschaeumetBISHand">Es schäumet die Fluth mit weißlichem Gischt &#x2013; Der Schiffer das Aug&#x2019; in die Ferne gewandt, er lenket das Ruder mit kräftiger Hand</ref> &#x2013; </p>
        <p>Vortrefflich! Ausgezeichnet! rief Dieterici. Fahren Sie fort, Althing! Es ist darüber nur Eine Stimme, Sie besitzen eine bewunderungswürdige Genialität! In Allem! Unser Stadtgerichts-Director hat eine Staatsanwaltsstelle für Sie in petto. </p>
        <p>Dazu gehört das Talent, Verse zu machen &#x2013;? </p>
        <p>Gelegenheitsverse manchmal! warf Dieterici satyrisch hinein. Aber wie leicht war das von Ihnen improvisirt! Man sah vollständig den Steuermann! </p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[157/0163] Erzählen Sie! sagte Ottomar, weil er Stoff zu seinen Briefen an den Grafen brauchte. Ueber meine Sonette gehen Sie gleich zur Tagesordnung über! rief Dieterici ärgerlich und hüstelte. Dieterici zeigte eine mädchenhafte Empfindlichkeit. Sie sind kein Freund der Lyrik! Echte Lyrik schätze ich hoch! entgegnete Ottomar. Wenn aber jeder gebildete Deutsche sich blos ein Jahr lang auf die Lectüre von goldschnittgebundenen Gedichtbändchen zu verlegen braucht und nicht anders mehr denkt als in Formen wie: Es wallet und siedet und woget und zischt, dann ist ein Gedicht fertig wie im Umwenden. Es schäumet die Fluth mit weißlichem Gischt – Der Schiffer das Aug’ in die Ferne gewandt, er lenket das Ruder mit kräftiger Hand – Vortrefflich! Ausgezeichnet! rief Dieterici. Fahren Sie fort, Althing! Es ist darüber nur Eine Stimme, Sie besitzen eine bewunderungswürdige Genialität! In Allem! Unser Stadtgerichts-Director hat eine Staatsanwaltsstelle für Sie in petto. Dazu gehört das Talent, Verse zu machen –? Gelegenheitsverse manchmal! warf Dieterici satyrisch hinein. Aber wie leicht war das von Ihnen improvisirt! Man sah vollständig den Steuermann!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T12:40:43Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T12:40:43Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-2<a>) (2014-02-19T12:40:43Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/163
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/163>, abgerufen am 27.11.2024.