Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Die Linke kommt mit Ihrem Schreibarm in keine Collision. Schenken Sie mir zu meinem nächsten Geburtstag einen schönen Kasten von Polisander mit eingelegtem Elfenbein! war Ottomars ruhige Antwort. Dieterici meckerte laut. Er wußte nur zu gut, daß Althing seine Finanzen kannte. Er hatte sich ruinirt durch das Druckenlassen, Binden und Vergolden seiner Gedichte auf eigne Kosten. Noch trat Dieterici mit seinem besonderen Wunsch, den er hatte, nicht hervor. Er kam wieder auf die Sitzung zurück und rühmte die enorm große Liste von neuerschlossenen Lebensexistenzen für unverheirathete Frauenzimmer. Er würde dieselbe auch den Zeitungen mittheilen. Nur schade, entgegnete Ottomar, daß sich die 440 Hutnähterinnen vielleicht schon morgen in 380 verwandelt haben! Die scheinbar errungenen Lebensstellungen schwanken in solchem Grade, daß sich etwas wirklich durch den Verein Errungenes gar nicht feststellen läßt. Ich bin zu der Ueberzeugung gelangt, die Frauenfrage steht am Eingange eines Thores, das zu betreten uns das Haar zu Berge sträuben wird! Kleine Palliativmittel reichen nicht mehr aus! Um Gotteswillen, Sie meinen doch nicht - Dieterici streckte den Hals lang wie ein Kameel - Mormonismus? Die Linke kommt mit Ihrem Schreibarm in keine Collision. Schenken Sie mir zu meinem nächsten Geburtstag einen schönen Kasten von Polisander mit eingelegtem Elfenbein! war Ottomars ruhige Antwort. Dieterici meckerte laut. Er wußte nur zu gut, daß Althing seine Finanzen kannte. Er hatte sich ruinirt durch das Druckenlassen, Binden und Vergolden seiner Gedichte auf eigne Kosten. Noch trat Dieterici mit seinem besonderen Wunsch, den er hatte, nicht hervor. Er kam wieder auf die Sitzung zurück und rühmte die enorm große Liste von neuerschlossenen Lebensexistenzen für unverheirathete Frauenzimmer. Er würde dieselbe auch den Zeitungen mittheilen. Nur schade, entgegnete Ottomar, daß sich die 440 Hutnähterinnen vielleicht schon morgen in 380 verwandelt haben! Die scheinbar errungenen Lebensstellungen schwanken in solchem Grade, daß sich etwas wirklich durch den Verein Errungenes gar nicht feststellen läßt. Ich bin zu der Ueberzeugung gelangt, die Frauenfrage steht am Eingange eines Thores, das zu betreten uns das Haar zu Berge sträuben wird! Kleine Palliativmittel reichen nicht mehr aus! Um Gotteswillen, Sie meinen doch nicht – Dieterici streckte den Hals lang wie ein Kameel – Mormonismus? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0157" n="151"/> Die Linke kommt mit Ihrem Schreibarm in keine Collision. </p> <p>Schenken Sie mir zu meinem nächsten Geburtstag einen schönen Kasten von Polisander mit eingelegtem Elfenbein! war Ottomars ruhige Antwort. </p> <p>Dieterici meckerte laut. Er wußte nur zu gut, daß Althing seine Finanzen kannte. Er hatte sich ruinirt durch das Druckenlassen, Binden und Vergolden seiner Gedichte auf eigne Kosten. </p> <p>Noch trat Dieterici mit seinem besonderen Wunsch, den er hatte, nicht hervor. Er kam wieder auf die Sitzung zurück und rühmte die enorm große Liste von neuerschlossenen Lebensexistenzen für unverheirathete Frauenzimmer. Er würde dieselbe auch den Zeitungen mittheilen. </p> <p>Nur schade, entgegnete Ottomar, daß sich die 440 Hutnähterinnen vielleicht schon morgen in 380 verwandelt haben! Die scheinbar errungenen Lebensstellungen schwanken in solchem Grade, daß sich etwas wirklich durch den Verein Errungenes gar nicht feststellen läßt. Ich bin zu der Ueberzeugung gelangt, <ref xml:id="TEXTdieFrauenfrage" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLdieFrauenfrage">die Frauenfrage</ref> steht am Eingange eines Thores, das zu betreten uns das Haar zu Berge sträuben wird! Kleine <ref xml:id="TEXTPalliativmittel" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLPalliativmittel">Palliativmittel</ref> reichen nicht mehr aus! </p> <p>Um Gotteswillen, Sie meinen doch nicht – Dieterici streckte den Hals lang wie ein Kameel – Mormonismus? </p> </div> </body> </text> </TEI> [151/0157]
Die Linke kommt mit Ihrem Schreibarm in keine Collision.
Schenken Sie mir zu meinem nächsten Geburtstag einen schönen Kasten von Polisander mit eingelegtem Elfenbein! war Ottomars ruhige Antwort.
Dieterici meckerte laut. Er wußte nur zu gut, daß Althing seine Finanzen kannte. Er hatte sich ruinirt durch das Druckenlassen, Binden und Vergolden seiner Gedichte auf eigne Kosten.
Noch trat Dieterici mit seinem besonderen Wunsch, den er hatte, nicht hervor. Er kam wieder auf die Sitzung zurück und rühmte die enorm große Liste von neuerschlossenen Lebensexistenzen für unverheirathete Frauenzimmer. Er würde dieselbe auch den Zeitungen mittheilen.
Nur schade, entgegnete Ottomar, daß sich die 440 Hutnähterinnen vielleicht schon morgen in 380 verwandelt haben! Die scheinbar errungenen Lebensstellungen schwanken in solchem Grade, daß sich etwas wirklich durch den Verein Errungenes gar nicht feststellen läßt. Ich bin zu der Ueberzeugung gelangt, die Frauenfrage steht am Eingange eines Thores, das zu betreten uns das Haar zu Berge sträuben wird! Kleine Palliativmittel reichen nicht mehr aus!
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