Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.der Menschenverpfuschung" - und andrerseits - "dem Trunk ergeben" - da war auch eine schwache Saite bei ihm berührt. Edwina sah sich noch Alles umher an. Wie schön haben die Alten, sagte sie mit schwärmerischem Augenaufschlag einige Bilder betrachtend, das Leben in seiner Weihe festzuhalten gewußt! Für jedes Vorkommniß hatten sie, diese wahrlich vorgeschrittenen Affen, einen Gott! Bei jedem Schritt stolperten sie über ihren Olymp! Pan saß ihnen in jedem Busche! War die Frau in der Küche, so standen Opima, Abundantia und wie die unsichtbaren Köchinnen der Geisterwelt alle geheißen haben - ich mußte das Alles auswendig lernen - an den Töpfen und Schüsseln. Jetzt entvölkert man Alles, macht Alles platt und gewöhnlich und ist nur noch phantasievoll im Rechnen! Die Unerschrockenheit, wie jetzt die Banquiers die größten Summen aussprechen, die entweder zu haben oder zu begehren sind, hat etwas gradezu Erstaunenswerthes! Das ist die neue Romantik! meinte neulich Herr Dieterici - Sie kennen ihn ja! Ich bin mit ihm zum Gevatterstehen bei der Schwester meines Mädchens eingeladen. Ich habe es ausgeschlagen. Doch was plaudere ich da Alles zusammen! Also auch meine Hoffnung, daß Sie mich in der Religion etwas mehr befestigen sollen, ist somit zu nichte. der Menschenverpfuschung“ – und andrerseits – „dem Trunk ergeben“ – da war auch eine schwache Saite bei ihm berührt. Edwina sah sich noch Alles umher an. Wie schön haben die Alten, sagte sie mit schwärmerischem Augenaufschlag einige Bilder betrachtend, das Leben in seiner Weihe festzuhalten gewußt! Für jedes Vorkommniß hatten sie, diese wahrlich vorgeschrittenen Affen, einen Gott! Bei jedem Schritt stolperten sie über ihren Olymp! Pan saß ihnen in jedem Busche! War die Frau in der Küche, so standen Opima, Abundantia und wie die unsichtbaren Köchinnen der Geisterwelt alle geheißen haben – ich mußte das Alles auswendig lernen – an den Töpfen und Schüsseln. Jetzt entvölkert man Alles, macht Alles platt und gewöhnlich und ist nur noch phantasievoll im Rechnen! Die Unerschrockenheit, wie jetzt die Banquiers die größten Summen aussprechen, die entweder zu haben oder zu begehren sind, hat etwas gradezu Erstaunenswerthes! Das ist die neue Romantik! meinte neulich Herr Dieterici – Sie kennen ihn ja! Ich bin mit ihm zum Gevatterstehen bei der Schwester meines Mädchens eingeladen. Ich habe es ausgeschlagen. Doch was plaudere ich da Alles zusammen! Also auch meine Hoffnung, daß Sie mich in der Religion etwas mehr befestigen sollen, ist somit zu nichte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0148" n="142"/> der Menschenverpfuschung“ – und andrerseits – „dem Trunk ergeben“ – da war auch eine schwache Saite bei ihm berührt.</p> <p>Edwina sah sich noch Alles umher an. Wie schön haben die Alten, sagte sie mit schwärmerischem Augenaufschlag einige Bilder betrachtend, das Leben in seiner Weihe festzuhalten gewußt! Für jedes Vorkommniß hatten sie, diese wahrlich vorgeschrittenen Affen, einen Gott! Bei jedem Schritt stolperten sie über ihren Olymp! Pan saß ihnen in jedem Busche! War die Frau in der Küche, so standen <ref xml:id="TEXTOpimaAbundantia" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLOpimaAbundantia">Opima, Abundantia</ref> und wie die unsichtbaren Köchinnen der Geisterwelt alle geheißen haben – ich mußte das Alles auswendig lernen – an den Töpfen und Schüsseln. Jetzt entvölkert man Alles, macht Alles platt und gewöhnlich und ist nur noch phantasievoll im Rechnen! Die Unerschrockenheit, wie jetzt die Banquiers die größten Summen aussprechen, die entweder zu haben oder zu begehren sind, hat etwas gradezu Erstaunenswerthes! Das ist die neue Romantik! meinte neulich Herr Dieterici – Sie kennen ihn ja! Ich bin mit ihm zum Gevatterstehen bei der Schwester meines Mädchens eingeladen. Ich habe es ausgeschlagen. Doch was plaudere ich da Alles zusammen! Also auch meine Hoffnung, daß Sie mich in der Religion etwas mehr befestigen sollen, ist somit zu nichte.</p> </div> </body> </text> </TEI> [142/0148]
der Menschenverpfuschung“ – und andrerseits – „dem Trunk ergeben“ – da war auch eine schwache Saite bei ihm berührt.
Edwina sah sich noch Alles umher an. Wie schön haben die Alten, sagte sie mit schwärmerischem Augenaufschlag einige Bilder betrachtend, das Leben in seiner Weihe festzuhalten gewußt! Für jedes Vorkommniß hatten sie, diese wahrlich vorgeschrittenen Affen, einen Gott! Bei jedem Schritt stolperten sie über ihren Olymp! Pan saß ihnen in jedem Busche! War die Frau in der Küche, so standen Opima, Abundantia und wie die unsichtbaren Köchinnen der Geisterwelt alle geheißen haben – ich mußte das Alles auswendig lernen – an den Töpfen und Schüsseln. Jetzt entvölkert man Alles, macht Alles platt und gewöhnlich und ist nur noch phantasievoll im Rechnen! Die Unerschrockenheit, wie jetzt die Banquiers die größten Summen aussprechen, die entweder zu haben oder zu begehren sind, hat etwas gradezu Erstaunenswerthes! Das ist die neue Romantik! meinte neulich Herr Dieterici – Sie kennen ihn ja! Ich bin mit ihm zum Gevatterstehen bei der Schwester meines Mädchens eingeladen. Ich habe es ausgeschlagen. Doch was plaudere ich da Alles zusammen! Also auch meine Hoffnung, daß Sie mich in der Religion etwas mehr befestigen sollen, ist somit zu nichte.
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/148>, abgerufen am 16.02.2025. |