Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.sich selbst darstellen oder wie Rietschel sich selbst als den gotttrunkenen Schiller! Seine Weise ist die Einfachheit und Schlichtheit und am wenigsten versteht er die Politik der Hintertreppe -! Kommen Sie sofort! unterbrach der Graf. Wir überraschen die Trauernde! In der Hauptsache ist sie vorbereitet! Sie lebt nur dem Gedanken an meinen herrlichen Pflegevater! Das Monument hat für sie etwas Tröstendes, Beruhigendes, es beschäftigt sie ganz! Hat sie Ihnen in Bezug auf Ihren Vater von dem Auftrag gesprochen, so bringt sie kein Kaiser oder König von ihrem gegebenen Worte wieder ab! In dieser Noblesse der Gesinnung habe ich die gute, aber - leider nie schön, nie fesselnd gewesene Frau, die älter als mein Onkel war, immer erkannt. Althings inneres Widerstreben half nichts. Er stand dann, noch betroffen über das seltsame Hervorheben "nicht anziehender" Eigenschaften, plötzlich vor einer kleinen, ganz in Schwarz gekleideten Dame, die sich etwas erhob, als er, er wußte nicht wie, bei ihr eingetreten war. Mechanisch sprach er ihr sein Beileid aus. Aufmerksam schien das schwarze, im dunkeln Zimmer weilende Wesen zuzuhören. Er wurde sich zu setzen aufgefordert. Rings war wenig zu erkennen. Das Zimmer stellte eine Rotunde vor, die wohl nie gesellschaftlich belebt gewesen sich selbst darstellen oder wie Rietschel sich selbst als den gotttrunkenen Schiller! Seine Weise ist die Einfachheit und Schlichtheit und am wenigsten versteht er die Politik der Hintertreppe –! Kommen Sie sofort! unterbrach der Graf. Wir überraschen die Trauernde! In der Hauptsache ist sie vorbereitet! Sie lebt nur dem Gedanken an meinen herrlichen Pflegevater! Das Monument hat für sie etwas Tröstendes, Beruhigendes, es beschäftigt sie ganz! Hat sie Ihnen in Bezug auf Ihren Vater von dem Auftrag gesprochen, so bringt sie kein Kaiser oder König von ihrem gegebenen Worte wieder ab! In dieser Noblesse der Gesinnung habe ich die gute, aber – leider nie schön, nie fesselnd gewesene Frau, die älter als mein Onkel war, immer erkannt. Althings inneres Widerstreben half nichts. Er stand dann, noch betroffen über das seltsame Hervorheben „nicht anziehender“ Eigenschaften, plötzlich vor einer kleinen, ganz in Schwarz gekleideten Dame, die sich etwas erhob, als er, er wußte nicht wie, bei ihr eingetreten war. Mechanisch sprach er ihr sein Beileid aus. Aufmerksam schien das schwarze, im dunkeln Zimmer weilende Wesen zuzuhören. Er wurde sich zu setzen aufgefordert. Rings war wenig zu erkennen. Das Zimmer stellte eine Rotunde vor, die wohl nie gesellschaftlich belebt gewesen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><ref xml:id="TEXTnichtwieBISSchiller" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLnichtwieBISSchiller"><pb facs="#f0040" n="34"/> sich selbst darstellen oder wie Rietschel sich selbst als den gotttrunkenen Schiller</ref>! Seine Weise ist die Einfachheit und Schlichtheit und am wenigsten versteht er die Politik der Hintertreppe –! </p> <p>Kommen Sie sofort! unterbrach der Graf. Wir überraschen die Trauernde! In der Hauptsache ist sie vorbereitet! Sie lebt nur dem Gedanken an meinen herrlichen Pflegevater! Das Monument hat für sie etwas Tröstendes, Beruhigendes, es beschäftigt sie ganz! Hat sie Ihnen in Bezug auf Ihren Vater von dem Auftrag gesprochen, so bringt sie kein Kaiser oder König von ihrem gegebenen Worte wieder ab! In dieser Noblesse der Gesinnung habe ich die gute, aber – leider nie schön, nie fesselnd gewesene Frau, die älter als mein Onkel war, immer erkannt. </p> <p>Althings inneres Widerstreben half nichts. Er stand dann, noch betroffen über das seltsame Hervorheben „nicht anziehender“ Eigenschaften, plötzlich vor einer kleinen, ganz in Schwarz gekleideten Dame, die sich etwas erhob, als er, er wußte nicht wie, bei ihr eingetreten war. Mechanisch sprach er ihr sein Beileid aus. Aufmerksam schien das schwarze, im dunkeln Zimmer weilende Wesen zuzuhören. Er wurde sich zu setzen aufgefordert. Rings war wenig zu erkennen. Das Zimmer stellte eine Rotunde vor, die wohl nie gesellschaftlich belebt gewesen </p> </div> </body> </text> </TEI> [34/0040]
sich selbst darstellen oder wie Rietschel sich selbst als den gotttrunkenen Schiller! Seine Weise ist die Einfachheit und Schlichtheit und am wenigsten versteht er die Politik der Hintertreppe –!
Kommen Sie sofort! unterbrach der Graf. Wir überraschen die Trauernde! In der Hauptsache ist sie vorbereitet! Sie lebt nur dem Gedanken an meinen herrlichen Pflegevater! Das Monument hat für sie etwas Tröstendes, Beruhigendes, es beschäftigt sie ganz! Hat sie Ihnen in Bezug auf Ihren Vater von dem Auftrag gesprochen, so bringt sie kein Kaiser oder König von ihrem gegebenen Worte wieder ab! In dieser Noblesse der Gesinnung habe ich die gute, aber – leider nie schön, nie fesselnd gewesene Frau, die älter als mein Onkel war, immer erkannt.
Althings inneres Widerstreben half nichts. Er stand dann, noch betroffen über das seltsame Hervorheben „nicht anziehender“ Eigenschaften, plötzlich vor einer kleinen, ganz in Schwarz gekleideten Dame, die sich etwas erhob, als er, er wußte nicht wie, bei ihr eingetreten war. Mechanisch sprach er ihr sein Beileid aus. Aufmerksam schien das schwarze, im dunkeln Zimmer weilende Wesen zuzuhören. Er wurde sich zu setzen aufgefordert. Rings war wenig zu erkennen. Das Zimmer stellte eine Rotunde vor, die wohl nie gesellschaftlich belebt gewesen
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/40>, abgerufen am 16.07.2024. |