Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.auf die Gefahr hin, mit seinem Verein in gänzlichen Bruch zu gerathen, wieder in die Fabrik eingetreten! Ein Theil der Streiker, die ihm zu überreden gelungen sei, wäre mit ihm gekommen! Nur der durchtriebene Mahlo und einige zu sehr in die Sustentationskasse verliebte arbeitsscheue Subjecte wären noch fern geblieben. Die überraschende Aussöhnung ihres Bruders mit Wolny sei so gründlich erfolgt, daß Fräulein Martha sogar mit einer kleinen stolzen Pikirtheit wegen Helenens Ablehnung des zudringlichen jungen Mannes hervorgehoben hätte, ihr Bruder sei sogar zum heutigen Balle eingeladen. Nun, sagte Ottomar, ich mag ihn darum doch nicht als Schwager. Der Vater lachte. Seine vom weißen Bart umflutheten Gesichtsformen drückten neben dem Lachen Besorgniß aus. Er zuckte die Achseln. Es war der Vater, der eine Tochter hat! Kann es Vätern nicht zuweilen Thränen in die Augen drücken, sich ein Kind wie auf einem Kahne auf wildbewegtem Wasser dahingleiten und noch in der Ferne mit dem Tuche Abschied winken zu sehen, und - wie selten ist der Räuber da -! Inzwischen hatte der Trottoir-Strudel den Vater fortgerissen. Es war, als wenn Nichts zwischen ihnen gelegen hätte. Laß Dich bald sehen! klang es noch in des Sohnes Ohr. auf die Gefahr hin, mit seinem Verein in gänzlichen Bruch zu gerathen, wieder in die Fabrik eingetreten! Ein Theil der Streiker, die ihm zu überreden gelungen sei, wäre mit ihm gekommen! Nur der durchtriebene Mahlo und einige zu sehr in die Sustentationskasse verliebte arbeitsscheue Subjecte wären noch fern geblieben. Die überraschende Aussöhnung ihres Bruders mit Wolny sei so gründlich erfolgt, daß Fräulein Martha sogar mit einer kleinen stolzen Pikirtheit wegen Helenens Ablehnung des zudringlichen jungen Mannes hervorgehoben hätte, ihr Bruder sei sogar zum heutigen Balle eingeladen. Nun, sagte Ottomar, ich mag ihn darum doch nicht als Schwager. Der Vater lachte. Seine vom weißen Bart umflutheten Gesichtsformen drückten neben dem Lachen Besorgniß aus. Er zuckte die Achseln. Es war der Vater, der eine Tochter hat! Kann es Vätern nicht zuweilen Thränen in die Augen drücken, sich ein Kind wie auf einem Kahne auf wildbewegtem Wasser dahingleiten und noch in der Ferne mit dem Tuche Abschied winken zu sehen, und – wie selten ist der Räuber da –! Inzwischen hatte der Trottoir-Strudel den Vater fortgerissen. Es war, als wenn Nichts zwischen ihnen gelegen hätte. Laß Dich bald sehen! klang es noch in des Sohnes Ohr. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0223" n="217"/> auf die Gefahr hin, mit seinem Verein in gänzlichen Bruch zu gerathen, wieder in die Fabrik eingetreten! Ein Theil der Streiker, die ihm zu überreden gelungen sei, wäre mit ihm gekommen! Nur der durchtriebene Mahlo und einige zu sehr in die <ref xml:id="TEXTSustentationskasse" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLSustentationskasse">Sustentationskasse</ref> verliebte arbeitsscheue Subjecte wären noch fern geblieben. Die überraschende Aussöhnung ihres Bruders mit Wolny sei so gründlich erfolgt, daß Fräulein Martha sogar mit einer kleinen stolzen Pikirtheit wegen Helenens Ablehnung des zudringlichen jungen Mannes hervorgehoben hätte, ihr Bruder sei sogar zum heutigen Balle eingeladen. </p> <p>Nun, sagte Ottomar, ich mag ihn darum doch nicht als Schwager. </p> <p>Der Vater lachte. Seine vom weißen Bart umflutheten Gesichtsformen drückten neben dem Lachen Besorgniß aus. Er zuckte die Achseln. Es war der Vater, der eine Tochter hat! Kann es Vätern nicht zuweilen Thränen in die Augen drücken, sich ein Kind wie auf einem Kahne auf wildbewegtem Wasser dahingleiten und noch in der Ferne mit dem Tuche Abschied winken zu sehen, und – wie selten ist der Räuber da –! </p> <p>Inzwischen hatte der Trottoir-Strudel den Vater fortgerissen. Es war, als wenn Nichts zwischen ihnen gelegen hätte. Laß Dich bald sehen! klang es noch in des Sohnes Ohr. </p> <p> </p> </div> </body> </text> </TEI> [217/0223]
auf die Gefahr hin, mit seinem Verein in gänzlichen Bruch zu gerathen, wieder in die Fabrik eingetreten! Ein Theil der Streiker, die ihm zu überreden gelungen sei, wäre mit ihm gekommen! Nur der durchtriebene Mahlo und einige zu sehr in die Sustentationskasse verliebte arbeitsscheue Subjecte wären noch fern geblieben. Die überraschende Aussöhnung ihres Bruders mit Wolny sei so gründlich erfolgt, daß Fräulein Martha sogar mit einer kleinen stolzen Pikirtheit wegen Helenens Ablehnung des zudringlichen jungen Mannes hervorgehoben hätte, ihr Bruder sei sogar zum heutigen Balle eingeladen.
Nun, sagte Ottomar, ich mag ihn darum doch nicht als Schwager.
Der Vater lachte. Seine vom weißen Bart umflutheten Gesichtsformen drückten neben dem Lachen Besorgniß aus. Er zuckte die Achseln. Es war der Vater, der eine Tochter hat! Kann es Vätern nicht zuweilen Thränen in die Augen drücken, sich ein Kind wie auf einem Kahne auf wildbewegtem Wasser dahingleiten und noch in der Ferne mit dem Tuche Abschied winken zu sehen, und – wie selten ist der Räuber da –!
Inzwischen hatte der Trottoir-Strudel den Vater fortgerissen. Es war, als wenn Nichts zwischen ihnen gelegen hätte. Laß Dich bald sehen! klang es noch in des Sohnes Ohr.
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/223>, abgerufen am 16.07.2024. |