Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.aller Anstrengung nicht herausbringen kann. Ich hielt die rechte Hand für meine stärkere, die linke ungeübte für die schwächere. Endlich nehme ich die linke Hand. Siehe da! die Feder geht im Nu heraus. Nur mein Wille hatte die rechte Hand bisher für stark gehalten. Es zeigte sich aber der Irrthum. Unbewußt war die Linke stärker - Solche Erfahrungen gehören zu unsern Urproblemen! Oder die Stahlfeder war schon durch die rechte Hand wackliger geworden! sagte Ottomar und wandte sich mit einem kurzen Guten Morgen! Er schwenkte rasch in eine Seitenstraße. Hatte er doch an Dieterici das den Maikäfern eigenthümliche Heben der Flügel zum Auffliegenwollen bemerkt, wo dann der College kein Ende wußte in seinen Erinnerungen aus Schopenhauer und Hartmann. Auch die Nennung seiner Schwester war ihm peinlich. Sowohl der Sucher des Urproblems wie Jean Vogler geberdeten sich, zu ihren besonderen Verehrern zu gehören. Das Wort Liebe war allerdings nach Dieterici eine Ueberschwenglichkeit im Ausdruck und aus seinem philosophischen Wörterbuche gestrichen. Bei alledem bedurfte er ekstatischer Ausdrücke für seine Empfindungen in der Lyrik. In einem Bande Gedichte hatte er einige zwanzig weibliche Wesen nacheinander begeisternd auf sich wirken lassen. In dem einen aller Anstrengung nicht herausbringen kann. Ich hielt die rechte Hand für meine stärkere, die linke ungeübte für die schwächere. Endlich nehme ich die linke Hand. Siehe da! die Feder geht im Nu heraus. Nur mein Wille hatte die rechte Hand bisher für stark gehalten. Es zeigte sich aber der Irrthum. Unbewußt war die Linke stärker – Solche Erfahrungen gehören zu unsern Urproblemen! Oder die Stahlfeder war schon durch die rechte Hand wackliger geworden! sagte Ottomar und wandte sich mit einem kurzen Guten Morgen! Er schwenkte rasch in eine Seitenstraße. Hatte er doch an Dieterici das den Maikäfern eigenthümliche Heben der Flügel zum Auffliegenwollen bemerkt, wo dann der College kein Ende wußte in seinen Erinnerungen aus Schopenhauer und Hartmann. Auch die Nennung seiner Schwester war ihm peinlich. Sowohl der Sucher des Urproblems wie Jean Vogler geberdeten sich, zu ihren besonderen Verehrern zu gehören. Das Wort Liebe war allerdings nach Dieterici eine Ueberschwenglichkeit im Ausdruck und aus seinem philosophischen Wörterbuche gestrichen. Bei alledem bedurfte er ekstatischer Ausdrücke für seine Empfindungen in der Lyrik. In einem Bande Gedichte hatte er einige zwanzig weibliche Wesen nacheinander begeisternd auf sich wirken lassen. In dem einen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0221" n="215"/> aller Anstrengung nicht herausbringen kann. Ich hielt die rechte Hand für meine stärkere, die linke ungeübte für die schwächere. Endlich nehme ich die linke Hand. Siehe da! die Feder geht im Nu heraus. Nur mein Wille hatte die rechte Hand bisher für stark gehalten. Es zeigte sich aber der Irrthum. Unbewußt war die Linke stärker – Solche Erfahrungen gehören zu unsern Urproblemen! </p> <p>Oder die Stahlfeder war schon durch die rechte Hand wackliger geworden! sagte Ottomar und wandte sich mit einem kurzen Guten Morgen! </p> <p>Er schwenkte rasch in eine Seitenstraße. Hatte er doch an Dieterici das den Maikäfern eigenthümliche Heben der Flügel zum Auffliegenwollen bemerkt, wo dann der College kein Ende wußte in seinen Erinnerungen aus Schopenhauer und Hartmann. Auch die Nennung seiner Schwester war ihm peinlich. Sowohl der Sucher des Urproblems wie Jean Vogler geberdeten sich, zu ihren besonderen Verehrern zu gehören. <ref xml:id="TEXTDasWortBISgestrichen" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLDasWortBISgestrichen">Das Wort Liebe war allerdings nach Dieterici eine Ueberschwenglichkeit im Ausdruck und aus seinem philosophischen Wörterbuche gestrichen</ref>. Bei alledem bedurfte er ekstatischer Ausdrücke für seine Empfindungen in der Lyrik. <ref xml:id="TEXTIndemeinenBISHeine" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLIndemeinenBISHeine"> In einem Bande Gedichte hatte er einige zwanzig weibliche Wesen nacheinander begeisternd auf sich wirken lassen. In dem einen </ref></p> </div> </body> </text> </TEI> [215/0221]
aller Anstrengung nicht herausbringen kann. Ich hielt die rechte Hand für meine stärkere, die linke ungeübte für die schwächere. Endlich nehme ich die linke Hand. Siehe da! die Feder geht im Nu heraus. Nur mein Wille hatte die rechte Hand bisher für stark gehalten. Es zeigte sich aber der Irrthum. Unbewußt war die Linke stärker – Solche Erfahrungen gehören zu unsern Urproblemen!
Oder die Stahlfeder war schon durch die rechte Hand wackliger geworden! sagte Ottomar und wandte sich mit einem kurzen Guten Morgen!
Er schwenkte rasch in eine Seitenstraße. Hatte er doch an Dieterici das den Maikäfern eigenthümliche Heben der Flügel zum Auffliegenwollen bemerkt, wo dann der College kein Ende wußte in seinen Erinnerungen aus Schopenhauer und Hartmann. Auch die Nennung seiner Schwester war ihm peinlich. Sowohl der Sucher des Urproblems wie Jean Vogler geberdeten sich, zu ihren besonderen Verehrern zu gehören. Das Wort Liebe war allerdings nach Dieterici eine Ueberschwenglichkeit im Ausdruck und aus seinem philosophischen Wörterbuche gestrichen. Bei alledem bedurfte er ekstatischer Ausdrücke für seine Empfindungen in der Lyrik. In einem Bande Gedichte hatte er einige zwanzig weibliche Wesen nacheinander begeisternd auf sich wirken lassen. In dem einen
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/221>, abgerufen am 16.07.2024. |