Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.Mein Auftrag soll Sie nicht lange aufhalten, Fräulein! Ihr Bruder soll uns unter keiner Bedingung mehr besuchen! Ich sage das Ihnen, nicht ihm selbst, weil ich den Ehrenconflict vermeiden will. Sie verstehen mich. Sagen Sie es ihm, daß meine Schwester nie daran gedacht hat, eine Neigung für ihn zu haben! Eine Zeit lang konnten seine Talente, sein Geist, vor Allem die Verwandtschaft mit Ihnen fesseln, aber neulich, als er die Schwester allein fand, war er so zudringlich, daß die Sache aus ist. Ich bin der natürliche Anwalt meiner Schwester - Um Gotteswillen! unterbrach das tiefbeschämte und erblaßte Mädchen die auf das Aeußerste gehende Drohung. Nimmermehr! rief sie und deutete die Möglichkeit eines Duells oder einer gewaltthätigen Begegnung an. Dann zog sie ihr Taschentuch und drückte Thränen aus den Augen. Ottomars Bitte um Verzeihung, ihre eigne Antwort konnte kaum zum vollen Aussprechen kommen, da Martha durch ein in kurzen Intervallen erfolgendes zweimaliges Schellen abgerufen wurde. Ich danke Ihnen, Herr Althing! war Alles, was sie noch erwidern konnte. Dann rief sie schon durch die geöffnete Thür ein Ja! Ja! in die Corridore hinaus, so daß sie kaum noch die Worte ganz gehört haben konnte, die Ottomar im Gehen sprach: Meine Schwester wollte Mein Auftrag soll Sie nicht lange aufhalten, Fräulein! Ihr Bruder soll uns unter keiner Bedingung mehr besuchen! Ich sage das Ihnen, nicht ihm selbst, weil ich den Ehrenconflict vermeiden will. Sie verstehen mich. Sagen Sie es ihm, daß meine Schwester nie daran gedacht hat, eine Neigung für ihn zu haben! Eine Zeit lang konnten seine Talente, sein Geist, vor Allem die Verwandtschaft mit Ihnen fesseln, aber neulich, als er die Schwester allein fand, war er so zudringlich, daß die Sache aus ist. Ich bin der natürliche Anwalt meiner Schwester – Um Gotteswillen! unterbrach das tiefbeschämte und erblaßte Mädchen die auf das Aeußerste gehende Drohung. Nimmermehr! rief sie und deutete die Möglichkeit eines Duells oder einer gewaltthätigen Begegnung an. Dann zog sie ihr Taschentuch und drückte Thränen aus den Augen. Ottomars Bitte um Verzeihung, ihre eigne Antwort konnte kaum zum vollen Aussprechen kommen, da Martha durch ein in kurzen Intervallen erfolgendes zweimaliges Schellen abgerufen wurde. Ich danke Ihnen, Herr Althing! war Alles, was sie noch erwidern konnte. Dann rief sie schon durch die geöffnete Thür ein Ja! Ja! in die Corridore hinaus, so daß sie kaum noch die Worte ganz gehört haben konnte, die Ottomar im Gehen sprach: Meine Schwester wollte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0147" n="141"/> Mein Auftrag soll Sie nicht lange aufhalten, Fräulein! Ihr Bruder soll uns unter keiner Bedingung mehr besuchen! Ich sage das Ihnen, nicht ihm selbst, weil ich den Ehrenconflict vermeiden will. Sie verstehen mich. Sagen Sie es ihm, daß meine Schwester nie daran gedacht hat, eine Neigung für ihn zu haben! Eine Zeit lang konnten seine Talente, sein Geist, vor Allem die Verwandtschaft mit Ihnen fesseln, aber neulich, als er die Schwester allein fand, war er so zudringlich, daß die Sache aus ist. Ich bin der natürliche Anwalt meiner Schwester –</p> <p>Um Gotteswillen! unterbrach das tiefbeschämte und erblaßte Mädchen die auf das Aeußerste gehende Drohung. Nimmermehr! rief sie und deutete die Möglichkeit eines Duells oder einer gewaltthätigen Begegnung an. Dann zog sie ihr Taschentuch und drückte Thränen aus den Augen. </p> <p>Ottomars Bitte um Verzeihung, ihre eigne Antwort konnte kaum zum vollen Aussprechen kommen, da Martha durch ein in kurzen Intervallen erfolgendes zweimaliges Schellen abgerufen wurde. </p> <p>Ich danke Ihnen, Herr Althing! war Alles, was sie noch erwidern konnte. Dann rief sie schon durch die geöffnete Thür ein Ja! Ja! in die Corridore hinaus, so daß sie kaum noch die Worte ganz gehört haben konnte, die Ottomar im Gehen sprach: Meine Schwester wollte </p> </div> </body> </text> </TEI> [141/0147]
Mein Auftrag soll Sie nicht lange aufhalten, Fräulein! Ihr Bruder soll uns unter keiner Bedingung mehr besuchen! Ich sage das Ihnen, nicht ihm selbst, weil ich den Ehrenconflict vermeiden will. Sie verstehen mich. Sagen Sie es ihm, daß meine Schwester nie daran gedacht hat, eine Neigung für ihn zu haben! Eine Zeit lang konnten seine Talente, sein Geist, vor Allem die Verwandtschaft mit Ihnen fesseln, aber neulich, als er die Schwester allein fand, war er so zudringlich, daß die Sache aus ist. Ich bin der natürliche Anwalt meiner Schwester –
Um Gotteswillen! unterbrach das tiefbeschämte und erblaßte Mädchen die auf das Aeußerste gehende Drohung. Nimmermehr! rief sie und deutete die Möglichkeit eines Duells oder einer gewaltthätigen Begegnung an. Dann zog sie ihr Taschentuch und drückte Thränen aus den Augen.
Ottomars Bitte um Verzeihung, ihre eigne Antwort konnte kaum zum vollen Aussprechen kommen, da Martha durch ein in kurzen Intervallen erfolgendes zweimaliges Schellen abgerufen wurde.
Ich danke Ihnen, Herr Althing! war Alles, was sie noch erwidern konnte. Dann rief sie schon durch die geöffnete Thür ein Ja! Ja! in die Corridore hinaus, so daß sie kaum noch die Worte ganz gehört haben konnte, die Ottomar im Gehen sprach: Meine Schwester wollte
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/147>, abgerufen am 16.07.2024. |