Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

Wolnys lagen in einem Seitenflügel. Man durchschritt einen etwas dunkeln Corridor, auf welchem eine weibliche Gestalt an ihnen vorüberhuschen wollte, dann aber, als sie Ottomar erkannte, stillstand und freudig erregt nach dem Befinden der Seinigen fragte. Man hätte sie nun für eine Tochter des Hauses halten können, so gewählt war ihre Toilette, obschon diese in den Grenzen der Einfachheit blieb. Ein dunkles Kleid mit hellen Verzierungen und für die häufige Verpflichtung in die schon empfindliche Kälte, in den Zugwind hinauszutreten, ein blauweißes wollnes Gewinde im Haar standen der schlanken, scharfausgeprägten, plastischen Physiognomie, die sich ein feines Lächeln, ein seelenvolles Etwas geben konnte, anziehend genug.

Herr Althing will Ihnen etwas von seinem Fräulein Schwester ausrichten! Sie werden aber dafür gut thun, ihn in Ihrem Zimmer zu empfangen. Jetzt lassen Sie uns etwas Frühstück kommen. Wenn ich zweimal schelle, so führe ich Herrn Althing nach der Martha-Herberge. So nennen wir hier die Gegend, wo das Fräulein ihre Zimmer hat.

Man sah schon, daß Martha in hohem Grade aufgeregt war. Diese neue Ankündigung von etwas Unerwartetem, ja so feierlich Eingeleitetem schien auf ihre Nerven einen lähmenden Eindruck zu machen. Sie schien

Wolnys lagen in einem Seitenflügel. Man durchschritt einen etwas dunkeln Corridor, auf welchem eine weibliche Gestalt an ihnen vorüberhuschen wollte, dann aber, als sie Ottomar erkannte, stillstand und freudig erregt nach dem Befinden der Seinigen fragte. Man hätte sie nun für eine Tochter des Hauses halten können, so gewählt war ihre Toilette, obschon diese in den Grenzen der Einfachheit blieb. Ein dunkles Kleid mit hellen Verzierungen und für die häufige Verpflichtung in die schon empfindliche Kälte, in den Zugwind hinauszutreten, ein blauweißes wollnes Gewinde im Haar standen der schlanken, scharfausgeprägten, plastischen Physiognomie, die sich ein feines Lächeln, ein seelenvolles Etwas geben konnte, anziehend genug.

Herr Althing will Ihnen etwas von seinem Fräulein Schwester ausrichten! Sie werden aber dafür gut thun, ihn in Ihrem Zimmer zu empfangen. Jetzt lassen Sie uns etwas Frühstück kommen. Wenn ich zweimal schelle, so führe ich Herrn Althing nach der Martha-Herberge. So nennen wir hier die Gegend, wo das Fräulein ihre Zimmer hat.

Man sah schon, daß Martha in hohem Grade aufgeregt war. Diese neue Ankündigung von etwas Unerwartetem, ja so feierlich Eingeleitetem schien auf ihre Nerven einen lähmenden Eindruck zu machen. Sie schien

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0143" n="137"/>
Wolnys lagen in einem Seitenflügel. Man durchschritt einen etwas dunkeln Corridor, auf welchem eine weibliche Gestalt an ihnen vorüberhuschen wollte, dann aber, als sie Ottomar erkannte, stillstand und freudig erregt nach dem Befinden der Seinigen fragte. Man hätte sie nun für eine Tochter des Hauses halten können, so gewählt war ihre Toilette, obschon diese in den Grenzen der Einfachheit blieb. Ein dunkles Kleid mit hellen Verzierungen und für die häufige Verpflichtung in die schon empfindliche Kälte, in den Zugwind hinauszutreten, ein blauweißes wollnes Gewinde im Haar standen der schlanken, scharfausgeprägten, plastischen Physiognomie, die sich ein feines Lächeln, ein seelenvolles Etwas geben konnte, anziehend genug. </p>
        <p>Herr Althing will Ihnen etwas von seinem Fräulein Schwester ausrichten! Sie werden aber dafür gut thun, ihn in Ihrem Zimmer zu empfangen. Jetzt lassen Sie uns etwas Frühstück kommen. Wenn ich zweimal schelle, so führe ich Herrn Althing nach der Martha-Herberge. So nennen wir hier die Gegend, wo das Fräulein ihre Zimmer hat. </p>
        <p>Man sah schon, daß Martha in hohem Grade aufgeregt war. Diese neue Ankündigung von etwas Unerwartetem, ja so feierlich Eingeleitetem schien auf ihre Nerven einen lähmenden Eindruck zu machen. Sie schien
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[137/0143] Wolnys lagen in einem Seitenflügel. Man durchschritt einen etwas dunkeln Corridor, auf welchem eine weibliche Gestalt an ihnen vorüberhuschen wollte, dann aber, als sie Ottomar erkannte, stillstand und freudig erregt nach dem Befinden der Seinigen fragte. Man hätte sie nun für eine Tochter des Hauses halten können, so gewählt war ihre Toilette, obschon diese in den Grenzen der Einfachheit blieb. Ein dunkles Kleid mit hellen Verzierungen und für die häufige Verpflichtung in die schon empfindliche Kälte, in den Zugwind hinauszutreten, ein blauweißes wollnes Gewinde im Haar standen der schlanken, scharfausgeprägten, plastischen Physiognomie, die sich ein feines Lächeln, ein seelenvolles Etwas geben konnte, anziehend genug. Herr Althing will Ihnen etwas von seinem Fräulein Schwester ausrichten! Sie werden aber dafür gut thun, ihn in Ihrem Zimmer zu empfangen. Jetzt lassen Sie uns etwas Frühstück kommen. Wenn ich zweimal schelle, so führe ich Herrn Althing nach der Martha-Herberge. So nennen wir hier die Gegend, wo das Fräulein ihre Zimmer hat. Man sah schon, daß Martha in hohem Grade aufgeregt war. Diese neue Ankündigung von etwas Unerwartetem, ja so feierlich Eingeleitetem schien auf ihre Nerven einen lähmenden Eindruck zu machen. Sie schien

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T12:27:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T12:27:44Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-1<a>) (2013-07-01T14:33:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/143
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/143>, abgerufen am 18.05.2024.