Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

Das geht hin und her! "Sie nähren eine Schlange an Ihrem Busen" und ähnlich. Oder: "Unglückliche Frau, man wartet auf Ihren Tod! Ihre Nachfolgerin ist die schöne Verführerin." Bei Tisch habe ich schon von Fräulein Dora hören können: Es ist erstaunlich, wie viel Fälle von heimlichen Vergiftungen von Ehefrauen durch die Männer und deren Geliebten es in der Geschichte giebt! Sie liest alle Leihbibliotheken durch.

Der Anlaß zum Lachen lag nahe und doch wurde er von keinem von Beiden ergriffen. Auf Wolny lag ein zu schwerer Druck.

Dennoch gab Ottomar seiner Erwiderung eine humoristische Wendung und bemerkte: Verschaffen Sie mir eine Anstellung, die heirathen läßt und ich ziehe Sie aus aller Verlegenheit! Fräulein Martha ist für den Kenner anziehend genug, um ihr sofort seine Hand zu bieten. Ich sage da wie Elias Krumm: "Ich heirathe sie vom Fleck!" Haben Sie aber Vorrechte, so lasse ich sie Ihnen! Ich denke über Liebesaffairen vollkommen kühl wie Schopenhauer!

Wolny erwiderte Nichts.

Das bewußte schmale Trottoir hatte aufgehört. Man kam an unerträglich lange Holzhöfe, denen jede Nichtregulirung eines gangbaren Weges gestattet schien. Dann kamen wieder Häuserreihen wie nach der Schnur gebaut.

Das geht hin und her! „Sie nähren eine Schlange an Ihrem Busen“ und ähnlich. Oder: „Unglückliche Frau, man wartet auf Ihren Tod! Ihre Nachfolgerin ist die schöne Verführerin.“ Bei Tisch habe ich schon von Fräulein Dora hören können: Es ist erstaunlich, wie viel Fälle von heimlichen Vergiftungen von Ehefrauen durch die Männer und deren Geliebten es in der Geschichte giebt! Sie liest alle Leihbibliotheken durch.

Der Anlaß zum Lachen lag nahe und doch wurde er von keinem von Beiden ergriffen. Auf Wolny lag ein zu schwerer Druck.

Dennoch gab Ottomar seiner Erwiderung eine humoristische Wendung und bemerkte: Verschaffen Sie mir eine Anstellung, die heirathen läßt und ich ziehe Sie aus aller Verlegenheit! Fräulein Martha ist für den Kenner anziehend genug, um ihr sofort seine Hand zu bieten. Ich sage da wie Elias Krumm: „Ich heirathe sie vom Fleck!“ Haben Sie aber Vorrechte, so lasse ich sie Ihnen! Ich denke über Liebesaffairen vollkommen kühl wie Schopenhauer!

Wolny erwiderte Nichts.

Das bewußte schmale Trottoir hatte aufgehört. Man kam an unerträglich lange Holzhöfe, denen jede Nichtregulirung eines gangbaren Weges gestattet schien. Dann kamen wieder Häuserreihen wie nach der Schnur gebaut.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0141" n="135"/>
Das geht hin und her! &#x201E;Sie nähren eine Schlange an Ihrem Busen&#x201C; und ähnlich. Oder: &#x201E;Unglückliche Frau, man wartet auf Ihren Tod! Ihre Nachfolgerin ist die schöne Verführerin.&#x201C; Bei Tisch habe ich schon von Fräulein Dora hören können: Es ist erstaunlich, wie viel Fälle von heimlichen Vergiftungen von Ehefrauen durch die Männer und deren Geliebten es in der Geschichte giebt! Sie liest alle <ref xml:id="TEXTLeihbibliotheken" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLLeihbibliotheken">Leihbibliotheken</ref> durch. </p>
        <p>Der Anlaß zum Lachen lag nahe und doch wurde er von keinem von Beiden ergriffen. Auf Wolny lag ein zu schwerer Druck. </p>
        <p>Dennoch gab Ottomar seiner Erwiderung eine humoristische Wendung und bemerkte: Verschaffen Sie mir eine Anstellung, die heirathen läßt und ich ziehe Sie aus aller Verlegenheit! Fräulein Martha ist für den Kenner anziehend genug, um ihr sofort seine Hand zu bieten. Ich sage da wie <ref xml:id="TEXTEliasKrumm" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLEliasKrumm">Elias Krumm</ref>: &#x201E;Ich heirathe sie vom Fleck!&#x201C; Haben Sie aber Vorrechte, so lasse ich sie Ihnen! <ref xml:id="TEXTIchdenkeBISSchopenhauer" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLIchdenkeBISSchopenhauer">Ich denke über Liebesaffairen vollkommen kühl wie Schopenhauer</ref>! </p>
        <p>Wolny erwiderte Nichts. </p>
        <p>Das bewußte schmale Trottoir hatte aufgehört. Man kam an unerträglich lange <ref xml:id="TEXTHolzhoefe" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLHolzhoefe">Holzhöfe</ref>, denen jede Nichtregulirung eines gangbaren Weges gestattet schien. Dann kamen wieder Häuserreihen wie nach der Schnur gebaut.
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[135/0141] Das geht hin und her! „Sie nähren eine Schlange an Ihrem Busen“ und ähnlich. Oder: „Unglückliche Frau, man wartet auf Ihren Tod! Ihre Nachfolgerin ist die schöne Verführerin.“ Bei Tisch habe ich schon von Fräulein Dora hören können: Es ist erstaunlich, wie viel Fälle von heimlichen Vergiftungen von Ehefrauen durch die Männer und deren Geliebten es in der Geschichte giebt! Sie liest alle Leihbibliotheken durch. Der Anlaß zum Lachen lag nahe und doch wurde er von keinem von Beiden ergriffen. Auf Wolny lag ein zu schwerer Druck. Dennoch gab Ottomar seiner Erwiderung eine humoristische Wendung und bemerkte: Verschaffen Sie mir eine Anstellung, die heirathen läßt und ich ziehe Sie aus aller Verlegenheit! Fräulein Martha ist für den Kenner anziehend genug, um ihr sofort seine Hand zu bieten. Ich sage da wie Elias Krumm: „Ich heirathe sie vom Fleck!“ Haben Sie aber Vorrechte, so lasse ich sie Ihnen! Ich denke über Liebesaffairen vollkommen kühl wie Schopenhauer! Wolny erwiderte Nichts. Das bewußte schmale Trottoir hatte aufgehört. Man kam an unerträglich lange Holzhöfe, denen jede Nichtregulirung eines gangbaren Weges gestattet schien. Dann kamen wieder Häuserreihen wie nach der Schnur gebaut.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T12:27:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T12:27:44Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-1<a>) (2013-07-01T14:33:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/141
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/141>, abgerufen am 23.11.2024.