Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.Althing, der Vater, hatte ihn hier eingeführt. Auch dieser war wieder anwesend. Er müsse sich von seinem Sonntag ausruhen, sagte er. Denn gerade der Sonntag würde einem guten Familienvater besonders schwer gemacht. Da müsse immer etwas vorgenommen werden. Gestern sogar noch eine Wasserfahrt! Auf ein leises Sprechen zwischen ihm und Wolny hatte man immer nur, ohne diesen zu verstehen, von Jenem hören können: "Weiß ich nicht" - und wieder ein "Weiß ich nicht" - und zum dritten Mal ein "Weiß ich nicht" - dann war er ernst geworden und ließ sich sogar, weil sich seine Erregung steigerte, seinen Schoppen erneuern. Tabak rauchte Althing nicht. Das wiederholte Streiken der Arbeiter in der Rabe'schen Fabrik war Stadtgespräch. Auch daß man den Hauptagitator in Raimund Ehlerdt suchte, einem jungen Mann von ungewöhnlichen Gaben, dem seine Stellung immer einflußreicher zu machen gelang und der sich das Ideal gestellt zu haben schien, die Köpfe der Arbeiter durch einen einzigen Hochdruck von seiner Hand nach seinem Willen zu lenken. Eine Anzahl von, wie man zu sagen pflegt, "verbummelten" Arbeitergenies, Faullenzern, die sich auf "Regimentsunkosten" ernähren ließen und zuweilen ihrem breiten Brustkasten fürchterliche Drohworte und Schilderungen in den Versammlungen Althing, der Vater, hatte ihn hier eingeführt. Auch dieser war wieder anwesend. Er müsse sich von seinem Sonntag ausruhen, sagte er. Denn gerade der Sonntag würde einem guten Familienvater besonders schwer gemacht. Da müsse immer etwas vorgenommen werden. Gestern sogar noch eine Wasserfahrt! Auf ein leises Sprechen zwischen ihm und Wolny hatte man immer nur, ohne diesen zu verstehen, von Jenem hören können: „Weiß ich nicht“ – und wieder ein „Weiß ich nicht“ – und zum dritten Mal ein „Weiß ich nicht“ – dann war er ernst geworden und ließ sich sogar, weil sich seine Erregung steigerte, seinen Schoppen erneuern. Tabak rauchte Althing nicht. Das wiederholte Streiken der Arbeiter in der Rabe’schen Fabrik war Stadtgespräch. Auch daß man den Hauptagitator in Raimund Ehlerdt suchte, einem jungen Mann von ungewöhnlichen Gaben, dem seine Stellung immer einflußreicher zu machen gelang und der sich das Ideal gestellt zu haben schien, die Köpfe der Arbeiter durch einen einzigen Hochdruck von seiner Hand nach seinem Willen zu lenken. Eine Anzahl von, wie man zu sagen pflegt, „verbummelten“ Arbeitergenies, Faullenzern, die sich auf „Regimentsunkosten“ ernähren ließen und zuweilen ihrem breiten Brustkasten fürchterliche Drohworte und Schilderungen in den Versammlungen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0130" n="124"/> Althing, der Vater, hatte ihn hier eingeführt. Auch dieser war wieder anwesend. Er müsse sich von seinem Sonntag ausruhen, sagte er. Denn gerade der Sonntag würde einem guten Familienvater besonders schwer gemacht. Da müsse immer etwas vorgenommen werden. Gestern sogar noch eine Wasserfahrt! Auf ein leises Sprechen zwischen ihm und Wolny hatte man immer nur, ohne diesen zu verstehen, von Jenem hören können: „Weiß ich nicht“ – und wieder ein „Weiß ich nicht“ – und zum dritten Mal ein „Weiß ich nicht“ – dann war er ernst geworden und ließ sich sogar, weil sich seine Erregung steigerte, seinen Schoppen erneuern. Tabak rauchte Althing nicht. </p> <p>Das wiederholte Streiken der Arbeiter in der Rabe’schen Fabrik war Stadtgespräch. Auch daß man den Hauptagitator in Raimund Ehlerdt suchte, einem jungen Mann von ungewöhnlichen Gaben, dem seine Stellung immer einflußreicher zu machen gelang und der sich das Ideal gestellt zu haben schien, die Köpfe der Arbeiter durch einen einzigen Hochdruck von seiner Hand nach seinem Willen zu lenken. Eine Anzahl von, wie man zu sagen pflegt, „verbummelten“ Arbeitergenies, Faullenzern, die sich auf „Regimentsunkosten“ ernähren ließen und zuweilen ihrem breiten Brustkasten fürchterliche Drohworte und Schilderungen in den Versammlungen </p> </div> </body> </text> </TEI> [124/0130]
Althing, der Vater, hatte ihn hier eingeführt. Auch dieser war wieder anwesend. Er müsse sich von seinem Sonntag ausruhen, sagte er. Denn gerade der Sonntag würde einem guten Familienvater besonders schwer gemacht. Da müsse immer etwas vorgenommen werden. Gestern sogar noch eine Wasserfahrt! Auf ein leises Sprechen zwischen ihm und Wolny hatte man immer nur, ohne diesen zu verstehen, von Jenem hören können: „Weiß ich nicht“ – und wieder ein „Weiß ich nicht“ – und zum dritten Mal ein „Weiß ich nicht“ – dann war er ernst geworden und ließ sich sogar, weil sich seine Erregung steigerte, seinen Schoppen erneuern. Tabak rauchte Althing nicht.
Das wiederholte Streiken der Arbeiter in der Rabe’schen Fabrik war Stadtgespräch. Auch daß man den Hauptagitator in Raimund Ehlerdt suchte, einem jungen Mann von ungewöhnlichen Gaben, dem seine Stellung immer einflußreicher zu machen gelang und der sich das Ideal gestellt zu haben schien, die Köpfe der Arbeiter durch einen einzigen Hochdruck von seiner Hand nach seinem Willen zu lenken. Eine Anzahl von, wie man zu sagen pflegt, „verbummelten“ Arbeitergenies, Faullenzern, die sich auf „Regimentsunkosten“ ernähren ließen und zuweilen ihrem breiten Brustkasten fürchterliche Drohworte und Schilderungen in den Versammlungen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2014-02-19T12:27:44Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-02-19T12:27:44Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-1<a>)
(2013-07-01T14:33:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |