Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

St! St! hieß es allgemein. Aber der Sanitätsrath hatte seine Stärkungsmittel noch vor sich und sah nur auf das Ende des langen mit grünem Wachstuch überzogenen Tisches und sprach: Hm! Die Zeitungen erscheinen ja heute nicht! Morgen wird der Bericht über die Trottoirkrankheit überall zu lesen sein! Wir reden und studiren und leben ja nur für die Presse -

Für die Oeffentlichkeit! verbesserten von einigen Seiten die Optimisten.

Meine Herren! begann der Sanitätsrath in aller Ruhe und mit seinem berühmten todtversüßenden sardonischen Lächeln. Ich habe einen Vortrag über Nervenleiden gehalten und dabei als Nachtrag zu unserm seligen Romberg bemerkt, daß jetzt das Leben in großen Städten gewisse Formen der Nervosität mit sich bringt, die man früher nicht gekannt hat. Wie die Börse Einfluß auf Nerven hat - nun das wissen Sie ja Alle!

Wie mit unbewußter Reflexbewegung zogen einige der Anwesenden die Uhr. Noch war die Börsenstunde in nicht zu naher Sicht. Der einzige Sohn Israels, der in dem Kreise nicht fehlte, Bankier Ascher Ascherson, behauptete, die Börse nur als Psycholog zu besuchen.

Die Vapeurs der Damen, fuhr der vielbegehrte Arzt fort, sind abgekommen! Das weibliche Geschlecht hat jetzt angefangen, sich weit mehr zu tummeln als

St! St! hieß es allgemein. Aber der Sanitätsrath hatte seine Stärkungsmittel noch vor sich und sah nur auf das Ende des langen mit grünem Wachstuch überzogenen Tisches und sprach: Hm! Die Zeitungen erscheinen ja heute nicht! Morgen wird der Bericht über die Trottoirkrankheit überall zu lesen sein! Wir reden und studiren und leben ja nur für die Presse –

Für die Oeffentlichkeit! verbesserten von einigen Seiten die Optimisten.

Meine Herren! begann der Sanitätsrath in aller Ruhe und mit seinem berühmten todtversüßenden sardonischen Lächeln. Ich habe einen Vortrag über Nervenleiden gehalten und dabei als Nachtrag zu unserm seligen Romberg bemerkt, daß jetzt das Leben in großen Städten gewisse Formen der Nervosität mit sich bringt, die man früher nicht gekannt hat. Wie die Börse Einfluß auf Nerven hat – nun das wissen Sie ja Alle!

Wie mit unbewußter Reflexbewegung zogen einige der Anwesenden die Uhr. Noch war die Börsenstunde in nicht zu naher Sicht. Der einzige Sohn Israels, der in dem Kreise nicht fehlte, Bankier Ascher Ascherson, behauptete, die Börse nur als Psycholog zu besuchen.

Die Vapeurs der Damen, fuhr der vielbegehrte Arzt fort, sind abgekommen! Das weibliche Geschlecht hat jetzt angefangen, sich weit mehr zu tummeln als

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0011" n="5"/>
St! St! hieß es allgemein. Aber der Sanitätsrath hatte seine Stärkungsmittel noch vor sich und sah nur auf das Ende des langen mit grünem Wachstuch überzogenen Tisches und sprach: Hm! Die Zeitungen erscheinen ja heute nicht! Morgen wird der Bericht über die Trottoirkrankheit überall zu lesen sein! Wir reden und studiren und leben ja nur für die Presse &#x2013;</p>
        <p>Für die Oeffentlichkeit! verbesserten von einigen Seiten die Optimisten. </p>
        <p>Meine Herren! begann der Sanitätsrath in aller Ruhe und mit seinem berühmten todtversüßenden sardonischen Lächeln. Ich habe einen Vortrag über Nervenleiden gehalten und dabei als <ref xml:id="TEXTNachtragBISRomberg" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLNachtragBISRomberg">Nachtrag zu unserm seligen Romberg</ref> bemerkt, daß jetzt das Leben in großen Städten gewisse Formen der Nervosität mit sich bringt, die man früher nicht gekannt hat. Wie die Börse Einfluß auf Nerven hat &#x2013; nun das wissen Sie ja Alle! </p>
        <p>Wie mit unbewußter Reflexbewegung zogen einige der Anwesenden die Uhr. Noch war <ref xml:id="TEXTdieBoersenstunde" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLdieBoersenstunde">die Börsenstunde</ref> in nicht zu naher Sicht. Der einzige Sohn Israels, der in dem Kreise nicht fehlte, Bankier Ascher Ascherson, behauptete, die Börse nur als Psycholog zu besuchen. </p>
        <p><ref xml:id="TEXTDieVapeursderDamen" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLDieVapeursderDamen">Die Vapeurs der Damen</ref>, fuhr der vielbegehrte Arzt fort, sind abgekommen! Das weibliche Geschlecht hat jetzt angefangen, sich weit mehr zu tummeln als
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0011] St! St! hieß es allgemein. Aber der Sanitätsrath hatte seine Stärkungsmittel noch vor sich und sah nur auf das Ende des langen mit grünem Wachstuch überzogenen Tisches und sprach: Hm! Die Zeitungen erscheinen ja heute nicht! Morgen wird der Bericht über die Trottoirkrankheit überall zu lesen sein! Wir reden und studiren und leben ja nur für die Presse – Für die Oeffentlichkeit! verbesserten von einigen Seiten die Optimisten. Meine Herren! begann der Sanitätsrath in aller Ruhe und mit seinem berühmten todtversüßenden sardonischen Lächeln. Ich habe einen Vortrag über Nervenleiden gehalten und dabei als Nachtrag zu unserm seligen Romberg bemerkt, daß jetzt das Leben in großen Städten gewisse Formen der Nervosität mit sich bringt, die man früher nicht gekannt hat. Wie die Börse Einfluß auf Nerven hat – nun das wissen Sie ja Alle! Wie mit unbewußter Reflexbewegung zogen einige der Anwesenden die Uhr. Noch war die Börsenstunde in nicht zu naher Sicht. Der einzige Sohn Israels, der in dem Kreise nicht fehlte, Bankier Ascher Ascherson, behauptete, die Börse nur als Psycholog zu besuchen. Die Vapeurs der Damen, fuhr der vielbegehrte Arzt fort, sind abgekommen! Das weibliche Geschlecht hat jetzt angefangen, sich weit mehr zu tummeln als

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T12:27:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T12:27:44Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-1<a>) (2013-07-01T14:33:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/11
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/11>, abgerufen am 03.12.2024.