Gutzkow, Karl: Brief an Daniel Sanders. Wieblingen, 14. Okober 1875. [Abschrift von Heinrich Hubert Houben]Geehrter Herr, Ihre freundliche Erinnerung an mich hat mir innig wohlgethan. Die Sie, geehrter Herr, haben, nachdem die Vornehmthuerei Grimm-Lachmann- Geehrter Herr, Ihre freundliche Erinnerung an mich hat mir innig wohlgethan. Die Sie, geehrter Herr, haben, nachdem die Vornehmthuerei Grim̃-Lachmann- <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="[1r]"/> <body> <div type="letter" n="1"> <note place="mTop"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118543830">Gutzkow</persName> an <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119242044"><choice><abbr>D.</abbr><expan>Daniel</expan></choice> Sanders</persName>.</note> <opener> <salute>Geehrter Herr,</salute> </opener> <p>Ihre freundliche Erinnerung an mich hat mir innig wohlgethan. Die<lb/> kleine Schrift wird neben Ihrem Riesenwerke, den 3 mächtigen Quartbän-<lb/> den<note type="editorial"><bibl>Sanders, Daniel: Wörterbuch der deutschen Sprache. Mit Belegen von Luther bis auf die Gegenwart. Leipzig 1860-1865.</bibl><ref target="https://books.google.de/books?id=MpREAAAAcAAJ">Erster Band. Online verfügbar: GoogleBooks, abgerufen am 05.12.2018.</ref><ref target="https://books.google.de/books?id=VjQTAAAAQAAJ">Zweiter Band. Erste Hälfte. Online verfügbar: GoogleBooks, abgerufen am 05.12.2018.</ref><ref target="https://books.google.de/books?id=hyBJAAAAcAAJ">Zweiter Band. Zweite Hälfte. Online verfügbar: GoogleBooks, abgerufen am 05.12.2018.</ref></note>, zu stehen kommen, einem Quell der Belehrung, an den ich alle<lb/> Augenblicke einmal wandern muß. Möchten Sie doch Kenntniß genommen<lb/> haben von meiner nunmehr schon 11 Jahre andauernden Selbstkritik, die<lb/> sich in meinen neuen Ausgaben der <hi rendition="#u">Ritter</hi> vom Geiste, der <hi rendition="#u">Zauberer</hi>, jetzt<lb/> meiner <hi rendition="#u"><choice><abbr>gesam̃.</abbr><expan>gesammelten</expan></choice> Werke</hi> findet. Ich tilge Unklarheiten, unvermittelte Ue-<lb/> bergänge, falschdurchgeführte Bilder, das breite „welche“, gegen das ich mich<lb/> mutig in <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118780034">Lindau’s</persName> Gegenwart<note type="editorial"><bibl>Gutzkow, Karl: Kleines grammatikalisches Scherzo. In: Lindau,Paul (Hg.): Die Gegenwart. Wochenschrift für Literatur, Kunst und öffentliches Leben. Achter Jahrgang, Nr. 21. Berlin 1875, o. A.</bibl></note> ausgesprochen habe, die Ueberzahl <subst><del rendition="#s"><unclear reason="illegible">von</unclear></del><add place="intralinear">der</add></subst><lb/> Fremdwörter und sehe dabei auf einen wohlgefällig ans Ohr tönenden <del rendition="#s"><hi rendition="#u">Rhyth</hi></del><lb/><hi rendition="#u">Rhythmus</hi>. <subst><del rendition="#ow">f<add place="across">F</add></del></subst>ür alles das ist mir auch noch nirgends eine <hi rendition="#u">Sylbe</hi> Anerken-<lb/> nung geworden. Nur mündlich wurde mir zuweilen von Jemand, der in<lb/> meiner neuen <hi rendition="#u">Costenoble’schen Ausgabe</hi><note type="editorial"><bibl>Gutzkow, Karl: Dramatische Werke. 4 Bände. Jena 1871–1872.</bibl><ref target="https://archive.org/details/dramatischewerk01gutzgoog">Erster Band. Vierte Auflage. Online verfügbar: Internet Archive, abgerufen am 21.12.2018.</ref><ref target="https://archive.org/details/dramatischewerk02gutzgoog">Zweiter Band. Vierte Auflage. Online verfügbar: Internet Archive, abgerufen am 21.12.2018.</ref><ref target="https://archive.org/details/dramatischewerk00gutzgoog">Vierter Band. Vierte Auflage. Online verfügbar: Internet Archive, abgerufen am 21.12.2018.</ref></note> gelesen hatte, ein Urtheil über<lb/> die Diktion <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> den Wohllaut der Satzbildung zutheil, das anzuhören ich<lb/> einen Schwätzer wie <persName ref="http://d-nb.info/gnd/116534605"><hi rendition="#u">Kreyssig</hi></persName> gegönnt hätte.</p><lb/> <p>Sie, geehrter Herr, haben, nachdem die Vornehmthuerei <persName ref="http://d-nb.info/gnd/1083009273"><hi rendition="#u">Grim̃</hi></persName>-<persName ref="http://d-nb.info/gnd/118568558"><hi rendition="#u">Lachmann</hi></persName>-<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/119034743"><hi rendition="#u">Haupt</hi></persName> ins Grab gegangen <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> die Schüler sich sagen müssen, <choice><sic>dß</sic><corr>daß</corr></choice> die Haupt-<lb/> arbeit gethan ist, eine erhöhte, jetzt sogar von Reichswegen geförderte<lb/> Anerkennung gefunden. Mehr als je stehen Sie im Vordergrund. Ihre<lb/> Sendung werde ich fleißig durchstehen <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> vielleicht etwas darüber aufsetzen,<lb/> wenn ich mir die Aufnahme erwirken kann bei den seltsamen Lau-<lb/> nen, die heutiges Tages unsre „Chef-<hi rendition="#u">Redakteure</hi>“ haben. In der Kunst-<lb/> Machthaberei zu üben, hat unsere Zeit große Fortschritte gemacht.</p><lb/> <closer> <salute>In hochachtungsvoller, dankbarer Ergebenheit<lb/> Ihr<lb/></salute> <signed> <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118543830">Gutzkow</persName> </signed><lb/> <dateline><placeName ref="http://www.geonames.org/2809671"><hi rendition="#u">Wieblingen</hi><lb/> bei Heidelberg</placeName><choice><abbr>d.</abbr><expan>den</expan></choice> 14/10 75.</dateline> </closer> <note place="mBottom">(Im <choice><abbr>Bes.</abbr><expan>Besitz</expan></choice> <choice><abbr>d.</abbr><expan>des</expan></choice> <choice><abbr>S.</abbr><expan>Sohnes</expan></choice> <persName><choice><abbr>Alxdr<supplied>.</supplied></abbr><expan>Alexander</expan></choice> Koner</persName>, <placeName ref="http://www.geonames.org/2825922/">Strelitz</placeName> <choice><abbr>i<supplied>.</supplied></abbr><expan>in</expan></choice> <choice><abbr>M<supplied>.</supplied></abbr><expan>Meklenburg</expan></choice>)</note> </div> </body> </text> </TEI> [[1r]/0001]
Gutzkow an D. Sanders. Geehrter Herr, Ihre freundliche Erinnerung an mich hat mir innig wohlgethan. Die
kleine Schrift wird neben Ihrem Riesenwerke, den 3 mächtigen Quartbän-
den, zu stehen kommen, einem Quell der Belehrung, an den ich alle
Augenblicke einmal wandern muß. Möchten Sie doch Kenntniß genommen
haben von meiner nunmehr schon 11 Jahre andauernden Selbstkritik, die
sich in meinen neuen Ausgaben der Ritter vom Geiste, der Zauberer, jetzt
meiner gesam̃. Werke findet. Ich tilge Unklarheiten, unvermittelte Ue-
bergänge, falschdurchgeführte Bilder, das breite „welche“, gegen das ich mich
mutig in Lindau’s Gegenwart ausgesprochen habe, die Ueberzahl der
Fremdwörter und sehe dabei auf einen wohlgefällig ans Ohr tönenden
Rhythmus. ür alles das ist mir auch noch nirgends eine Sylbe Anerken-
nung geworden. Nur mündlich wurde mir zuweilen von Jemand, der in
meiner neuen Costenoble’schen Ausgabe gelesen hatte, ein Urtheil über
die Diktion u. den Wohllaut der Satzbildung zutheil, das anzuhören ich
einen Schwätzer wie Kreyssig gegönnt hätte.
Sie, geehrter Herr, haben, nachdem die Vornehmthuerei Grim̃-Lachmann-
Haupt ins Grab gegangen u. die Schüler sich sagen müssen, daß die Haupt-
arbeit gethan ist, eine erhöhte, jetzt sogar von Reichswegen geförderte
Anerkennung gefunden. Mehr als je stehen Sie im Vordergrund. Ihre
Sendung werde ich fleißig durchstehen u. vielleicht etwas darüber aufsetzen,
wenn ich mir die Aufnahme erwirken kann bei den seltsamen Lau-
nen, die heutiges Tages unsre „Chef-Redakteure“ haben. In der Kunst-
Machthaberei zu üben, hat unsere Zeit große Fortschritte gemacht.
In hochachtungsvoller, dankbarer Ergebenheit
Ihr
Gutzkow
Wieblingen
bei Heidelberg d. 14/10 75. (Im Bes. d. S. Alxdr. Koner, Strelitz i. M.)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Sebastian Göttel: Herausgeber.
Linda Martin: Transkription und TEI-Textannotation.
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |