[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.eingestehe, setzen diese Gewohnheit noch heute fort. Ich glaubte das geistige Pfund, das in mir vergraben liegt, nicht besser anwenden zu können, als es unabhängig zu machen von all meinen Jugendträumen und Idealen, und den Bedürftigen es zuzuwenden. Ich bin stolz auf den Kosmopolitismus meines Volkes, und seien Sie außerdem bei meiner Wahl der Beistimmung des großmüthigen Nikolaus gewiß. Ich habe viel zum Untergange der polnischen Sache beigetragen. Wir Deutsche sind überhaupt weder Polen, noch Philopolen, sondern nur Bibliopolen." Der Divan lachte um ein wenig schwächer, als der Bibliopole selbst. Es kam zu einigen Fragen. Mein Gegner vermied zu antworten. Er kramte und berief sich auf seine Documente, die er nach Zeit und Ort geordnet hatte. Sie fingen von Freiburg an und hörten am Neckar auf. Man sprach von der Legitimität. Er citirte eine Nummer des Morgenblattes, wo er die Legitimität selbst der Liebe in schlichten Versen bewiesen hätte. Ich aber machte mich heimlich an die Großfrau heran, und flüsterte ihr leise zu, ich könnte ihr Alles, selbst die Legitimität ihrer Strumpfbänder beweisen. Das empfahl. Die hohe Frau geruhte ihrem Gemahl zu erklären, daß ich der Mann zu sein schiene, der die Sache eingestehe, setzen diese Gewohnheit noch heute fort. Ich glaubte das geistige Pfund, das in mir vergraben liegt, nicht besser anwenden zu können, als es unabhängig zu machen von all meinen Jugendträumen und Idealen, und den Bedürftigen es zuzuwenden. Ich bin stolz auf den Kosmopolitismus meines Volkes, und seien Sie außerdem bei meiner Wahl der Beistimmung des großmüthigen Nikolaus gewiß. Ich habe viel zum Untergange der polnischen Sache beigetragen. Wir Deutsche sind überhaupt weder Polen, noch Philopolen, sondern nur Bibliopolen." Der Divan lachte um ein wenig schwächer, als der Bibliopole selbst. Es kam zu einigen Fragen. Mein Gegner vermied zu antworten. Er kramte und berief sich auf seine Documente, die er nach Zeit und Ort geordnet hatte. Sie fingen von Freiburg an und hörten am Neckar auf. Man sprach von der Legitimität. Er citirte eine Nummer des Morgenblattes, wo er die Legitimität selbst der Liebe in schlichten Versen bewiesen hätte. Ich aber machte mich heimlich an die Großfrau heran, und flüsterte ihr leise zu, ich könnte ihr Alles, selbst die Legitimität ihrer Strumpfbänder beweisen. Das empfahl. Die hohe Frau geruhte ihrem Gemahl zu erklären, daß ich der Mann zu sein schiene, der die Sache <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><ref xml:id="TEXTjadieSchweizerBISheutefort" target="BrN3E.htm#ERLjadieSchweizerBISheutefort"><pb facs="#f0040" n="27"/> eingestehe, setzen diese Gewohnheit noch heute fort.</ref> Ich glaubte das geistige Pfund, das in mir vergraben liegt, nicht besser anwenden zu können, als es unabhängig zu machen von all meinen Jugendträumen und Idealen, und den Bedürftigen es zuzuwenden. Ich bin stolz auf den Kosmopolitismus meines Volkes, und seien Sie außerdem bei meiner Wahl der Beistimmung des großmüthigen Nikolaus gewiß. Ich habe viel zum Untergange der polnischen Sache beigetragen. Wir Deutsche sind überhaupt weder Polen, noch Philopolen, sondern nur <ref xml:id="TEXTBibliopolen" target="BrN3E.htm#ERLBibliopolen">Bibliopolen</ref>."</p> <p>Der Divan lachte um ein wenig schwächer, als der Bibliopole selbst.</p> <p>Es kam zu einigen Fragen. Mein Gegner vermied zu antworten. Er kramte und berief sich auf seine Documente, die er nach Zeit und Ort geordnet hatte. <ref xml:id="TEXTSiefingenBISNeckarauf" target="BrN3E.htm#ERLSiefingenBISNeckarauf">Sie fingen von Freiburg an und hörten am Neckar auf.</ref> <ref xml:id="TEXTMansprachBISLegitimitaet" target="BrN3E.htm#ERLMansprachBISLegitimitaet">Man sprach von der Legitimität.</ref> <ref xml:id="TEXTErcitirteBISbewiesenhaette" target="BrN3E.htm#ERLErcitirteBISbewiesenhaette">Er citirte eine Nummer des Morgenblattes, wo er die Legitimität selbst der Liebe in schlichten Versen bewiesen hätte.</ref> Ich aber machte mich heimlich an die Großfrau heran, und flüsterte ihr leise zu, ich könnte ihr Alles, selbst die Legitimität ihrer Strumpfbänder beweisen. Das empfahl. Die hohe Frau geruhte ihrem Gemahl zu erklären, daß ich der Mann zu sein schiene, der die Sache </p> </div> </body> </text> </TEI> [27/0040]
eingestehe, setzen diese Gewohnheit noch heute fort. Ich glaubte das geistige Pfund, das in mir vergraben liegt, nicht besser anwenden zu können, als es unabhängig zu machen von all meinen Jugendträumen und Idealen, und den Bedürftigen es zuzuwenden. Ich bin stolz auf den Kosmopolitismus meines Volkes, und seien Sie außerdem bei meiner Wahl der Beistimmung des großmüthigen Nikolaus gewiß. Ich habe viel zum Untergange der polnischen Sache beigetragen. Wir Deutsche sind überhaupt weder Polen, noch Philopolen, sondern nur Bibliopolen."
Der Divan lachte um ein wenig schwächer, als der Bibliopole selbst.
Es kam zu einigen Fragen. Mein Gegner vermied zu antworten. Er kramte und berief sich auf seine Documente, die er nach Zeit und Ort geordnet hatte. Sie fingen von Freiburg an und hörten am Neckar auf. Man sprach von der Legitimität. Er citirte eine Nummer des Morgenblattes, wo er die Legitimität selbst der Liebe in schlichten Versen bewiesen hätte. Ich aber machte mich heimlich an die Großfrau heran, und flüsterte ihr leise zu, ich könnte ihr Alles, selbst die Legitimität ihrer Strumpfbänder beweisen. Das empfahl. Die hohe Frau geruhte ihrem Gemahl zu erklären, daß ich der Mann zu sein schiene, der die Sache
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Zitationshilfe: | [Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/40>, abgerufen am 27.07.2024. |