[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.auflösen. Wir können nun einmal, wie Kinder und Hunde, Niemanden weinen hören, ohne mit einzufallen. Doch wir Andern, durch Erfahrung gewitzigt, die wir wissen, daß gerade der sentimentalste Schlingel der Satan ist, haben nicht einmal nöthig, an die in Spanien, Italien und Deutschland selbst noch nicht geheilten Wunden, die zuletzt dem europäischen Fechter ans Leben gehen müssen, zu erinnern; die Zukunft wird zeigen, daß die neue Dynastie in Polen nur darum den Thron bestiegen hat, um dem Lande, wie in alten Zeiten unseligen Andenkens durch allerhand Ränke zu zeigen, daß es im Grunde unfähig sey, ein Volk, noch unfähiger, ein constituirtes Reich mit eigener Autonomie zu sein. Wir wissen es, Polen wird noch einmal aufstehen, den trügerischen Tyrannen verjagen, und die Möglichkeit seiner Existenz mit Sense und Schwert demonstriren. Allein ich vergesse, daß selbst bei der gegenwärtigen Lage der Krieg nicht ausbleiben kann. Die polnischen Damen verlangen von dem Reichstage die Ringe zurück, die sie einst zum Schmelzen der künftigen Krone bestimmt haben. Der Insignienschmuck und die Reichskleinodien, die in den tiefsten Schluchten der litthauischen Wälder von einem hütenden Drachen bewahrt wurden, sind richtig gefunden und dem Drachen abgerun- auflösen. Wir können nun einmal, wie Kinder und Hunde, Niemanden weinen hören, ohne mit einzufallen. Doch wir Andern, durch Erfahrung gewitzigt, die wir wissen, daß gerade der sentimentalste Schlingel der Satan ist, haben nicht einmal nöthig, an die in Spanien, Italien und Deutschland selbst noch nicht geheilten Wunden, die zuletzt dem europäischen Fechter ans Leben gehen müssen, zu erinnern; die Zukunft wird zeigen, daß die neue Dynastie in Polen nur darum den Thron bestiegen hat, um dem Lande, wie in alten Zeiten unseligen Andenkens durch allerhand Ränke zu zeigen, daß es im Grunde unfähig sey, ein Volk, noch unfähiger, ein constituirtes Reich mit eigener Autonomie zu sein. Wir wissen es, Polen wird noch einmal aufstehen, den trügerischen Tyrannen verjagen, und die Möglichkeit seiner Existenz mit Sense und Schwert demonstriren. Allein ich vergesse, daß selbst bei der gegenwärtigen Lage der Krieg nicht ausbleiben kann. Die polnischen Damen verlangen von dem Reichstage die Ringe zurück, die sie einst zum Schmelzen der künftigen Krone bestimmt haben. Der Insignienschmuck und die Reichskleinodien, die in den tiefsten Schluchten der litthauischen Wälder von einem hütenden Drachen bewahrt wurden, sind richtig gefunden und dem Drachen abgerun- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0033" n="20"/> auflösen. Wir können nun einmal, wie Kinder und Hunde, Niemanden weinen hören, ohne mit einzufallen. Doch wir Andern, durch Erfahrung gewitzigt, die wir wissen, daß gerade der sentimentalste Schlingel der Satan ist, haben nicht einmal nöthig, <ref xml:id="TEXTandieinSpanienBISzuerinnern" target="BrN3E.htm#ERLandieinSpanienBISzuerinnern">an die in Spanien, Italien und Deutschland selbst noch nicht geheilten Wunden, die zuletzt dem europäischen Fechter ans Leben gehen müssen, zu erinnern</ref>; die Zukunft wird zeigen, daß die neue Dynastie in Polen nur darum den Thron bestiegen hat, um dem Lande, wie in alten Zeiten unseligen Andenkens durch allerhand Ränke zu zeigen, daß es im Grunde unfähig sey, ein Volk, noch unfähiger, ein constituirtes Reich mit eigener Autonomie zu sein. Wir wissen es, Polen wird noch einmal aufstehen, den trügerischen Tyrannen verjagen, und die Möglichkeit seiner Existenz mit Sense und Schwert demonstriren.</p> <p>Allein ich vergesse, daß selbst bei der gegenwärtigen Lage der Krieg nicht ausbleiben kann. <ref xml:id="TEXTDiepolnischenBISherumschwaermen" target="BrN3E.htm#ERLdiepolnischenBISherumschwaermen">Die polnischen Damen verlangen von dem Reichstage die Ringe zurück, die sie einst zum Schmelzen der künftigen Krone bestimmt haben. Der Insignienschmuck und die Reichskleinodien, die in den tiefsten Schluchten der litthauischen Wälder von einem hütenden Drachen bewahrt wurden, sind richtig gefunden und dem Drachen abgerun- </ref></p> </div> </body> </text> </TEI> [20/0033]
auflösen. Wir können nun einmal, wie Kinder und Hunde, Niemanden weinen hören, ohne mit einzufallen. Doch wir Andern, durch Erfahrung gewitzigt, die wir wissen, daß gerade der sentimentalste Schlingel der Satan ist, haben nicht einmal nöthig, an die in Spanien, Italien und Deutschland selbst noch nicht geheilten Wunden, die zuletzt dem europäischen Fechter ans Leben gehen müssen, zu erinnern; die Zukunft wird zeigen, daß die neue Dynastie in Polen nur darum den Thron bestiegen hat, um dem Lande, wie in alten Zeiten unseligen Andenkens durch allerhand Ränke zu zeigen, daß es im Grunde unfähig sey, ein Volk, noch unfähiger, ein constituirtes Reich mit eigener Autonomie zu sein. Wir wissen es, Polen wird noch einmal aufstehen, den trügerischen Tyrannen verjagen, und die Möglichkeit seiner Existenz mit Sense und Schwert demonstriren.
Allein ich vergesse, daß selbst bei der gegenwärtigen Lage der Krieg nicht ausbleiben kann. Die polnischen Damen verlangen von dem Reichstage die Ringe zurück, die sie einst zum Schmelzen der künftigen Krone bestimmt haben. Der Insignienschmuck und die Reichskleinodien, die in den tiefsten Schluchten der litthauischen Wälder von einem hütenden Drachen bewahrt wurden, sind richtig gefunden und dem Drachen abgerun-
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Zitationshilfe: | [Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/33>, abgerufen am 16.02.2025. |