Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

mißfällt die letztere, so ist jener völlig verloren, statt daß umgekehrt die Wahrheit die Schwäche ihres Organs entschuldigen sollte. Zu den preußischen Liberalen rechnet man Juden, als äußerste Linke, den Handelsstand als Centrum, die gemäßigtsten sind junge Beamte, Juristen und einige vom Militair. Hegel gehört in diese Kategorie; nicht so sehr durch sich selbst, als durch seine Schüler. Obschon Raumer von ihm ziemlich entfernt stand, so kann man doch sagen, daß Hegel die Doctrin des preußischen Liberalismus mit Ueberzeugung in seiner Art a priori construirte, Raumer übersetzt sie ins Altpreußische, Gans ins Französische. Dem Letztern magst Du vorläufig ankündigen, das ausländische Deutschland würd' an ihn eine Adresse richten, und sich über seine Stellung zu den politischen Ansichten seines Meisters eine Erklärung ausbitten. Nicht nur das Vaterland, sondern auch das Publicum hat ein Recht dazu.

Wie ich aber heut nur zu den Philosophen komme! Die Philosophie wird nicht aufkommen, wenn nicht die Restauration wieder eintritt; die Restauration tritt aber nicht ein, und sollten wir leeres Papier statt Journale verkaufen. Käm' es aber doch noch zu einem Flor der deutschen Philosophie, so wollt' ich den Hegelianern in die Flanken fallen, aber nur zum Spaß. Die Hegelschen

mißfällt die letztere, so ist jener völlig verloren, statt daß umgekehrt die Wahrheit die Schwäche ihres Organs entschuldigen sollte. Zu den preußischen Liberalen rechnet man Juden, als äußerste Linke, den Handelsstand als Centrum, die gemäßigtsten sind junge Beamte, Juristen und einige vom Militair. Hegel gehört in diese Kategorie; nicht so sehr durch sich selbst, als durch seine Schüler. Obschon Raumer von ihm ziemlich entfernt stand, so kann man doch sagen, daß Hegel die Doctrin des preußischen Liberalismus mit Ueberzeugung in seiner Art a priori construirte, Raumer übersetzt sie ins Altpreußische, Gans ins Französische. Dem Letztern magst Du vorläufig ankündigen, das ausländische Deutschland würd’ an ihn eine Adresse richten, und sich über seine Stellung zu den politischen Ansichten seines Meisters eine Erklärung ausbitten. Nicht nur das Vaterland, sondern auch das Publicum hat ein Recht dazu.

Wie ich aber heut nur zu den Philosophen komme! Die Philosophie wird nicht aufkommen, wenn nicht die Restauration wieder eintritt; die Restauration tritt aber nicht ein, und sollten wir leeres Papier statt Journale verkaufen. Käm’ es aber doch noch zu einem Flor der deutschen Philosophie, so wollt’ ich den Hegelianern in die Flanken fallen, aber nur zum Spaß. Die Hegelschen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0177" n="164"/>
mißfällt die letztere, so ist jener völlig verloren, statt daß umgekehrt die Wahrheit die Schwäche ihres Organs entschuldigen sollte. Zu den preußischen Liberalen rechnet man Juden, als äußerste Linke, den Handelsstand als Centrum, die gemäßigtsten sind junge Beamte, Juristen und einige vom Militair. Hegel gehört in diese Kategorie; nicht so sehr durch sich selbst, als durch seine Schüler. Obschon Raumer von ihm ziemlich entfernt stand, so kann man doch sagen, daß Hegel die Doctrin des preußischen Liberalismus mit Ueberzeugung in seiner Art <hi rendition="#aq">a priori</hi> construirte, Raumer übersetzt sie ins Altpreußische, Gans ins Französische. Dem Letztern magst Du vorläufig ankündigen, das ausländische Deutschland würd&#x2019; an ihn eine Adresse richten, und sich über seine Stellung zu den politischen Ansichten seines Meisters eine Erklärung ausbitten. Nicht nur das Vaterland, sondern auch das Publicum hat ein Recht dazu.</p>
        <p>Wie ich aber heut nur zu den Philosophen komme! Die Philosophie wird nicht aufkommen, wenn nicht die Restauration wieder eintritt; die Restauration tritt aber nicht ein, und sollten wir leeres Papier statt Journale verkaufen. Käm&#x2019; es aber doch noch zu einem Flor der deutschen Philosophie, so wollt&#x2019; ich den Hegelianern in die Flanken fallen, aber nur zum Spaß. Die Hegelschen
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[164/0177] mißfällt die letztere, so ist jener völlig verloren, statt daß umgekehrt die Wahrheit die Schwäche ihres Organs entschuldigen sollte. Zu den preußischen Liberalen rechnet man Juden, als äußerste Linke, den Handelsstand als Centrum, die gemäßigtsten sind junge Beamte, Juristen und einige vom Militair. Hegel gehört in diese Kategorie; nicht so sehr durch sich selbst, als durch seine Schüler. Obschon Raumer von ihm ziemlich entfernt stand, so kann man doch sagen, daß Hegel die Doctrin des preußischen Liberalismus mit Ueberzeugung in seiner Art a priori construirte, Raumer übersetzt sie ins Altpreußische, Gans ins Französische. Dem Letztern magst Du vorläufig ankündigen, das ausländische Deutschland würd’ an ihn eine Adresse richten, und sich über seine Stellung zu den politischen Ansichten seines Meisters eine Erklärung ausbitten. Nicht nur das Vaterland, sondern auch das Publicum hat ein Recht dazu. Wie ich aber heut nur zu den Philosophen komme! Die Philosophie wird nicht aufkommen, wenn nicht die Restauration wieder eintritt; die Restauration tritt aber nicht ein, und sollten wir leeres Papier statt Journale verkaufen. Käm’ es aber doch noch zu einem Flor der deutschen Philosophie, so wollt’ ich den Hegelianern in die Flanken fallen, aber nur zum Spaß. Die Hegelschen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax des Gutzkow Editionsprojekts. (2013-07-01T14:33:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus dem Gutzkow Editionsprojekt entsprechen muss.
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-07-01T14:33:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung vom Markup des Gutzkow Editionsprojekts nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-07-01T14:33:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Gutzkow Editionsprojekt:Editionsprinzipien
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Zeilenumbrüche innerhalb eines Absatzes werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Anmerkungen und Erläuterungen der Herausgeber der Gutzkow-Edition sind im XML mit <ref target="[Ziel]">...</ref> wiedergegeben. [Ziel] benennt die HTM-Datei und den Abschnitt der jeweiligen Erläuterung auf den Seiten des Gutzkow-Editionsprojekts.
  • Druckfehler und andere Fehler der Vorlage wurden in der Transkription behoben. Zu den hierbei vorgenommenen Textänderungen und zu problematischen Textstellen siehe Abschnitt 2.1.1: Textänderungen auf den Seiten des Gutzkow-Editionsprojekts.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/177
Zitationshilfe: [Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/177>, abgerufen am 18.05.2024.