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[Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.

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sucht' ich Dir die Pforten dieser Welt zu öffnen, Du hast mich aber nie verstehen wollen.

Warst Du mir nicht zur Seite, als Cäsar sein Haupt mit dem blutigen Mantel verhüllte? Drückt ich da nicht die Erinnerung an jene obigen Sätze Deiner Hand mit solcher Todeskälte ein, daß Du mich mit einem Marmorblick, in dem eben eine Perle erfrieren wollte, anstiertest? Ich riß Dich ja mit Sturmeswehen an die Säule des Pompejus hin, schüttete auf das Piedestal Tausende von Münzen, wie einen Berg, auf, und bewies Dir an den ausgeglätteten, verwischten Kaiser- und Königsbildern, was die Menschen Ruhm, was ihre Eitelkeit Verdienste nenne. Auf die noch blutbefleckten Steinstufen zog ich Dich nieder, schlang meinen Arm um die Mondhelle Deines Halses, drückte die Hand auf Deinen schwellenden Busen, weinte Thränen in Deinen Schooß, wie Wasser über Meeresgrund; dabei bliebst Du stumm, hobst mich nicht auf, strichst mir nicht die feuchten Locken von der trüben Stirn, neigtest Dich nicht zum Kusse herab. Dafür umschlangst Du jede Statue, küßtest jedes Schwert, wenn es vom Blut erschlagener Krieger rauchte, warfst mir sogar mit einer eigenen Klugheit meine Sentimentalität vor. Ich verzweifelte über Deine Verblendung.

sucht’ ich Dir die Pforten dieser Welt zu öffnen, Du hast mich aber nie verstehen wollen.

Warst Du mir nicht zur Seite, als Cäsar sein Haupt mit dem blutigen Mantel verhüllte? Drückt ich da nicht die Erinnerung an jene obigen Sätze Deiner Hand mit solcher Todeskälte ein, daß Du mich mit einem Marmorblick, in dem eben eine Perle erfrieren wollte, anstiertest? Ich riß Dich ja mit Sturmeswehen an die Säule des Pompejus hin, schüttete auf das Piedestal Tausende von Münzen, wie einen Berg, auf, und bewies Dir an den ausgeglätteten, verwischten Kaiser- und Königsbildern, was die Menschen Ruhm, was ihre Eitelkeit Verdienste nenne. Auf die noch blutbefleckten Steinstufen zog ich Dich nieder, schlang meinen Arm um die Mondhelle Deines Halses, drückte die Hand auf Deinen schwellenden Busen, weinte Thränen in Deinen Schooß, wie Wasser über Meeresgrund; dabei bliebst Du stumm, hobst mich nicht auf, strichst mir nicht die feuchten Locken von der trüben Stirn, neigtest Dich nicht zum Kusse herab. Dafür umschlangst Du jede Statue, küßtest jedes Schwert, wenn es vom Blut erschlagener Krieger rauchte, warfst mir sogar mit einer eigenen Klugheit meine Sentimentalität vor. Ich verzweifelte über Deine Verblendung.

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[139/0152] sucht’ ich Dir die Pforten dieser Welt zu öffnen, Du hast mich aber nie verstehen wollen. Warst Du mir nicht zur Seite, als Cäsar sein Haupt mit dem blutigen Mantel verhüllte? Drückt ich da nicht die Erinnerung an jene obigen Sätze Deiner Hand mit solcher Todeskälte ein, daß Du mich mit einem Marmorblick, in dem eben eine Perle erfrieren wollte, anstiertest? Ich riß Dich ja mit Sturmeswehen an die Säule des Pompejus hin, schüttete auf das Piedestal Tausende von Münzen, wie einen Berg, auf, und bewies Dir an den ausgeglätteten, verwischten Kaiser- und Königsbildern, was die Menschen Ruhm, was ihre Eitelkeit Verdienste nenne. Auf die noch blutbefleckten Steinstufen zog ich Dich nieder, schlang meinen Arm um die Mondhelle Deines Halses, drückte die Hand auf Deinen schwellenden Busen, weinte Thränen in Deinen Schooß, wie Wasser über Meeresgrund; dabei bliebst Du stumm, hobst mich nicht auf, strichst mir nicht die feuchten Locken von der trüben Stirn, neigtest Dich nicht zum Kusse herab. Dafür umschlangst Du jede Statue, küßtest jedes Schwert, wenn es vom Blut erschlagener Krieger rauchte, warfst mir sogar mit einer eigenen Klugheit meine Sentimentalität vor. Ich verzweifelte über Deine Verblendung.

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Zitationshilfe: [Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/152>, abgerufen am 18.05.2024.