[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.blickte, aus dem klaren Grunde der Wellenlinien Deines unübertrefflichen Angesichts köstlichere Perlen über Schönheit und Anmuth hole, als aus den Systemen der Weltweisen. Die Wahrheit ist immer so indiscret, mit den Fingern zu zeigen. Man muß sie mitten auf den Weg legen, damit Jedermann darüber fällt. Meine Beste, so sehr ich die Forderungen achte, die Deine Schwestern an die Welt machen, so sollen doch die Scribenten nicht nur Menschen, sondern auch Männer sein. Das Gaukeln und Schmetterlingswesen, das sie bis jetzt immer verhindert hat, den gehaltenen Ton des Ernstes anzustimmen, sollen sie mit Würde und Adel vertauschen. Nicht mit den Ansichten der Partei kämpfen wir allein -- Du natürlich immer mit -- sondern mit dem unredlichen Willen, mit der Untreue auf die Dauer eines Kampfes, mit der Dummheit, die sie bei aller Klugheit nicht verbergen können. Wenn man Männer zum Kampfe ruft, so stellen sich nur Dichter, Schriftgelehrte, Erzieher, Philosophen. Unter ihnen vergißt ein Jeder über eine Welt die des Andern. Mit Recht; denn Alle stehen sie an Oertern, wo sie nicht hin gehören. Der Dichter verehrt den Katholicismus, weil er ohne ihn nicht Dichter sein kann. Der Philosoph verwirft ihn, weil ihm sonst die Nothwendig- blickte, aus dem klaren Grunde der Wellenlinien Deines unübertrefflichen Angesichts köstlichere Perlen über Schönheit und Anmuth hole, als aus den Systemen der Weltweisen. Die Wahrheit ist immer so indiscret, mit den Fingern zu zeigen. Man muß sie mitten auf den Weg legen, damit Jedermann darüber fällt. Meine Beste, so sehr ich die Forderungen achte, die Deine Schwestern an die Welt machen, so sollen doch die Scribenten nicht nur Menschen, sondern auch Männer sein. Das Gaukeln und Schmetterlingswesen, das sie bis jetzt immer verhindert hat, den gehaltenen Ton des Ernstes anzustimmen, sollen sie mit Würde und Adel vertauschen. Nicht mit den Ansichten der Partei kämpfen wir allein — Du natürlich immer mit — sondern mit dem unredlichen Willen, mit der Untreue auf die Dauer eines Kampfes, mit der Dummheit, die sie bei aller Klugheit nicht verbergen können. Wenn man Männer zum Kampfe ruft, so stellen sich nur Dichter, Schriftgelehrte, Erzieher, Philosophen. Unter ihnen vergißt ein Jeder über eine Welt die des Andern. Mit Recht; denn Alle stehen sie an Oertern, wo sie nicht hin gehören. Der Dichter verehrt den Katholicismus, weil er ohne ihn nicht Dichter sein kann. Der Philosoph verwirft ihn, weil ihm sonst die Nothwendig- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0143" n="130"/> blickte, aus dem klaren Grunde der Wellenlinien Deines unübertrefflichen Angesichts köstlichere Perlen über Schönheit und Anmuth hole, als aus den Systemen der Weltweisen.</p> <p>Die Wahrheit ist immer so indiscret, mit den Fingern zu zeigen. Man muß sie mitten auf den Weg legen, damit Jedermann darüber fällt. Meine Beste, so sehr ich die Forderungen achte, die Deine Schwestern an die Welt machen, so sollen doch die Scribenten nicht nur Menschen, sondern auch Männer sein. Das Gaukeln und Schmetterlingswesen, das sie bis jetzt immer verhindert hat, den gehaltenen Ton des Ernstes anzustimmen, sollen sie mit Würde und Adel vertauschen. Nicht mit den Ansichten der Partei kämpfen wir allein — Du natürlich immer mit — sondern mit dem unredlichen Willen, mit der Untreue auf die Dauer eines Kampfes, mit der Dummheit, die sie bei aller Klugheit nicht verbergen können.</p> <p>Wenn man Männer zum Kampfe ruft, so stellen sich nur Dichter, Schriftgelehrte, Erzieher, Philosophen. Unter ihnen vergißt ein Jeder über eine Welt die des Andern. Mit Recht; denn Alle stehen sie an Oertern, wo sie nicht hin gehören. Der Dichter verehrt den Katholicismus, weil er ohne ihn nicht Dichter sein kann. Der Philosoph verwirft ihn, weil ihm sonst die Nothwendig- </p> </div> </body> </text> </TEI> [130/0143]
blickte, aus dem klaren Grunde der Wellenlinien Deines unübertrefflichen Angesichts köstlichere Perlen über Schönheit und Anmuth hole, als aus den Systemen der Weltweisen.
Die Wahrheit ist immer so indiscret, mit den Fingern zu zeigen. Man muß sie mitten auf den Weg legen, damit Jedermann darüber fällt. Meine Beste, so sehr ich die Forderungen achte, die Deine Schwestern an die Welt machen, so sollen doch die Scribenten nicht nur Menschen, sondern auch Männer sein. Das Gaukeln und Schmetterlingswesen, das sie bis jetzt immer verhindert hat, den gehaltenen Ton des Ernstes anzustimmen, sollen sie mit Würde und Adel vertauschen. Nicht mit den Ansichten der Partei kämpfen wir allein — Du natürlich immer mit — sondern mit dem unredlichen Willen, mit der Untreue auf die Dauer eines Kampfes, mit der Dummheit, die sie bei aller Klugheit nicht verbergen können.
Wenn man Männer zum Kampfe ruft, so stellen sich nur Dichter, Schriftgelehrte, Erzieher, Philosophen. Unter ihnen vergißt ein Jeder über eine Welt die des Andern. Mit Recht; denn Alle stehen sie an Oertern, wo sie nicht hin gehören. Der Dichter verehrt den Katholicismus, weil er ohne ihn nicht Dichter sein kann. Der Philosoph verwirft ihn, weil ihm sonst die Nothwendig-
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Zitationshilfe: | [Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/143>, abgerufen am 16.02.2025. |