[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.gläubigen oder ungläubigen Zuhörer wenigstens artige Legenden von gebratenen, geschundenen, in der Luft schwebenden Heiligen, oder auch von aufgeklärteren Lehrern ganz nützliche Beiträge für den moralischen Hausbedarf, Alles leichte und verdauliche Speise; wie es kommt, so geht es, und was zurückbleibt, ist unschädlich. Aber bei uns wollen sie tiefer gehen. Die Kirche soll eine Lehranstalt für das ganze Leben werden, ewiges Singen und Beten, Loben und Preisen der göttlichen Gnade und Barmherzigkeit. Wenn Du des Morgens aufstehst, so reinige und segne Dich, und gehe mit freudigem Muth an Dein Tagewerk. Vor und nach Tische danke Gott für seine Gaben, die wir von ihm empfangen haben, gehe dann wieder an Deine Arbeit, lege Dich unter Gebet zur Ruhe nieder, dann schläfst Du sicher vor dem Teufel, der wie ein brüllender Löwe Dich umgeht, und droht Dich zu verschlingen. Nun wird aber diese verhimmelte Ruhe durch viele irdische Einflüsse gestört. Weib und Kind wollen Brod, der Staat will seine Abgaben haben. Hochmuth und Hoffahrt sind die anstoßenden Kräfte des alltäglichen Lebens, wie soll man ihnen begegnen? wie aus dem Wege gehen? wie ihre unterdrückenden Aeußerungen ertragen? Man hält seine Zeitung. Erdbeben, Pestilenz, Zeichen am Himmel, ein neuer Komet. gläubigen oder ungläubigen Zuhörer wenigstens artige Legenden von gebratenen, geschundenen, in der Luft schwebenden Heiligen, oder auch von aufgeklärteren Lehrern ganz nützliche Beiträge für den moralischen Hausbedarf, Alles leichte und verdauliche Speise; wie es kommt, so geht es, und was zurückbleibt, ist unschädlich. Aber bei uns wollen sie tiefer gehen. Die Kirche soll eine Lehranstalt für das ganze Leben werden, ewiges Singen und Beten, Loben und Preisen der göttlichen Gnade und Barmherzigkeit. Wenn Du des Morgens aufstehst, so reinige und segne Dich, und gehe mit freudigem Muth an Dein Tagewerk. Vor und nach Tische danke Gott für seine Gaben, die wir von ihm empfangen haben, gehe dann wieder an Deine Arbeit, lege Dich unter Gebet zur Ruhe nieder, dann schläfst Du sicher vor dem Teufel, der wie ein brüllender Löwe Dich umgeht, und droht Dich zu verschlingen. Nun wird aber diese verhimmelte Ruhe durch viele irdische Einflüsse gestört. Weib und Kind wollen Brod, der Staat will seine Abgaben haben. Hochmuth und Hoffahrt sind die anstoßenden Kräfte des alltäglichen Lebens, wie soll man ihnen begegnen? wie aus dem Wege gehen? wie ihre unterdrückenden Aeußerungen ertragen? Man hält seine Zeitung. Erdbeben, Pestilenz, Zeichen am Himmel, ein neuer Komet. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0114" n="101"/> gläubigen oder ungläubigen Zuhörer wenigstens artige Legenden von gebratenen, geschundenen, in der Luft schwebenden Heiligen, oder auch von aufgeklärteren Lehrern ganz nützliche Beiträge für den moralischen Hausbedarf, Alles leichte und verdauliche Speise; wie es kommt, so geht es, und was zurückbleibt, ist unschädlich. Aber bei uns wollen sie tiefer gehen. Die Kirche soll eine Lehranstalt für das ganze Leben werden, ewiges Singen und Beten, Loben und Preisen der göttlichen Gnade und Barmherzigkeit. Wenn Du des Morgens aufstehst, so reinige und segne Dich, und gehe mit freudigem Muth an Dein Tagewerk. Vor und nach Tische danke Gott für seine Gaben, die wir von ihm empfangen haben, gehe dann wieder an Deine Arbeit, lege Dich unter Gebet zur Ruhe nieder, dann schläfst Du sicher vor dem Teufel, der wie ein brüllender Löwe Dich umgeht, und droht Dich zu verschlingen. Nun wird aber diese verhimmelte Ruhe durch viele irdische Einflüsse gestört. Weib und Kind wollen Brod, der Staat will seine Abgaben haben. Hochmuth und Hoffahrt sind die anstoßenden Kräfte des alltäglichen Lebens, wie soll man ihnen begegnen? wie aus dem Wege gehen? wie ihre unterdrückenden Aeußerungen ertragen? Man hält seine Zeitung. Erdbeben, Pestilenz, Zeichen am Himmel, ein neuer Komet. </p> </div> </body> </text> </TEI> [101/0114]
gläubigen oder ungläubigen Zuhörer wenigstens artige Legenden von gebratenen, geschundenen, in der Luft schwebenden Heiligen, oder auch von aufgeklärteren Lehrern ganz nützliche Beiträge für den moralischen Hausbedarf, Alles leichte und verdauliche Speise; wie es kommt, so geht es, und was zurückbleibt, ist unschädlich. Aber bei uns wollen sie tiefer gehen. Die Kirche soll eine Lehranstalt für das ganze Leben werden, ewiges Singen und Beten, Loben und Preisen der göttlichen Gnade und Barmherzigkeit. Wenn Du des Morgens aufstehst, so reinige und segne Dich, und gehe mit freudigem Muth an Dein Tagewerk. Vor und nach Tische danke Gott für seine Gaben, die wir von ihm empfangen haben, gehe dann wieder an Deine Arbeit, lege Dich unter Gebet zur Ruhe nieder, dann schläfst Du sicher vor dem Teufel, der wie ein brüllender Löwe Dich umgeht, und droht Dich zu verschlingen. Nun wird aber diese verhimmelte Ruhe durch viele irdische Einflüsse gestört. Weib und Kind wollen Brod, der Staat will seine Abgaben haben. Hochmuth und Hoffahrt sind die anstoßenden Kräfte des alltäglichen Lebens, wie soll man ihnen begegnen? wie aus dem Wege gehen? wie ihre unterdrückenden Aeußerungen ertragen? Man hält seine Zeitung. Erdbeben, Pestilenz, Zeichen am Himmel, ein neuer Komet.
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Zitationshilfe: | [Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/114>, abgerufen am 16.02.2025. |