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[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.

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lichkeit einer Einführung seiner Verfassungsformen gedacht habe. Sollt' er von jenem Worte Ahnung gehabt haben, das ich aus eines berlinischen Universitätsprofessoren eignem Munde vernahm: überhaupt gäb' es nur zwei Staatsformen; die eine sei durch Preußen und Plato's Republik, die andere durch das andere Zeug erklärt?

In dieser Republik ist vom Volke gerade so viel gesagt, als von Solchen besagt werden kann, die auf einen ruhigen Genuß des Daseins, auf die kleinen Freuden der Familie, auf die nothwendigen Prüfungen, die Gott über seine duldigen und schuldigen Geschöpfe verhängen muß, angewiesen sind. Wie auf einem Bühnenzettel stehen oben die Civil- und Militair-personen ersten und zweiten Ranges, und dann unten erst die unbestimmte Allgemeinheit des dritten Standes, Volk, Arbeitende genannt. Die ersten Classen sind solche, denen wie dem Steffens'schen Adel das Genießen ihre Arbeit ist, den Letzteren ist ihre Arbeit zugleich Genuß. Die Bureaukratie und der Militairdespotismus ist da nicht nur kein nothwendiges Uebel, sondern wird sogar durch Unterricht und Erziehung, und durch alle Prüfungs- und Läuterungsgrade hiedurch zum eigentlichsten Narren des Staatslebens gemacht. Das höhere Band des Organismus soll in der festen Bestimmung und

lichkeit einer Einführung seiner Verfassungsformen gedacht habe. Sollt’ er von jenem Worte Ahnung gehabt haben, das ich aus eines berlinischen Universitätsprofessoren eignem Munde vernahm: überhaupt gäb’ es nur zwei Staatsformen; die eine sei durch Preußen und Plato’s Republik, die andere durch das andere Zeug erklärt?

In dieser Republik ist vom Volke gerade so viel gesagt, als von Solchen besagt werden kann, die auf einen ruhigen Genuß des Daseins, auf die kleinen Freuden der Familie, auf die nothwendigen Prüfungen, die Gott über seine duldigen und schuldigen Geschöpfe verhängen muß, angewiesen sind. Wie auf einem Bühnenzettel stehen oben die Civil- und Militair-personen ersten und zweiten Ranges, und dann unten erst die unbestimmte Allgemeinheit des dritten Standes, Volk, Arbeitende genannt. Die ersten Classen sind solche, denen wie dem Steffens’schen Adel das Genießen ihre Arbeit ist, den Letzteren ist ihre Arbeit zugleich Genuß. Die Bureaukratie und der Militairdespotismus ist da nicht nur kein nothwendiges Uebel, sondern wird sogar durch Unterricht und Erziehung, und durch alle Prüfungs- und Läuterungsgrade hiedurch zum eigentlichsten Narren des Staatslebens gemacht. Das höhere Band des Organismus soll in der festen Bestimmung und

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[90/0103] lichkeit einer Einführung seiner Verfassungsformen gedacht habe. Sollt’ er von jenem Worte Ahnung gehabt haben, das ich aus eines berlinischen Universitätsprofessoren eignem Munde vernahm: überhaupt gäb’ es nur zwei Staatsformen; die eine sei durch Preußen und Plato’s Republik, die andere durch das andere Zeug erklärt? In dieser Republik ist vom Volke gerade so viel gesagt, als von Solchen besagt werden kann, die auf einen ruhigen Genuß des Daseins, auf die kleinen Freuden der Familie, auf die nothwendigen Prüfungen, die Gott über seine duldigen und schuldigen Geschöpfe verhängen muß, angewiesen sind. Wie auf einem Bühnenzettel stehen oben die Civil- und Militair-personen ersten und zweiten Ranges, und dann unten erst die unbestimmte Allgemeinheit des dritten Standes, Volk, Arbeitende genannt. Die ersten Classen sind solche, denen wie dem Steffens’schen Adel das Genießen ihre Arbeit ist, den Letzteren ist ihre Arbeit zugleich Genuß. Die Bureaukratie und der Militairdespotismus ist da nicht nur kein nothwendiges Uebel, sondern wird sogar durch Unterricht und Erziehung, und durch alle Prüfungs- und Läuterungsgrade hiedurch zum eigentlichsten Narren des Staatslebens gemacht. Das höhere Band des Organismus soll in der festen Bestimmung und

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Zitationshilfe: [Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/103>, abgerufen am 22.11.2024.