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Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.

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Chateaubriand.
chen Kreuzzuge gegen die muselmännische und jakobini¬
sche Partei seines Vaterlandes.

Schon damals ging er weiter, als Louis XVIII.
verantworten konnte. Seine Vorschläge waren so un¬
praktisch, seine Erläuterungen der Charte so unzwei¬
deutig, sein Zweifel an der Charte sogar so imperti¬
nent, daß ihn Louis aus den Pairs strich, und fürch¬
terlich beungnadigte, Louis XVIII., der die Charte
selbst verfaßt hatte, und darauf eitel war, wie ein jun¬
ger Mensch auf sein erstes Gedicht, Louis XVIII.,
der mit Männern von Geist und Celebrität wetteiferte,
und niemals gegen Chateaubriand eine Art Neid un¬
terdrücken konnte.

Der Pavillon Marsan griff den fallenden auf.
Chateaubriand theilte die Fortschritte dieser ultraroya¬
listischen Camarilla, kämpfte zu ihren Gunsten gegen
Decazes und brachte es zuletzt, besonders seitdem er an
die Wiege des Kindes von Frankreich mit seinem wun¬
derthätigen Wasser herangetreten war, und über den
Herzog von Berry eine Biographie wie über den hei¬
ligen Georg geschrieben hatte, wieder so weit, daß man
ihm den Berliner Gesandschaftsposten anvertraute.

Hätte ich damals von Frankreich schon mehr ge¬

Chateaubriand.
chen Kreuzzuge gegen die muſelmaͤnniſche und jakobini¬
ſche Partei ſeines Vaterlandes.

Schon damals ging er weiter, als Louis XVIII.
verantworten konnte. Seine Vorſchlaͤge waren ſo un¬
praktiſch, ſeine Erlaͤuterungen der Charte ſo unzwei¬
deutig, ſein Zweifel an der Charte ſogar ſo imperti¬
nent, daß ihn Louis aus den Pairs ſtrich, und fuͤrch¬
terlich beungnadigte, Louis XVIII., der die Charte
ſelbſt verfaßt hatte, und darauf eitel war, wie ein jun¬
ger Menſch auf ſein erſtes Gedicht, Louis XVIII.,
der mit Maͤnnern von Geiſt und Celebritaͤt wetteiferte,
und niemals gegen Chateaubriand eine Art Neid un¬
terdruͤcken konnte.

Der Pavillon Marſan griff den fallenden auf.
Chateaubriand theilte die Fortſchritte dieſer ultraroya¬
liſtiſchen Camarilla, kaͤmpfte zu ihren Gunſten gegen
Decazes und brachte es zuletzt, beſonders ſeitdem er an
die Wiege des Kindes von Frankreich mit ſeinem wun¬
derthaͤtigen Waſſer herangetreten war, und uͤber den
Herzog von Berry eine Biographie wie uͤber den hei¬
ligen Georg geſchrieben hatte, wieder ſo weit, daß man
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[75/0093] Chateaubriand. chen Kreuzzuge gegen die muſelmaͤnniſche und jakobini¬ ſche Partei ſeines Vaterlandes. Schon damals ging er weiter, als Louis XVIII. verantworten konnte. Seine Vorſchlaͤge waren ſo un¬ praktiſch, ſeine Erlaͤuterungen der Charte ſo unzwei¬ deutig, ſein Zweifel an der Charte ſogar ſo imperti¬ nent, daß ihn Louis aus den Pairs ſtrich, und fuͤrch¬ terlich beungnadigte, Louis XVIII., der die Charte ſelbſt verfaßt hatte, und darauf eitel war, wie ein jun¬ ger Menſch auf ſein erſtes Gedicht, Louis XVIII., der mit Maͤnnern von Geiſt und Celebritaͤt wetteiferte, und niemals gegen Chateaubriand eine Art Neid un¬ terdruͤcken konnte. Der Pavillon Marſan griff den fallenden auf. Chateaubriand theilte die Fortſchritte dieſer ultraroya¬ liſtiſchen Camarilla, kaͤmpfte zu ihren Gunſten gegen Decazes und brachte es zuletzt, beſonders ſeitdem er an die Wiege des Kindes von Frankreich mit ſeinem wun¬ derthaͤtigen Waſſer herangetreten war, und uͤber den Herzog von Berry eine Biographie wie uͤber den hei¬ ligen Georg geſchrieben hatte, wieder ſo weit, daß man ihm den Berliner Geſandſchaftspoſten anvertraute. Haͤtte ich damals von Frankreich ſchon mehr ge¬

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/93>, abgerufen am 25.11.2024.