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Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.

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Chateaubriand.

Dies währte einige Zeit, bis ihm der Zufall eine
zerrissene englische Zeitung brachte. Er las hier von der
Flucht nach Varennes, und leider brach das zerrissene
Stück da ab, wo das Interessanteste kommen sollte. Die
Neugier, vielleicht auch die Stimme der Ehre, trieben
ihn an, das Vaterland wieder aufzusuchen. Er sagte
den Urwäldern, den schlummernden Krokodilen, den
Atalas und Chaktas, allen den gefühlvollen, nach den
Grundsätzen der Frau v. Genlis erzogenen Indianern
Lebewohl, und schiffte sich in die Heimath ein.

Ach! er traf Paris in einer beklagenswerthen Ver¬
fassung! Was gab es hier nicht Alles zu thun für ei¬
nen jungen Mann! Chateaubriand versprach auch, Hand
an's Werk zu legen, aber erst mußte er sich verheira¬
then. Er war aber gerade nur so lange sicher in Pa¬
ris, als er brauchte, um den Schäfer zu spielen; dann
floh er nach Brüssel zu der confederation noble et
irresistible,
die sich selbst den noch "gesunden Theil
der Nation" in ihren Proklamationen nannte.

Chateaubriand aber war im Gegentheil fortwährend
krank; er fristete elend ein kaum mehr hörbares Leben,
ermannte sich eine Zeit lang, schoß bei der Belagerung
von Thionville einigemal seine Flinte ab, kochte vor¬

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Chateaubriand.

Dies waͤhrte einige Zeit, bis ihm der Zufall eine
zerriſſene engliſche Zeitung brachte. Er las hier von der
Flucht nach Varennes, und leider brach das zerriſſene
Stuͤck da ab, wo das Intereſſanteſte kommen ſollte. Die
Neugier, vielleicht auch die Stimme der Ehre, trieben
ihn an, das Vaterland wieder aufzuſuchen. Er ſagte
den Urwaͤldern, den ſchlummernden Krokodilen, den
Atalas und Chaktas, allen den gefuͤhlvollen, nach den
Grundſaͤtzen der Frau v. Genlis erzogenen Indianern
Lebewohl, und ſchiffte ſich in die Heimath ein.

Ach! er traf Paris in einer beklagenswerthen Ver¬
faſſung! Was gab es hier nicht Alles zu thun fuͤr ei¬
nen jungen Mann! Chateaubriand verſprach auch, Hand
an's Werk zu legen, aber erſt mußte er ſich verheira¬
then. Er war aber gerade nur ſo lange ſicher in Pa¬
ris, als er brauchte, um den Schaͤfer zu ſpielen; dann
floh er nach Bruͤſſel zu der confédération noble et
irrésistible,
die ſich ſelbſt den noch „geſunden Theil
der Nation“ in ihren Proklamationen nannte.

Chateaubriand aber war im Gegentheil fortwaͤhrend
krank; er friſtete elend ein kaum mehr hoͤrbares Leben,
ermannte ſich eine Zeit lang, ſchoß bei der Belagerung
von Thionville einigemal ſeine Flinte ab, kochte vor¬

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[67/0085] Chateaubriand. Dies waͤhrte einige Zeit, bis ihm der Zufall eine zerriſſene engliſche Zeitung brachte. Er las hier von der Flucht nach Varennes, und leider brach das zerriſſene Stuͤck da ab, wo das Intereſſanteſte kommen ſollte. Die Neugier, vielleicht auch die Stimme der Ehre, trieben ihn an, das Vaterland wieder aufzuſuchen. Er ſagte den Urwaͤldern, den ſchlummernden Krokodilen, den Atalas und Chaktas, allen den gefuͤhlvollen, nach den Grundſaͤtzen der Frau v. Genlis erzogenen Indianern Lebewohl, und ſchiffte ſich in die Heimath ein. Ach! er traf Paris in einer beklagenswerthen Ver¬ faſſung! Was gab es hier nicht Alles zu thun fuͤr ei¬ nen jungen Mann! Chateaubriand verſprach auch, Hand an's Werk zu legen, aber erſt mußte er ſich verheira¬ then. Er war aber gerade nur ſo lange ſicher in Pa¬ ris, als er brauchte, um den Schaͤfer zu ſpielen; dann floh er nach Bruͤſſel zu der confédération noble et irrésistible, die ſich ſelbſt den noch „geſunden Theil der Nation“ in ihren Proklamationen nannte. Chateaubriand aber war im Gegentheil fortwaͤhrend krank; er friſtete elend ein kaum mehr hoͤrbares Leben, ermannte ſich eine Zeit lang, ſchoß bei der Belagerung von Thionville einigemal ſeine Flinte ab, kochte vor¬ 5 *

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/85>, abgerufen am 24.11.2024.