Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Martinez de la Rosa.
den Dichter als Minister in Verlegenheit setzte, geht
Martinez in der Verehrung des französischen Theaters
sogar noch weiter. Er verschmäht nicht mehr den
Pomp und die Kunst der Scenerie, er füllt einen gan¬
zen Akt mit Schaustücken der Art, von denen Schle¬
gel sagt, sie würden ihm gefallen, wenn nicht Worte
dabei wären. Und nun ich Schlegel nenne, so wolle
man wissen, daß Martinez de la Rosa auch diesen
kannte, und ihn öffentlich einer geringen Kenntniß des
spanischen Thearers bezüchtigt hat. Es thut mir leid,
hievon Erwähnung thun zu müssen. Inzwischen zogen
sich nach dem Jahre 1829 durch eine Heirath einige
Wolken von dem spanischen Horizonte weg. Die
Herrschaft des Beichtstuhls wurde durch die des Alko¬
vens zerstört. Ferdinand stürzte durch demagogische Um¬
triebe das falsche Gesetz, und er sah sich nach Men¬
schen um, die seine Handlungen billigten. Die Erbit¬
terung gegen die Emigranten legte sich, und die am
wenigsten kompromittirt waren, durften es in Hoff¬
nung der allgemeinen Amnestie wagen, über die Pyre¬
näen zurückzukehren. Ferdinand hatte wie Karl V.,
aber wider Willen, bei Lebzeiten schon seine Exequien
gehalten, er hörte mit scheintodtem Ohre, wie ihn Ca¬
lomarde an Karl verrieth, wie man sich in die Herr¬

Martinez de la Roſa.
den Dichter als Miniſter in Verlegenheit ſetzte, geht
Martinez in der Verehrung des franzoͤſiſchen Theaters
ſogar noch weiter. Er verſchmaͤht nicht mehr den
Pomp und die Kunſt der Scenerie, er fuͤllt einen gan¬
zen Akt mit Schauſtuͤcken der Art, von denen Schle¬
gel ſagt, ſie wuͤrden ihm gefallen, wenn nicht Worte
dabei waͤren. Und nun ich Schlegel nenne, ſo wolle
man wiſſen, daß Martinez de la Roſa auch dieſen
kannte, und ihn oͤffentlich einer geringen Kenntniß des
ſpaniſchen Thearers bezuͤchtigt hat. Es thut mir leid,
hievon Erwaͤhnung thun zu muͤſſen. Inzwiſchen zogen
ſich nach dem Jahre 1829 durch eine Heirath einige
Wolken von dem ſpaniſchen Horizonte weg. Die
Herrſchaft des Beichtſtuhls wurde durch die des Alko¬
vens zerſtoͤrt. Ferdinand ſtuͤrzte durch demagogiſche Um¬
triebe das falſche Geſetz, und er ſah ſich nach Men¬
ſchen um, die ſeine Handlungen billigten. Die Erbit¬
terung gegen die Emigranten legte ſich, und die am
wenigſten kompromittirt waren, durften es in Hoff¬
nung der allgemeinen Amneſtie wagen, uͤber die Pyre¬
naͤen zuruͤckzukehren. Ferdinand hatte wie Karl V.,
aber wider Willen, bei Lebzeiten ſchon ſeine Exequien
gehalten, er hoͤrte mit ſcheintodtem Ohre, wie ihn Ca¬
lomarde an Karl verrieth, wie man ſich in die Herr¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0064" n="46"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Martinez de la Ro&#x017F;a</hi>.<lb/></fw>den Dichter als Mini&#x017F;ter in Verlegenheit &#x017F;etzte, geht<lb/>
Martinez in der Verehrung des franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Theaters<lb/>
&#x017F;ogar noch weiter. Er ver&#x017F;chma&#x0364;ht nicht mehr den<lb/>
Pomp und die Kun&#x017F;t der Scenerie, er fu&#x0364;llt einen gan¬<lb/>
zen Akt mit Schau&#x017F;tu&#x0364;cken der Art, von denen Schle¬<lb/>
gel &#x017F;agt, &#x017F;ie wu&#x0364;rden ihm gefallen, wenn nicht Worte<lb/>
dabei wa&#x0364;ren. Und nun ich Schlegel nenne, &#x017F;o wolle<lb/>
man wi&#x017F;&#x017F;en, daß Martinez de la Ro&#x017F;a auch die&#x017F;en<lb/>
kannte, und ihn o&#x0364;ffentlich einer geringen Kenntniß des<lb/>
&#x017F;pani&#x017F;chen Thearers bezu&#x0364;chtigt hat. Es thut mir leid,<lb/>
hievon Erwa&#x0364;hnung thun zu mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Inzwi&#x017F;chen zogen<lb/>
&#x017F;ich nach dem Jahre 1829 durch eine Heirath einige<lb/>
Wolken von dem &#x017F;pani&#x017F;chen Horizonte weg. Die<lb/>
Herr&#x017F;chaft des Beicht&#x017F;tuhls wurde durch die des Alko¬<lb/>
vens zer&#x017F;to&#x0364;rt. Ferdinand &#x017F;tu&#x0364;rzte durch demagogi&#x017F;che Um¬<lb/>
triebe das fal&#x017F;che Ge&#x017F;etz, und er &#x017F;ah &#x017F;ich nach Men¬<lb/>
&#x017F;chen um, die &#x017F;eine Handlungen billigten. Die Erbit¬<lb/>
terung gegen die Emigranten legte &#x017F;ich, und die am<lb/>
wenig&#x017F;ten kompromittirt waren, durften es in Hoff¬<lb/>
nung der allgemeinen Amne&#x017F;tie wagen, u&#x0364;ber die Pyre¬<lb/>
na&#x0364;en zuru&#x0364;ckzukehren. Ferdinand hatte wie Karl <hi rendition="#aq">V</hi>.,<lb/>
aber wider Willen, bei Lebzeiten &#x017F;chon &#x017F;eine Exequien<lb/>
gehalten, er ho&#x0364;rte mit &#x017F;cheintodtem Ohre, wie ihn Ca¬<lb/>
lomarde an Karl verrieth, wie man &#x017F;ich in die Herr¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[46/0064] Martinez de la Roſa. den Dichter als Miniſter in Verlegenheit ſetzte, geht Martinez in der Verehrung des franzoͤſiſchen Theaters ſogar noch weiter. Er verſchmaͤht nicht mehr den Pomp und die Kunſt der Scenerie, er fuͤllt einen gan¬ zen Akt mit Schauſtuͤcken der Art, von denen Schle¬ gel ſagt, ſie wuͤrden ihm gefallen, wenn nicht Worte dabei waͤren. Und nun ich Schlegel nenne, ſo wolle man wiſſen, daß Martinez de la Roſa auch dieſen kannte, und ihn oͤffentlich einer geringen Kenntniß des ſpaniſchen Thearers bezuͤchtigt hat. Es thut mir leid, hievon Erwaͤhnung thun zu muͤſſen. Inzwiſchen zogen ſich nach dem Jahre 1829 durch eine Heirath einige Wolken von dem ſpaniſchen Horizonte weg. Die Herrſchaft des Beichtſtuhls wurde durch die des Alko¬ vens zerſtoͤrt. Ferdinand ſtuͤrzte durch demagogiſche Um¬ triebe das falſche Geſetz, und er ſah ſich nach Men¬ ſchen um, die ſeine Handlungen billigten. Die Erbit¬ terung gegen die Emigranten legte ſich, und die am wenigſten kompromittirt waren, durften es in Hoff¬ nung der allgemeinen Amneſtie wagen, uͤber die Pyre¬ naͤen zuruͤckzukehren. Ferdinand hatte wie Karl V., aber wider Willen, bei Lebzeiten ſchon ſeine Exequien gehalten, er hoͤrte mit ſcheintodtem Ohre, wie ihn Ca¬ lomarde an Karl verrieth, wie man ſich in die Herr¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Ab Oktober 1834 ließ Karl Gutzkow seine als Serie… [mehr]

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/64
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/64>, abgerufen am 22.11.2024.