Wer verließe nicht gern einmal Europa, diesen Welt¬ theil mit gefurchter Stirn, Europa, den verschmachten¬ den, leberlosen Prometheus, der, angeschmiedet an die Gürtel der Welt, in seinem Haupte die Wissenschaft aller Jahrhunderte trägt, zum Spotte seiner Fesseln, Europa, diese schon veraltete Offenbarung des Weltgei¬ stes, jung nur noch in schwermüthigen Liedern, Men¬ schen erzeugend, welche statt das Leben zu genießen, schon in der Wiege daraus ein Kunstwerk machen müssen!
Allerdings hat in Europa, wo Alles verarbeitet wird, Alles den Stempel einer Fabrik trägt, wo Reli¬ gion, Wissenschaft, Kunst in tausend Benennungen und Vorwegnahmen des natürlichen Triebes versteinert sind, die Bildung der Charaktere ihre Schule aufgeschlagen; aber welche Menschen entläßt sie? Das Genie mit
Wer verließe nicht gern einmal Europa, dieſen Welt¬ theil mit gefurchter Stirn, Europa, den verſchmachten¬ den, leberloſen Prometheus, der, angeſchmiedet an die Guͤrtel der Welt, in ſeinem Haupte die Wiſſenſchaft aller Jahrhunderte traͤgt, zum Spotte ſeiner Feſſeln, Europa, dieſe ſchon veraltete Offenbarung des Weltgei¬ ſtes, jung nur noch in ſchwermuͤthigen Liedern, Men¬ ſchen erzeugend, welche ſtatt das Leben zu genießen, ſchon in der Wiege daraus ein Kunſtwerk machen muͤſſen!
Allerdings hat in Europa, wo Alles verarbeitet wird, Alles den Stempel einer Fabrik traͤgt, wo Reli¬ gion, Wiſſenſchaft, Kunſt in tauſend Benennungen und Vorwegnahmen des natuͤrlichen Triebes verſteinert ſind, die Bildung der Charaktere ihre Schule aufgeſchlagen; aber welche Menſchen entlaͤßt ſie? Das Genie mit
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[0105]
Wer verließe nicht gern einmal Europa, dieſen Welt¬
theil mit gefurchter Stirn, Europa, den verſchmachten¬
den, leberloſen Prometheus, der, angeſchmiedet an die
Guͤrtel der Welt, in ſeinem Haupte die Wiſſenſchaft
aller Jahrhunderte traͤgt, zum Spotte ſeiner Feſſeln,
Europa, dieſe ſchon veraltete Offenbarung des Weltgei¬
ſtes, jung nur noch in ſchwermuͤthigen Liedern, Men¬
ſchen erzeugend, welche ſtatt das Leben zu genießen,
ſchon in der Wiege daraus ein Kunſtwerk machen
muͤſſen!
Allerdings hat in Europa, wo Alles verarbeitet
wird, Alles den Stempel einer Fabrik traͤgt, wo Reli¬
gion, Wiſſenſchaft, Kunſt in tauſend Benennungen und
Vorwegnahmen des natuͤrlichen Triebes verſteinert ſind,
die Bildung der Charaktere ihre Schule aufgeſchlagen;
aber welche Menſchen entlaͤßt ſie? Das Genie mit
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Ab Oktober 1834 ließ Karl Gutzkow seine als Serie… [mehr]
Ab Oktober 1834 ließ Karl Gutzkow seine als Serie angelegten Reflexionen über "Öffentliche Charaktere" in der Augsburger Allgemeinen Zeitung erscheinen. In Buchform erschien ein erster Band 1835 bei Hoffmann und Campe in Hamburg. Zur Publikation der weiteren geplanten Teile kam es nicht.
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Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/105>, abgerufen am 22.11.2024.
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