Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Theaterkritiken in der Waage lesen, die er nur zum Theil in seine "Gesammelte Schriften" aufnahm; sie sind alle würdig, erhalten zu werden; denn wenn auch die Herren Heigel, Otto, Urspruch, die Damen Busch, Pazkowska vergessen sind, so ist doch die Art, wie Börne die flüchtigen Leistungen derselben fixirte, so fein, witzig und mustergebend, daß sich die Belege derselben daurend erhalten werden. Große Genien sind in ihren Schöpfungen harmlos, und was wir am meisten an ihnen bewundern, schenkte ihnen der Zufall vielleicht im Spiele.

Das Leben Börne's ist durchaus nicht reich an überraschenden Motiven. Man würde kein Melodrama daraus machen können; weit eher eine Idylle. Er bedurfte der Einsamkeit, um seinen Träumen über das Wohl des Vaterlandes nachzuhangen, er bedurfte des Umgangs weniger Menschen, weil ein Mann, dessen Leben nach innen gerichtet ist, nicht mit vollen Händen Anregungen ausstreuen, noch weniger zu viel Eindrücke in sich aufnehmen kann. Es wird sich ein reiches herrliches Seelenleben in dem nachfolgenden Gemälde vor uns ausbreiten; aber grelle Tinten, überraschende Schlagschatten erwarte man nicht! das Meiste, was Börne persönlich erlebte, gab er sich selbst; von

Theaterkritiken in der Waage lesen, die er nur zum Theil in seine „Gesammelte Schriften“ aufnahm; sie sind alle würdig, erhalten zu werden; denn wenn auch die Herren Heigel, Otto, Urspruch, die Damen Busch, Pazkowska vergessen sind, so ist doch die Art, wie Börne die flüchtigen Leistungen derselben fixirte, so fein, witzig und mustergebend, daß sich die Belege derselben daurend erhalten werden. Große Genien sind in ihren Schöpfungen harmlos, und was wir am meisten an ihnen bewundern, schenkte ihnen der Zufall vielleicht im Spiele.

Das Leben Börne’s ist durchaus nicht reich an überraschenden Motiven. Man würde kein Melodrama daraus machen können; weit eher eine Idylle. Er bedurfte der Einsamkeit, um seinen Träumen über das Wohl des Vaterlandes nachzuhangen, er bedurfte des Umgangs weniger Menschen, weil ein Mann, dessen Leben nach innen gerichtet ist, nicht mit vollen Händen Anregungen ausstreuen, noch weniger zu viel Eindrücke in sich aufnehmen kann. Es wird sich ein reiches herrliches Seelenleben in dem nachfolgenden Gemälde vor uns ausbreiten; aber grelle Tinten, überraschende Schlagschatten erwarte man nicht! das Meiste, was Börne persönlich erlebte, gab er sich selbst; von

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0058" n="16"/>
Theaterkritiken in der Waage lesen, die er nur zum Theil in seine &#x201E;Gesammelte Schriften&#x201C; aufnahm; sie sind alle würdig, erhalten zu werden; denn wenn auch die Herren Heigel, Otto, Urspruch, die Damen Busch, Pazkowska vergessen sind, so ist doch die Art, wie Börne die flüchtigen Leistungen derselben fixirte, so fein, witzig und mustergebend, daß sich die Belege derselben daurend erhalten werden. Große Genien sind in ihren Schöpfungen harmlos, und was wir am meisten an ihnen bewundern, schenkte ihnen der Zufall vielleicht im Spiele.</p>
        <p>Das Leben Börne&#x2019;s ist durchaus nicht reich an überraschenden Motiven. Man würde kein Melodrama daraus machen können; weit eher eine Idylle. Er bedurfte der Einsamkeit, um seinen Träumen über das Wohl des Vaterlandes nachzuhangen, er bedurfte des Umgangs weniger Menschen, weil ein Mann, dessen Leben nach innen gerichtet ist, nicht mit vollen Händen Anregungen ausstreuen, noch weniger zu viel Eindrücke in sich aufnehmen kann. Es wird sich ein reiches herrliches Seelenleben in dem nachfolgenden Gemälde vor uns ausbreiten; aber grelle Tinten, überraschende Schlagschatten erwarte man nicht! das Meiste, was Börne persönlich erlebte, gab er sich selbst; von
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[16/0058] Theaterkritiken in der Waage lesen, die er nur zum Theil in seine „Gesammelte Schriften“ aufnahm; sie sind alle würdig, erhalten zu werden; denn wenn auch die Herren Heigel, Otto, Urspruch, die Damen Busch, Pazkowska vergessen sind, so ist doch die Art, wie Börne die flüchtigen Leistungen derselben fixirte, so fein, witzig und mustergebend, daß sich die Belege derselben daurend erhalten werden. Große Genien sind in ihren Schöpfungen harmlos, und was wir am meisten an ihnen bewundern, schenkte ihnen der Zufall vielleicht im Spiele. Das Leben Börne’s ist durchaus nicht reich an überraschenden Motiven. Man würde kein Melodrama daraus machen können; weit eher eine Idylle. Er bedurfte der Einsamkeit, um seinen Träumen über das Wohl des Vaterlandes nachzuhangen, er bedurfte des Umgangs weniger Menschen, weil ein Mann, dessen Leben nach innen gerichtet ist, nicht mit vollen Händen Anregungen ausstreuen, noch weniger zu viel Eindrücke in sich aufnehmen kann. Es wird sich ein reiches herrliches Seelenleben in dem nachfolgenden Gemälde vor uns ausbreiten; aber grelle Tinten, überraschende Schlagschatten erwarte man nicht! das Meiste, was Börne persönlich erlebte, gab er sich selbst; von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-07-03T11:49:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-07-03T11:49:31Z)
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-07-03T11:49:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Gutzkow Editionsprojekt:Editionsprinzipien
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/58
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/58>, abgerufen am 24.11.2024.