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Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.

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nicht deshalb geschont, weil er ihn einmal gelobt, Heine nicht deshalb doch geduldet, weil dieser sich ja nach ihm gebildet hatte, er nahm weder seine Pariser Briefe noch seine Satyre auf die Schnelligkeit der Thurn- und Taxis'schen Eilwägen zurück, weder den Narren im weißen Schwan, noch einen Paragraph seines politischen Glaubensbekenntnisses, es wurde nichts bekannt von Pensionen, die er etwa bezogen hätte, im Gegentheil erfuhr man, daß er seiner Liebe zur Freiheit die uneigennützigsten Opfer zu bringen pflegte - da konnte man die Bewunderung nicht mehr zurückhalten. Unsre Zeit, so schwach! und doch war Einer stark gewesen.

Seht die einzige Art, wie man sich mit Euch versöhnen kann! Man muß nur fest bleiben in dem Unglück, das diese Welt über uns verhängt, muß nur nicht weichen links oder rechts, wenn man mit Koth beworfen wird, muß erhaben lächelnd durch Eure Irrthümer und Täuschungen, durch Eure Schwäche und Euren Eigensinn hindurchgehen; darüber erstaunt man in einem Zeitalter, wo selbst ein Talleyrand so schwach wurde, in der letzten Stunde dem Papst sein ganzes Leben abzubitten. Soll man nun an dieser Versöhnung, mit der seit Börne's Tod sein Name genannt wird, Freude haben? Soll man sagen: die Menschen sind

nicht deshalb geschont, weil er ihn einmal gelobt, Heine nicht deshalb doch geduldet, weil dieser sich ja nach ihm gebildet hatte, er nahm weder seine Pariser Briefe noch seine Satyre auf die Schnelligkeit der Thurn- und Taxis’schen Eilwägen zurück, weder den Narren im weißen Schwan, noch einen Paragraph seines politischen Glaubensbekenntnisses, es wurde nichts bekannt von Pensionen, die er etwa bezogen hätte, im Gegentheil erfuhr man, daß er seiner Liebe zur Freiheit die uneigennützigsten Opfer zu bringen pflegte – da konnte man die Bewunderung nicht mehr zurückhalten. Unsre Zeit, so schwach! und doch war Einer stark gewesen.

Seht die einzige Art, wie man sich mit Euch versöhnen kann! Man muß nur fest bleiben in dem Unglück, das diese Welt über uns verhängt, muß nur nicht weichen links oder rechts, wenn man mit Koth beworfen wird, muß erhaben lächelnd durch Eure Irrthümer und Täuschungen, durch Eure Schwäche und Euren Eigensinn hindurchgehen; darüber erstaunt man in einem Zeitalter, wo selbst ein Talleyrand so schwach wurde, in der letzten Stunde dem Papst sein ganzes Leben abzubitten. Soll man nun an dieser Versöhnung, mit der seit Börne’s Tod sein Name genannt wird, Freude haben? Soll man sagen: die Menschen sind

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[9/0051] nicht deshalb geschont, weil er ihn einmal gelobt, Heine nicht deshalb doch geduldet, weil dieser sich ja nach ihm gebildet hatte, er nahm weder seine Pariser Briefe noch seine Satyre auf die Schnelligkeit der Thurn- und Taxis’schen Eilwägen zurück, weder den Narren im weißen Schwan, noch einen Paragraph seines politischen Glaubensbekenntnisses, es wurde nichts bekannt von Pensionen, die er etwa bezogen hätte, im Gegentheil erfuhr man, daß er seiner Liebe zur Freiheit die uneigennützigsten Opfer zu bringen pflegte – da konnte man die Bewunderung nicht mehr zurückhalten. Unsre Zeit, so schwach! und doch war Einer stark gewesen. Seht die einzige Art, wie man sich mit Euch versöhnen kann! Man muß nur fest bleiben in dem Unglück, das diese Welt über uns verhängt, muß nur nicht weichen links oder rechts, wenn man mit Koth beworfen wird, muß erhaben lächelnd durch Eure Irrthümer und Täuschungen, durch Eure Schwäche und Euren Eigensinn hindurchgehen; darüber erstaunt man in einem Zeitalter, wo selbst ein Talleyrand so schwach wurde, in der letzten Stunde dem Papst sein ganzes Leben abzubitten. Soll man nun an dieser Versöhnung, mit der seit Börne’s Tod sein Name genannt wird, Freude haben? Soll man sagen: die Menschen sind

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/51>, abgerufen am 27.05.2024.