Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.geschlossenen Cirkel des engeren Ausschusses. Mitten unter dem Jubel über das wiedererstandene Vaterland, mitten unter den aufrichtigsten Huldigungen, die ihm die Patrioten darbrachten, wurde Börne plötzlich - seine Uhr gestohlen. Wenn ihn hier etwas ärgerte, so war es, daß der sich fühlende Volksgeist eben keinen schönen Anfang gemacht hatte. Der Thäter wurde aber bald entdeckt; es war Börne's Barbier, der beim Weggehen die Uhr heimlich zu sich gesteckt hatte. Da trotz der Junibeschlüsse des Bundestages die liberale Sache im Badischen noch immer im Vortheil war, so wagte es Börne, wie der Erfolg zeigte, ungehindert, das Großherzogthum zu durchreisen. Er brachte wieder einige Zeit in Baden zu, wo gewöhnlich Dr. Kramer sein Arzt war und reiste dann nach Freiburg, wo ihm Professoren und Studenten huldigten. Im Allgemeinen hatte er wenig Freude an einem Liberalismus, dessen Cultus in dieser Gegend nicht ganz ohne Eitelkeit getrieben wurde und der, um sich recht lange die Gelegenheit zu schönen Reden zu erhalten, einen Badischen Separatliberalismus stiftete, in dessen Interesse man durch Schmeicheleien und Conzessionen mancher Art den bürgerfreundlichen Großherzog Leopold zu ziehen suchte. Börne fürchtete, daß von geschlossenen Cirkel des engeren Ausschusses. Mitten unter dem Jubel über das wiedererstandene Vaterland, mitten unter den aufrichtigsten Huldigungen, die ihm die Patrioten darbrachten, wurde Börne plötzlich – seine Uhr gestohlen. Wenn ihn hier etwas ärgerte, so war es, daß der sich fühlende Volksgeist eben keinen schönen Anfang gemacht hatte. Der Thäter wurde aber bald entdeckt; es war Börne’s Barbier, der beim Weggehen die Uhr heimlich zu sich gesteckt hatte. Da trotz der Junibeschlüsse des Bundestages die liberale Sache im Badischen noch immer im Vortheil war, so wagte es Börne, wie der Erfolg zeigte, ungehindert, das Großherzogthum zu durchreisen. Er brachte wieder einige Zeit in Baden zu, wo gewöhnlich Dr. Kramer sein Arzt war und reiste dann nach Freiburg, wo ihm Professoren und Studenten huldigten. Im Allgemeinen hatte er wenig Freude an einem Liberalismus, dessen Cultus in dieser Gegend nicht ganz ohne Eitelkeit getrieben wurde und der, um sich recht lange die Gelegenheit zu schönen Reden zu erhalten, einen Badischen Separatliberalismus stiftete, in dessen Interesse man durch Schmeicheleien und Conzessionen mancher Art den bürgerfreundlichen Großherzog Leopold zu ziehen suchte. Börne fürchtete, daß von <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0275" n="233"/> geschlossenen Cirkel des engeren Ausschusses. Mitten unter dem Jubel über das wiedererstandene Vaterland, mitten unter den aufrichtigsten Huldigungen, die ihm die Patrioten darbrachten, wurde Börne plötzlich – seine Uhr gestohlen. Wenn ihn hier etwas ärgerte, so war es, daß der sich fühlende Volksgeist eben keinen schönen Anfang gemacht hatte. Der Thäter wurde aber bald entdeckt; es war Börne’s Barbier, der beim Weggehen die Uhr heimlich zu sich gesteckt hatte.</p> <p>Da trotz der Junibeschlüsse des Bundestages die liberale Sache im Badischen noch immer im Vortheil war, so wagte es Börne, wie der Erfolg zeigte, ungehindert, das Großherzogthum zu durchreisen. Er brachte wieder einige Zeit in Baden zu, wo gewöhnlich <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Kramer sein Arzt war und reiste dann nach Freiburg, wo ihm Professoren und Studenten huldigten.</p> <p>Im Allgemeinen hatte er wenig Freude an einem Liberalismus, dessen Cultus in dieser Gegend nicht ganz ohne Eitelkeit getrieben wurde und der, um sich recht lange die Gelegenheit zu schönen Reden zu erhalten, einen Badischen Separatliberalismus stiftete, in dessen Interesse man durch Schmeicheleien und Conzessionen mancher Art den bürgerfreundlichen Großherzog Leopold zu ziehen suchte. Börne fürchtete, daß von </p> </div> </body> </text> </TEI> [233/0275]
geschlossenen Cirkel des engeren Ausschusses. Mitten unter dem Jubel über das wiedererstandene Vaterland, mitten unter den aufrichtigsten Huldigungen, die ihm die Patrioten darbrachten, wurde Börne plötzlich – seine Uhr gestohlen. Wenn ihn hier etwas ärgerte, so war es, daß der sich fühlende Volksgeist eben keinen schönen Anfang gemacht hatte. Der Thäter wurde aber bald entdeckt; es war Börne’s Barbier, der beim Weggehen die Uhr heimlich zu sich gesteckt hatte.
Da trotz der Junibeschlüsse des Bundestages die liberale Sache im Badischen noch immer im Vortheil war, so wagte es Börne, wie der Erfolg zeigte, ungehindert, das Großherzogthum zu durchreisen. Er brachte wieder einige Zeit in Baden zu, wo gewöhnlich Dr. Kramer sein Arzt war und reiste dann nach Freiburg, wo ihm Professoren und Studenten huldigten.
Im Allgemeinen hatte er wenig Freude an einem Liberalismus, dessen Cultus in dieser Gegend nicht ganz ohne Eitelkeit getrieben wurde und der, um sich recht lange die Gelegenheit zu schönen Reden zu erhalten, einen Badischen Separatliberalismus stiftete, in dessen Interesse man durch Schmeicheleien und Conzessionen mancher Art den bürgerfreundlichen Großherzog Leopold zu ziehen suchte. Börne fürchtete, daß von
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/275>, abgerufen am 16.02.2025. |