Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.und Verzweiflung zu zerspringen droht. Man ist in diesen wunderbaren Briefen nie auf sicherm Boden, man wandelt wie über glühende Kohlen; Irrlichter locken uns in finstre Moorgründe; freundliche weiße Engelsgestalten winken uns hinter den Büschen wieder heraus. Nicht einmal als Barometer der persönlichen Temperatur Börne's möchte man diese Briefe gelten lassen; sie sind eine Zeitstimmung, sie sind ein Daguerrotyp dreier fiebernder Jahre, hier zierlich das Kleinste wunderbar wahr treffend, dort alles wie in schwarze Tusche verwischend, ohne bunte Lichtübergänge, schwarz und weiß, je nach der Parole des politischen Glaubensbekenntnisses. Noch ehe sich Börne an die Abfassung dieser Briefe begab, schrieb er bei der Nachricht von den in Deutschland ausbrechenden Tumulten am 22. Sept. 1830 aus Paris an einen Freund. "Offen gesagt, ich freue mich nicht über das revolutionäre Wesen in Deutschland. Gewonnen wird doch nichts dabei; Nichts durch Gewalt; denn die ist noch nicht auf Seiten des Volkes; Nichts durch Belehrung unsrer Staatsmänner; denn die sind nicht zu bessern. Dies alles wird keine andre Folge haben, als daß die Seiler in Flor kommen: denn, ich bin gewiß, es wird viel gehängt werden." Der Gedanke, ein Journal, und Verzweiflung zu zerspringen droht. Man ist in diesen wunderbaren Briefen nie auf sicherm Boden, man wandelt wie über glühende Kohlen; Irrlichter locken uns in finstre Moorgründe; freundliche weiße Engelsgestalten winken uns hinter den Büschen wieder heraus. Nicht einmal als Barometer der persönlichen Temperatur Börne’s möchte man diese Briefe gelten lassen; sie sind eine Zeitstimmung, sie sind ein Daguerrotyp dreier fiebernder Jahre, hier zierlich das Kleinste wunderbar wahr treffend, dort alles wie in schwarze Tusche verwischend, ohne bunte Lichtübergänge, schwarz und weiß, je nach der Parole des politischen Glaubensbekenntnisses. Noch ehe sich Börne an die Abfassung dieser Briefe begab, schrieb er bei der Nachricht von den in Deutschland ausbrechenden Tumulten am 22. Sept. 1830 aus Paris an einen Freund. „Offen gesagt, ich freue mich nicht über das revolutionäre Wesen in Deutschland. Gewonnen wird doch nichts dabei; Nichts durch Gewalt; denn die ist noch nicht auf Seiten des Volkes; Nichts durch Belehrung unsrer Staatsmänner; denn die sind nicht zu bessern. Dies alles wird keine andre Folge haben, als daß die Seiler in Flor kommen: denn, ich bin gewiß, es wird viel gehängt werden.“ Der Gedanke, ein Journal, <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0258" n="216"/> und Verzweiflung zu zerspringen droht. Man ist in diesen wunderbaren Briefen nie auf sicherm Boden, man wandelt wie über glühende Kohlen; Irrlichter locken uns in finstre Moorgründe; freundliche weiße Engelsgestalten winken uns hinter den Büschen wieder heraus. Nicht einmal als Barometer der persönlichen Temperatur Börne’s möchte man diese Briefe gelten lassen; sie sind eine <hi rendition="#g">Zeitstimmung</hi>, sie sind ein Daguerrotyp dreier fiebernder Jahre, hier zierlich das Kleinste wunderbar wahr treffend, dort alles wie in schwarze Tusche verwischend, ohne bunte Lichtübergänge, schwarz und weiß, je nach der Parole des politischen Glaubensbekenntnisses. Noch ehe sich Börne an die Abfassung dieser Briefe begab, schrieb er bei der Nachricht von den in Deutschland ausbrechenden Tumulten am 22. Sept. 1830 aus Paris an einen Freund. „Offen gesagt, ich freue mich nicht über das revolutionäre Wesen in Deutschland. Gewonnen wird doch nichts dabei; Nichts durch Gewalt; denn die ist noch nicht auf Seiten des Volkes; Nichts durch Belehrung unsrer Staatsmänner; denn die sind nicht zu bessern. Dies alles wird keine andre Folge haben, als daß die Seiler in Flor kommen: denn, ich bin gewiß, es wird viel gehängt werden.“ Der Gedanke, ein Journal, </p> </div> </body> </text> </TEI> [216/0258]
und Verzweiflung zu zerspringen droht. Man ist in diesen wunderbaren Briefen nie auf sicherm Boden, man wandelt wie über glühende Kohlen; Irrlichter locken uns in finstre Moorgründe; freundliche weiße Engelsgestalten winken uns hinter den Büschen wieder heraus. Nicht einmal als Barometer der persönlichen Temperatur Börne’s möchte man diese Briefe gelten lassen; sie sind eine Zeitstimmung, sie sind ein Daguerrotyp dreier fiebernder Jahre, hier zierlich das Kleinste wunderbar wahr treffend, dort alles wie in schwarze Tusche verwischend, ohne bunte Lichtübergänge, schwarz und weiß, je nach der Parole des politischen Glaubensbekenntnisses. Noch ehe sich Börne an die Abfassung dieser Briefe begab, schrieb er bei der Nachricht von den in Deutschland ausbrechenden Tumulten am 22. Sept. 1830 aus Paris an einen Freund. „Offen gesagt, ich freue mich nicht über das revolutionäre Wesen in Deutschland. Gewonnen wird doch nichts dabei; Nichts durch Gewalt; denn die ist noch nicht auf Seiten des Volkes; Nichts durch Belehrung unsrer Staatsmänner; denn die sind nicht zu bessern. Dies alles wird keine andre Folge haben, als daß die Seiler in Flor kommen: denn, ich bin gewiß, es wird viel gehängt werden.“ Der Gedanke, ein Journal,
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