Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.Munde so bedenklich erschienen ist. Er verlangte nichts, als daß die Beamten höflich sind, die Collegien minder impertinent, die Polizeicommissäre minder patzig (wie man in Berlin sagt), er verlangte, daß jeder Bauer vom Amtsschreiber Herr angeredet und Jedem, der, ohne ein Dieb zu sein, auf der Amtsstube erscheinen muß, ein Stuhl angeboten wird; er verlangte, daß der vornehme grobe Staat sich zu uns verfügt, wenn wir ihn nicht ansuchen; er haßte die Frechheit der Offiziere, die Dreistigkeit der Adligen, die übermenschliche Einbildung der Fürsten, - da liegt der Punkt, wo sich ein so harmloses Gemüth, wie das eines Börne, entzündete und in Flammen auflodern konnte, die gefährlich waren. Hätten wir in unserm politischen Leben Edelmuth, Offenheit, liberales Zuvorkommen, bei den Fürsten ächte Menschlichkeit, Achtung vor dem Gemeingeiste und dem öffentlichen Urtheil, Zartheit in allen Berührungen, Biedersinn in dem, was man thut, und Milde in dem, was man verbietet; wie sicher würden wir einer Beruhigung der politischen Leidenschaften entgegengehen, wie ruhig unsre besten und edelsten Geister sich mit den herrschenden Verhältnissen über das, was sich nicht in einer Sommernacht ändern läßt, verständigen sehen! Munde so bedenklich erschienen ist. Er verlangte nichts, als daß die Beamten höflich sind, die Collegien minder impertinent, die Polizeicommissäre minder patzig (wie man in Berlin sagt), er verlangte, daß jeder Bauer vom Amtsschreiber Herr angeredet und Jedem, der, ohne ein Dieb zu sein, auf der Amtsstube erscheinen muß, ein Stuhl angeboten wird; er verlangte, daß der vornehme grobe Staat sich zu uns verfügt, wenn wir ihn nicht ansuchen; er haßte die Frechheit der Offiziere, die Dreistigkeit der Adligen, die übermenschliche Einbildung der Fürsten, – da liegt der Punkt, wo sich ein so harmloses Gemüth, wie das eines Börne, entzündete und in Flammen auflodern konnte, die gefährlich waren. Hätten wir in unserm politischen Leben Edelmuth, Offenheit, liberales Zuvorkommen, bei den Fürsten ächte Menschlichkeit, Achtung vor dem Gemeingeiste und dem öffentlichen Urtheil, Zartheit in allen Berührungen, Biedersinn in dem, was man thut, und Milde in dem, was man verbietet; wie sicher würden wir einer Beruhigung der politischen Leidenschaften entgegengehen, wie ruhig unsre besten und edelsten Geister sich mit den herrschenden Verhältnissen über das, was sich nicht in einer Sommernacht ändern läßt, verständigen sehen! <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0256" n="214"/> Munde so bedenklich erschienen ist. Er verlangte nichts, als daß die Beamten höflich sind, die Collegien minder impertinent, die Polizeicommissäre minder patzig (wie man in Berlin sagt), er verlangte, daß jeder Bauer vom Amtsschreiber Herr angeredet und Jedem, der, ohne ein Dieb zu sein, auf der Amtsstube erscheinen muß, ein Stuhl angeboten wird; er verlangte, daß der vornehme grobe Staat sich zu <hi rendition="#g">uns</hi> verfügt, wenn <hi rendition="#g">wir</hi> ihn nicht ansuchen; er haßte die Frechheit der Offiziere, die Dreistigkeit der Adligen, die übermenschliche Einbildung der Fürsten, – da liegt der Punkt, wo sich ein so harmloses Gemüth, wie das eines Börne, entzündete und in Flammen auflodern konnte, die gefährlich waren. Hätten wir in unserm politischen Leben Edelmuth, Offenheit, liberales Zuvorkommen, bei den Fürsten ächte Menschlichkeit, Achtung vor dem Gemeingeiste und dem öffentlichen Urtheil, Zartheit in allen Berührungen, Biedersinn in dem, was man thut, und Milde in dem, was man verbietet; wie sicher würden wir einer Beruhigung der politischen Leidenschaften entgegengehen, wie ruhig unsre besten und edelsten Geister sich mit den herrschenden Verhältnissen über das, was sich nicht in einer Sommernacht ändern läßt, verständigen sehen!</p> </div> </body> </text> </TEI> [214/0256]
Munde so bedenklich erschienen ist. Er verlangte nichts, als daß die Beamten höflich sind, die Collegien minder impertinent, die Polizeicommissäre minder patzig (wie man in Berlin sagt), er verlangte, daß jeder Bauer vom Amtsschreiber Herr angeredet und Jedem, der, ohne ein Dieb zu sein, auf der Amtsstube erscheinen muß, ein Stuhl angeboten wird; er verlangte, daß der vornehme grobe Staat sich zu uns verfügt, wenn wir ihn nicht ansuchen; er haßte die Frechheit der Offiziere, die Dreistigkeit der Adligen, die übermenschliche Einbildung der Fürsten, – da liegt der Punkt, wo sich ein so harmloses Gemüth, wie das eines Börne, entzündete und in Flammen auflodern konnte, die gefährlich waren. Hätten wir in unserm politischen Leben Edelmuth, Offenheit, liberales Zuvorkommen, bei den Fürsten ächte Menschlichkeit, Achtung vor dem Gemeingeiste und dem öffentlichen Urtheil, Zartheit in allen Berührungen, Biedersinn in dem, was man thut, und Milde in dem, was man verbietet; wie sicher würden wir einer Beruhigung der politischen Leidenschaften entgegengehen, wie ruhig unsre besten und edelsten Geister sich mit den herrschenden Verhältnissen über das, was sich nicht in einer Sommernacht ändern läßt, verständigen sehen!
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/256>, abgerufen am 16.07.2024. |