Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.nun ein solcher Vermittler zum alten Baruch, so traf er einen wohlbeleibten Herrn, nicht groß, aber fein und zierlich gebaut, mit kleinen Füßen und sorgfältig gepflegten zarten Händen. Seine Kleidung war sauber gebürstet, kein Stäubchen durfte darauf sitzen, feinste, blendendweiße Wäsche mußte auf der Brust ausgelegt sein, Gang und Benehmen waren gemessen. Ohne allen jüdischen Accent sprach er ein wohlgesetztes Deutsch, langsam, als wenn er das Gewicht jedes Wortes prüfen wollte, mit weichem Organe, wie sein Sohn. Seine Umgebungen zeigten Geschmack und Sinn für Eleganz, die Schnelligkeit, mit der seinen Winken gehorcht wurde, verrieth die patriarchalische Strenge, mit der er in seinem Hause waltete. Nur war es bedenklich, bei ihm die Saite seines Sohnes, des Schriftstellers, anzuschlagen. An seinen übrigen Kindern, die in der Welt "was vor sich brachten," erlebte er Freude; der Doktor hatte ihm 20,000 Gulden, wie er behauptete, gekostet und war nichts geworden, als Verfasser von Schriften, die nun einmal bei seinem Jugendfreunde, dem Fürsten Metternich in Wien, durchaus keine Billigung fänden. Was wolle er in der Welt mit den liberalen Verkehrtheiten? Sich Feinde machen! Die Großen angreifen! Paßt für seine Stellung gar nicht. nun ein solcher Vermittler zum alten Baruch, so traf er einen wohlbeleibten Herrn, nicht groß, aber fein und zierlich gebaut, mit kleinen Füßen und sorgfältig gepflegten zarten Händen. Seine Kleidung war sauber gebürstet, kein Stäubchen durfte darauf sitzen, feinste, blendendweiße Wäsche mußte auf der Brust ausgelegt sein, Gang und Benehmen waren gemessen. Ohne allen jüdischen Accent sprach er ein wohlgesetztes Deutsch, langsam, als wenn er das Gewicht jedes Wortes prüfen wollte, mit weichem Organe, wie sein Sohn. Seine Umgebungen zeigten Geschmack und Sinn für Eleganz, die Schnelligkeit, mit der seinen Winken gehorcht wurde, verrieth die patriarchalische Strenge, mit der er in seinem Hause waltete. Nur war es bedenklich, bei ihm die Saite seines Sohnes, des Schriftstellers, anzuschlagen. An seinen übrigen Kindern, die in der Welt „was vor sich brachten,“ erlebte er Freude; der Doktor hatte ihm 20,000 Gulden, wie er behauptete, gekostet und war nichts geworden, als Verfasser von Schriften, die nun einmal bei seinem Jugendfreunde, dem Fürsten Metternich in Wien, durchaus keine Billigung fänden. Was wolle er in der Welt mit den liberalen Verkehrtheiten? Sich Feinde machen! Die Großen angreifen! Paßt für seine Stellung gar nicht. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0226" n="184"/> nun ein solcher Vermittler zum alten Baruch, so traf er einen wohlbeleibten Herrn, nicht groß, aber fein und zierlich gebaut, mit kleinen Füßen und sorgfältig gepflegten zarten Händen. Seine Kleidung war sauber gebürstet, kein Stäubchen durfte darauf sitzen, feinste, blendendweiße Wäsche mußte auf der Brust ausgelegt sein, Gang und Benehmen waren gemessen. Ohne allen jüdischen Accent sprach er ein wohlgesetztes Deutsch, langsam, als wenn er das Gewicht jedes Wortes prüfen wollte, mit weichem Organe, wie sein Sohn. Seine Umgebungen zeigten Geschmack und Sinn für Eleganz, die Schnelligkeit, mit der seinen Winken gehorcht wurde, verrieth die patriarchalische Strenge, mit der er in seinem Hause waltete. Nur war es bedenklich, bei ihm die Saite seines Sohnes, des Schriftstellers, anzuschlagen. An seinen übrigen Kindern, die in der Welt „was vor sich brachten,“ erlebte er Freude; der Doktor hatte ihm 20,000 Gulden, wie er behauptete, gekostet und war nichts geworden, als Verfasser von Schriften, die nun einmal bei seinem Jugendfreunde, dem Fürsten Metternich in Wien, durchaus keine Billigung fänden. Was wolle er in der Welt mit den liberalen Verkehrtheiten? Sich Feinde machen! Die Großen angreifen! Paßt für seine Stellung gar nicht. </p> </div> </body> </text> </TEI> [184/0226]
nun ein solcher Vermittler zum alten Baruch, so traf er einen wohlbeleibten Herrn, nicht groß, aber fein und zierlich gebaut, mit kleinen Füßen und sorgfältig gepflegten zarten Händen. Seine Kleidung war sauber gebürstet, kein Stäubchen durfte darauf sitzen, feinste, blendendweiße Wäsche mußte auf der Brust ausgelegt sein, Gang und Benehmen waren gemessen. Ohne allen jüdischen Accent sprach er ein wohlgesetztes Deutsch, langsam, als wenn er das Gewicht jedes Wortes prüfen wollte, mit weichem Organe, wie sein Sohn. Seine Umgebungen zeigten Geschmack und Sinn für Eleganz, die Schnelligkeit, mit der seinen Winken gehorcht wurde, verrieth die patriarchalische Strenge, mit der er in seinem Hause waltete. Nur war es bedenklich, bei ihm die Saite seines Sohnes, des Schriftstellers, anzuschlagen. An seinen übrigen Kindern, die in der Welt „was vor sich brachten,“ erlebte er Freude; der Doktor hatte ihm 20,000 Gulden, wie er behauptete, gekostet und war nichts geworden, als Verfasser von Schriften, die nun einmal bei seinem Jugendfreunde, dem Fürsten Metternich in Wien, durchaus keine Billigung fänden. Was wolle er in der Welt mit den liberalen Verkehrtheiten? Sich Feinde machen! Die Großen angreifen! Paßt für seine Stellung gar nicht.
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/226>, abgerufen am 16.02.2025. |