Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.bald der zu kostspieligen Begründung wegen eingehen mußte, hatte, um in Deutschland Eingang zu finden, erklärt: Die Politik bleibt von unsern Spalten ausgeschlossen. Dies schien Börne schimpflich: denn eine Freiheit haben und sie nicht benutzen, war ihm noch mehr als eine Thorheit. In Deutschland entschuldigte er die Wendung, wenn er auch nicht geschaffen war, sie einzuhalten. Ich mußte lachen, als mir Börne Ende des Jahres 1836 von Paris aus sagen ließ, er wolle zu der in Frankfurt damals erscheinenden "Börsen-Zeitung" eine Sonntagsbeilage schreiben, ganz "mit Ausschluß der Politik." Ich wußte recht gut, daß Börne nur über die Taglioni und die Malibran zu schreiben brauchte und darum doch staatsgefährlich bleiben würde. Wir müssen hier gleich an der Schwelle der Betrachtungen über Börne als Schriftsteller einen Punkt erwägen, der bedenklich scheinen könnte. Börne sprach in seiner Wage über Kunst, Literatur, Gesellschaft und hatte dabei immer nur den Maaßstab der Politik. Es ist nun aber in neurer Zeit zu einem sehr folgenreichen Streite über die Frage gekommen: In wie fern politische Maaßstäbe zur Beurtheilung dichterischer Eigenthümlichkeiten ausreichen? Daß man sie anlegte, bald der zu kostspieligen Begründung wegen eingehen mußte, hatte, um in Deutschland Eingang zu finden, erklärt: Die Politik bleibt von unsern Spalten ausgeschlossen. Dies schien Börne schimpflich: denn eine Freiheit haben und sie nicht benutzen, war ihm noch mehr als eine Thorheit. In Deutschland entschuldigte er die Wendung, wenn er auch nicht geschaffen war, sie einzuhalten. Ich mußte lachen, als mir Börne Ende des Jahres 1836 von Paris aus sagen ließ, er wolle zu der in Frankfurt damals erscheinenden „Börsen-Zeitung“ eine Sonntagsbeilage schreiben, ganz „mit Ausschluß der Politik.“ Ich wußte recht gut, daß Börne nur über die Taglioni und die Malibran zu schreiben brauchte und darum doch staatsgefährlich bleiben würde. Wir müssen hier gleich an der Schwelle der Betrachtungen über Börne als Schriftsteller einen Punkt erwägen, der bedenklich scheinen könnte. Börne sprach in seiner Wage über Kunst, Literatur, Gesellschaft und hatte dabei immer nur den Maaßstab der Politik. Es ist nun aber in neurer Zeit zu einem sehr folgenreichen Streite über die Frage gekommen: In wie fern politische Maaßstäbe zur Beurtheilung dichterischer Eigenthümlichkeiten ausreichen? Daß man sie anlegte, <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0148" n="106"/> bald der zu kostspieligen Begründung wegen eingehen mußte, hatte, um in Deutschland Eingang zu finden, erklärt: Die Politik bleibt von unsern Spalten ausgeschlossen. Dies schien Börne schimpflich: denn eine Freiheit haben und sie nicht benutzen, war ihm noch mehr als eine Thorheit. In Deutschland entschuldigte er die Wendung, wenn er auch nicht geschaffen war, sie einzuhalten. Ich mußte lachen, als mir Börne Ende des Jahres 1836 von Paris aus sagen ließ, er wolle zu der in Frankfurt damals erscheinenden „Börsen-Zeitung“ eine Sonntagsbeilage schreiben, ganz „mit Ausschluß der Politik.“ Ich wußte recht gut, daß Börne nur über die Taglioni und die Malibran zu schreiben brauchte und darum doch staatsgefährlich bleiben würde.</p> <p>Wir müssen hier gleich an der Schwelle der Betrachtungen über Börne als Schriftsteller einen Punkt erwägen, der bedenklich scheinen könnte. Börne sprach in seiner Wage über Kunst, Literatur, Gesellschaft und hatte dabei immer nur den Maaßstab der Politik. Es ist nun aber in neurer Zeit zu einem sehr folgenreichen Streite über die Frage gekommen: In wie fern politische Maaßstäbe zur Beurtheilung dichterischer Eigenthümlichkeiten ausreichen? Daß man sie anlegte, </p> </div> </body> </text> </TEI> [106/0148]
bald der zu kostspieligen Begründung wegen eingehen mußte, hatte, um in Deutschland Eingang zu finden, erklärt: Die Politik bleibt von unsern Spalten ausgeschlossen. Dies schien Börne schimpflich: denn eine Freiheit haben und sie nicht benutzen, war ihm noch mehr als eine Thorheit. In Deutschland entschuldigte er die Wendung, wenn er auch nicht geschaffen war, sie einzuhalten. Ich mußte lachen, als mir Börne Ende des Jahres 1836 von Paris aus sagen ließ, er wolle zu der in Frankfurt damals erscheinenden „Börsen-Zeitung“ eine Sonntagsbeilage schreiben, ganz „mit Ausschluß der Politik.“ Ich wußte recht gut, daß Börne nur über die Taglioni und die Malibran zu schreiben brauchte und darum doch staatsgefährlich bleiben würde.
Wir müssen hier gleich an der Schwelle der Betrachtungen über Börne als Schriftsteller einen Punkt erwägen, der bedenklich scheinen könnte. Börne sprach in seiner Wage über Kunst, Literatur, Gesellschaft und hatte dabei immer nur den Maaßstab der Politik. Es ist nun aber in neurer Zeit zu einem sehr folgenreichen Streite über die Frage gekommen: In wie fern politische Maaßstäbe zur Beurtheilung dichterischer Eigenthümlichkeiten ausreichen? Daß man sie anlegte,
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