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Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.

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Einheit und Würde, von Volkserziehung und sittlich religiösem Ernste fremd, ahnte doch früh, wozu diese schönen Namen würden misbraucht werden und reifte in der Schule sich drängender, wirrer Ereignisse, die dem Siege von 1815 folgten, zu einer politischen Intelligenz, wie sie damals nur Wenige in Deutschland besaßen. In kleinen anonymen Artikeln, die er dem Frankfurter Journal überließ*), bildete er seine Darstellungsgabe und das Talent, unter schwierigen Verhältnissen die Wahrheit wenn nicht zu sagen, doch errathen zu lassen. Er widersetzte sich der zu großen Ausdehnung, welche man der Reaktion gestattete und trat als Anwald mancher guten Neuerung auf, die wir behalten sollten, ungeachtet wir sie der Fremdherrschaft zu verdanken hätten.

Börne's Charakter war zu harmlos, als daß er durch seine Amtsentsetzung sich hätte einem Abgrunde gegenüber fühlen sollen, einer dunkeln Zukunft, die er durch irgend einen Entschluß sich erleuchtet hätte. Es wäre allerdings leichtsinnig gewesen, hätte er sich vom

*) Doch wurden nicht alle gedruckt. Ihre Länge gestattete in dem damals sehr kleinen Blatte die Aufnahme nicht.

Einheit und Würde, von Volkserziehung und sittlich religiösem Ernste fremd, ahnte doch früh, wozu diese schönen Namen würden misbraucht werden und reifte in der Schule sich drängender, wirrer Ereignisse, die dem Siege von 1815 folgten, zu einer politischen Intelligenz, wie sie damals nur Wenige in Deutschland besaßen. In kleinen anonymen Artikeln, die er dem Frankfurter Journal überließ*), bildete er seine Darstellungsgabe und das Talent, unter schwierigen Verhältnissen die Wahrheit wenn nicht zu sagen, doch errathen zu lassen. Er widersetzte sich der zu großen Ausdehnung, welche man der Reaktion gestattete und trat als Anwald mancher guten Neuerung auf, die wir behalten sollten, ungeachtet wir sie der Fremdherrschaft zu verdanken hätten.

Börne’s Charakter war zu harmlos, als daß er durch seine Amtsentsetzung sich hätte einem Abgrunde gegenüber fühlen sollen, einer dunkeln Zukunft, die er durch irgend einen Entschluß sich erleuchtet hätte. Es wäre allerdings leichtsinnig gewesen, hätte er sich vom

*) Doch wurden nicht alle gedruckt. Ihre Länge gestattete in dem damals sehr kleinen Blatte die Aufnahme nicht.
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[92/0134] Einheit und Würde, von Volkserziehung und sittlich religiösem Ernste fremd, ahnte doch früh, wozu diese schönen Namen würden misbraucht werden und reifte in der Schule sich drängender, wirrer Ereignisse, die dem Siege von 1815 folgten, zu einer politischen Intelligenz, wie sie damals nur Wenige in Deutschland besaßen. In kleinen anonymen Artikeln, die er dem Frankfurter Journal überließ *), bildete er seine Darstellungsgabe und das Talent, unter schwierigen Verhältnissen die Wahrheit wenn nicht zu sagen, doch errathen zu lassen. Er widersetzte sich der zu großen Ausdehnung, welche man der Reaktion gestattete und trat als Anwald mancher guten Neuerung auf, die wir behalten sollten, ungeachtet wir sie der Fremdherrschaft zu verdanken hätten. Börne’s Charakter war zu harmlos, als daß er durch seine Amtsentsetzung sich hätte einem Abgrunde gegenüber fühlen sollen, einer dunkeln Zukunft, die er durch irgend einen Entschluß sich erleuchtet hätte. Es wäre allerdings leichtsinnig gewesen, hätte er sich vom *) Doch wurden nicht alle gedruckt. Ihre Länge gestattete in dem damals sehr kleinen Blatte die Aufnahme nicht.

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/134>, abgerufen am 19.05.2024.