Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

seines Vaters diese mit 400 Gulden an, die er leicht auf das Doppelte erhöht bekommen hätte, wenn ihn nicht sein eingeschüchterter Vater von einem ernstlicheren Widerstande gegen die Unbill der Reaktion zurückgehalten hätte.

Man nimmt gewöhnlich diese bittere Erfahrung, die Börne in den Jahren der Befreiung machte, als den Wendepunkt seiner politischen Bildung an. Man hat aber Unrecht, wenn man glaubt, daß ihm persönlicher Groll oder gekränkte Eitelkeit die neue Richtung seiner Ideen gezeichnet hätte. Einmal war Börne durch seine Bildung und seinen Umgang darüber hinaus, daß ihm grade die Erinnerung an sein Judenthum hätte besonders empfindlich seyn sollen; sodann war er zu edel und unbefangen, um sich eine Weltansicht aus persönlichem Mißgeschick zu bilden. Das aber war der Sonnenblick, an dem sich seine politischen Begriffe aufhellten: Der Zusammenhang, in dem sein eignes Erlebniß mit dem stand, was sich mit dem Jahre 1815 nun rings um ihn her zu offenbaren anfing. Deutlich genug sah er, daß sich eine ihm widerfahrene kleine Ungerechtigkeit an große Tendenzen lehnte, die immer offner hervortraten. Mit den entarteten Söhnen der Revolution wollte man auch die

seines Vaters diese mit 400 Gulden an, die er leicht auf das Doppelte erhöht bekommen hätte, wenn ihn nicht sein eingeschüchterter Vater von einem ernstlicheren Widerstande gegen die Unbill der Reaktion zurückgehalten hätte.

Man nimmt gewöhnlich diese bittere Erfahrung, die Börne in den Jahren der Befreiung machte, als den Wendepunkt seiner politischen Bildung an. Man hat aber Unrecht, wenn man glaubt, daß ihm persönlicher Groll oder gekränkte Eitelkeit die neue Richtung seiner Ideen gezeichnet hätte. Einmal war Börne durch seine Bildung und seinen Umgang darüber hinaus, daß ihm grade die Erinnerung an sein Judenthum hätte besonders empfindlich seyn sollen; sodann war er zu edel und unbefangen, um sich eine Weltansicht aus persönlichem Mißgeschick zu bilden. Das aber war der Sonnenblick, an dem sich seine politischen Begriffe aufhellten: Der Zusammenhang, in dem sein eignes Erlebniß mit dem stand, was sich mit dem Jahre 1815 nun rings um ihn her zu offenbaren anfing. Deutlich genug sah er, daß sich eine ihm widerfahrene kleine Ungerechtigkeit an große Tendenzen lehnte, die immer offner hervortraten. Mit den entarteten Söhnen der Revolution wollte man auch die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0132" n="90"/>
seines Vaters diese mit 400 Gulden an, die er leicht auf das Doppelte erhöht bekommen hätte, wenn ihn nicht sein eingeschüchterter Vater von einem ernstlicheren Widerstande gegen die Unbill der Reaktion zurückgehalten hätte.</p>
        <p>Man nimmt gewöhnlich diese bittere Erfahrung, die Börne in den Jahren der Befreiung machte, als den Wendepunkt seiner politischen Bildung an. Man hat aber Unrecht, wenn man glaubt, daß ihm persönlicher Groll oder gekränkte Eitelkeit die neue Richtung seiner Ideen gezeichnet hätte. Einmal war Börne durch seine Bildung und seinen Umgang darüber hinaus, daß ihm grade die Erinnerung an sein Judenthum hätte besonders empfindlich seyn sollen; sodann war er zu edel und unbefangen, um sich eine Weltansicht aus persönlichem Mißgeschick zu bilden. Das aber war der Sonnenblick, an dem sich seine politischen Begriffe aufhellten: Der Zusammenhang, in dem sein eignes Erlebniß mit dem stand, was sich mit dem Jahre 1815 nun rings um ihn her zu offenbaren anfing. Deutlich genug sah er, daß sich eine ihm widerfahrene kleine Ungerechtigkeit an große Tendenzen lehnte, die immer offner hervortraten. Mit den entarteten Söhnen der Revolution wollte man auch die
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0132] seines Vaters diese mit 400 Gulden an, die er leicht auf das Doppelte erhöht bekommen hätte, wenn ihn nicht sein eingeschüchterter Vater von einem ernstlicheren Widerstande gegen die Unbill der Reaktion zurückgehalten hätte. Man nimmt gewöhnlich diese bittere Erfahrung, die Börne in den Jahren der Befreiung machte, als den Wendepunkt seiner politischen Bildung an. Man hat aber Unrecht, wenn man glaubt, daß ihm persönlicher Groll oder gekränkte Eitelkeit die neue Richtung seiner Ideen gezeichnet hätte. Einmal war Börne durch seine Bildung und seinen Umgang darüber hinaus, daß ihm grade die Erinnerung an sein Judenthum hätte besonders empfindlich seyn sollen; sodann war er zu edel und unbefangen, um sich eine Weltansicht aus persönlichem Mißgeschick zu bilden. Das aber war der Sonnenblick, an dem sich seine politischen Begriffe aufhellten: Der Zusammenhang, in dem sein eignes Erlebniß mit dem stand, was sich mit dem Jahre 1815 nun rings um ihn her zu offenbaren anfing. Deutlich genug sah er, daß sich eine ihm widerfahrene kleine Ungerechtigkeit an große Tendenzen lehnte, die immer offner hervortraten. Mit den entarteten Söhnen der Revolution wollte man auch die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-07-03T11:49:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-07-03T11:49:31Z)
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-07-03T11:49:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Gutzkow Editionsprojekt:Editionsprinzipien
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/132
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/132>, abgerufen am 25.11.2024.