Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

den damaligen Studenten, alles war an ihnen ungezogen. Sie trugen große Stiefel, die man Kanonen nannte, und Helme mit rothen, weißen, grünen oder schwarzen Federn geschmückt, je nach der Landsmannschaft, der sie sich angeschlossen. So glichen sie von oben römischen Kriegern und von unten deutschen Postillonen." Börne war später einsichtsvoll genug, die Nachtheile zu durchschauen, welche unserer politischen und gesellschaftlichen Bildung aus den Eigenthümlichkeiten des deutschen Studenten-Lebens erwachsen sind; aber an seine Studienzeit in Halle dachte er gern zurück.

Von Halle aus wurden kleine Ausflüge in die nähere und entfernte Umgegend gemacht. Schon in den ersten Ferien besuchte er mit einem akademischen Freunde, Namens Grossing, das sächsische Erzgebirge und befuhr einige der bekanntesten Stollen desselben. Des Winters wurden Ausflüge nach Dessau und Leipzig, oft zu Schlitten und im Maskenaufzug unternommen. Besäßen wir von Börne über sein Leben Geständnisse, so würde gewiß in diese Periode die Schilderung eines immer klarer werdenden Seelenlebens fallen. Börne wird damals die ersten Blicke in seine Zeit geworfen, die ersten Ver-

den damaligen Studenten, alles war an ihnen ungezogen. Sie trugen große Stiefel, die man Kanonen nannte, und Helme mit rothen, weißen, grünen oder schwarzen Federn geschmückt, je nach der Landsmannschaft, der sie sich angeschlossen. So glichen sie von oben römischen Kriegern und von unten deutschen Postillonen.“ Börne war später einsichtsvoll genug, die Nachtheile zu durchschauen, welche unserer politischen und gesellschaftlichen Bildung aus den Eigenthümlichkeiten des deutschen Studenten-Lebens erwachsen sind; aber an seine Studienzeit in Halle dachte er gern zurück.

Von Halle aus wurden kleine Ausflüge in die nähere und entfernte Umgegend gemacht. Schon in den ersten Ferien besuchte er mit einem akademischen Freunde, Namens Grossing, das sächsische Erzgebirge und befuhr einige der bekanntesten Stollen desselben. Des Winters wurden Ausflüge nach Dessau und Leipzig, oft zu Schlitten und im Maskenaufzug unternommen. Besäßen wir von Börne über sein Leben Geständnisse, so würde gewiß in diese Periode die Schilderung eines immer klarer werdenden Seelenlebens fallen. Börne wird damals die ersten Blicke in seine Zeit geworfen, die ersten Ver-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0114" n="72"/>
den damaligen Studenten, alles war an ihnen ungezogen. Sie trugen große Stiefel, die man Kanonen nannte, und Helme mit rothen, weißen, grünen oder schwarzen Federn geschmückt, je nach der Landsmannschaft, der sie sich angeschlossen. So glichen sie von oben römischen Kriegern und von unten deutschen Postillonen.&#x201C; Börne war später einsichtsvoll genug, die Nachtheile zu durchschauen, welche unserer politischen und gesellschaftlichen Bildung aus den Eigenthümlichkeiten des deutschen Studenten-Lebens erwachsen sind; aber an seine Studienzeit in Halle dachte er gern zurück.</p>
        <p>Von Halle aus wurden kleine Ausflüge in die nähere und entfernte Umgegend gemacht. Schon in den ersten Ferien besuchte er mit einem akademischen Freunde, Namens Grossing, das sächsische Erzgebirge und befuhr einige der bekanntesten Stollen desselben. Des Winters wurden Ausflüge nach Dessau und Leipzig, oft zu Schlitten und im Maskenaufzug unternommen. Besäßen wir von Börne über sein Leben Geständnisse, so würde gewiß in diese Periode die Schilderung eines immer klarer werdenden Seelenlebens fallen. Börne wird damals die ersten Blicke in seine Zeit geworfen, die ersten Ver-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[72/0114] den damaligen Studenten, alles war an ihnen ungezogen. Sie trugen große Stiefel, die man Kanonen nannte, und Helme mit rothen, weißen, grünen oder schwarzen Federn geschmückt, je nach der Landsmannschaft, der sie sich angeschlossen. So glichen sie von oben römischen Kriegern und von unten deutschen Postillonen.“ Börne war später einsichtsvoll genug, die Nachtheile zu durchschauen, welche unserer politischen und gesellschaftlichen Bildung aus den Eigenthümlichkeiten des deutschen Studenten-Lebens erwachsen sind; aber an seine Studienzeit in Halle dachte er gern zurück. Von Halle aus wurden kleine Ausflüge in die nähere und entfernte Umgegend gemacht. Schon in den ersten Ferien besuchte er mit einem akademischen Freunde, Namens Grossing, das sächsische Erzgebirge und befuhr einige der bekanntesten Stollen desselben. Des Winters wurden Ausflüge nach Dessau und Leipzig, oft zu Schlitten und im Maskenaufzug unternommen. Besäßen wir von Börne über sein Leben Geständnisse, so würde gewiß in diese Periode die Schilderung eines immer klarer werdenden Seelenlebens fallen. Börne wird damals die ersten Blicke in seine Zeit geworfen, die ersten Ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-07-03T11:49:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-07-03T11:49:31Z)
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-07-03T11:49:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Gutzkow Editionsprojekt:Editionsprinzipien
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/114
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/114>, abgerufen am 24.11.2024.