an Alter und Stande der uns ist, welcher sie giebt. Wir hören dann in ihm die Stimme unserer eige- nen ganzen Classe, darum bessert die Ermahnung, die ein Zögling dem andern im Stillen und im Bunde der Freundschaft und Gleichheit giebt, ge- wöhnlich mehr, als die des Lehrers; im Munde des letztern klingt sie zu erwachsen zu alt, in dem des andern just jung genug, um befolgt zu werden.
7) Spiele bilden auf die mannichfaltigste Art den Gang des menschlichen Lebens mit einer Lebhaftigkeit im Kleinen nach, die sich auf keinem andern Wege, durch keine andere Beschäfftigung und Lage der Jugend errei- chen lässt. Denn nirgends ist die Jugend in ih- ren Handlungen, in ihrem ganzen Betragen so wenig von Seiten der Erwachsenen beschränkt, nirgends handelt sie daher natürlicher, freyer und dem Gange des menschlichen Lebens gleichlau- tender, als hier. Hier ist eine kleine Beleidigung, Übereilung, Unbilligkeit, Pralerey, Überlistung, die Fehlschlagung einer Hoffnung, ein unange- nehmer Charackter, ein langsamer Kopf, ein Pin- sel, ein Geck eine Überlegenheit an Geistes- und Körperkräften zu ertragen; hier ist Anlass zum Schmerz und Kummer, so wie zur Freude und Fröhlichkeit, hier ist Gelegenheit zur Schäz- zung der Gefälligkeit, Geschicklichkeit, Güte
an Alter und Stande der uns iſt, welcher ſie giebt. Wir hören dann in ihm die Stimme unſerer eige- nen ganzen Claſſe, darum beſſert die Ermahnung, die ein Zögling dem andern im Stillen und im Bunde der Freundſchaft und Gleichheit giebt, ge- wöhnlich mehr, als die des Lehrers; im Munde des letztern klingt ſie zu erwachſen zu alt, in dem des andern juſt jung genug, um befolgt zu werden.
7) Spiele bilden auf die mannichfaltigſte Art den Gang des menſchlichen Lebens mit einer Lebhaftigkeit im Kleinen nach, die ſich auf keinem andern Wege, durch keine andere Beſchäfftigung und Lage der Jugend errei- chen läſst. Denn nirgends iſt die Jugend in ih- ren Handlungen, in ihrem ganzen Betragen ſo wenig von Seiten der Erwachſenen beſchränkt, nirgends handelt ſie daher natürlicher, freyer und dem Gange des menſchlichen Lebens gleichlau- tender, als hier. Hier iſt eine kleine Beleidigung, Übereilung, Unbilligkeit, Pralerey, Überliſtung, die Fehlſchlagung einer Hoffnung, ein unange- nehmer Charackter, ein langſamer Kopf, ein Pin- ſel, ein Geck eine Überlegenheit an Geiſtes- und Körperkräften zu ertragen; hier iſt Anlaſs zum Schmerz und Kummer, ſo wie zur Freude und Fröhlichkeit, hier iſt Gelegenheit zur Schäz- zung der Gefälligkeit, Geſchicklichkeit, Güte
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an Alter und Stande der uns iſt, welcher ſie giebt.
Wir hören dann in ihm die Stimme unſerer eige-
nen ganzen Claſſe, darum beſſert die Ermahnung,
die ein Zögling dem andern im Stillen und im
Bunde der Freundſchaft und Gleichheit giebt, ge-
wöhnlich mehr, als die des Lehrers; im Munde
des letztern klingt ſie zu erwachſen zu alt, in
dem des andern juſt jung genug, um befolgt zu
werden.
7) Spiele bilden auf die mannichfaltigſte Art
den Gang des menſchlichen Lebens mit einer
Lebhaftigkeit im Kleinen nach, die ſich auf
keinem andern Wege, durch keine andere
Beſchäfftigung und Lage der Jugend errei-
chen läſst. Denn nirgends iſt die Jugend in ih-
ren Handlungen, in ihrem ganzen Betragen ſo
wenig von Seiten der Erwachſenen beſchränkt,
nirgends handelt ſie daher natürlicher, freyer und
dem Gange des menſchlichen Lebens gleichlau-
tender, als hier. Hier iſt eine kleine Beleidigung,
Übereilung, Unbilligkeit, Pralerey, Überliſtung,
die Fehlſchlagung einer Hoffnung, ein unange-
nehmer Charackter, ein langſamer Kopf, ein Pin-
ſel, ein Geck eine Überlegenheit an Geiſtes-
und Körperkräften zu ertragen; hier iſt Anlaſs
zum Schmerz und Kummer, ſo wie zur Freude
und Fröhlichkeit, hier iſt Gelegenheit zur Schäz-
zung der Gefälligkeit, Geſchicklichkeit, Güte
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Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/58>, abgerufen am 22.11.2024.
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