bald hier bald dorthin einen Trupp oder einen Einzelnen seiner Wächter, um den Ort zu um- stellen, den Pass zu verhauen, zu recognosciren, zu rapportiren u. s. w. Alles muss, wie bey mi- litärischen Expeditionen strengen Gehorsam lei- sten, und der Kadi ernennt bald zu diesem, bald zu jenem Zwecke dieser Art die Unteranführer willkührlich. Kann irgend ein Wächter unter Gebung der Parole einen Dieb beym Arme fas- sen oder nur deutlich berühren, so ist der Dieb sein, und die Regeln des Spiels verbieten alle Widersezlichkeit. Der Wächter ruft den Ka- di und seine Gehülfen, alle versammeln sich, der Kadi hält Gericht, und lässt den Dieb zwey, dreymal durch die locker gedrehten Schnupftü- cher der Wächter Gassenlaufen. Hat er diese Strafe überstanden, so wird er nun durch Um- bindung des Zeichens unter die Zahl der Wäch- ter aufgenommen.
Indess aber auf diese Art die Jagd auf die Die- be ununterbrochen fortdauert, sind diese nicht müssig, sondern unablässig bemühet, die Wäch- ter zu Dieben zu machen.
Jeder Dieb hat nämlich das Recht, jeden Wächter mit aller möglichen List heimlich zu verfolgen, sich an ihn heran zu schleichen, oder schnell zu überfallen und ihm mit dem Schnupf- tuche unter Nennung seiner Parole (Rouen) ei-
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bald hier bald dorthin einen Trupp oder einen Einzelnen ſeiner Wächter, um den Ort zu um- ſtellen, den Paſs zu verhauen, zu recognoſciren, zu rapportiren u. ſ. w. Alles muſs, wie bey mi- litäriſchen Expeditionen ſtrengen Gehorſam lei- ſten, und der Kadi ernennt bald zu dieſem, bald zu jenem Zwecke dieſer Art die Unteranführer willkührlich. Kann irgend ein Wächter unter Gebung der Parole einen Dieb beym Arme faſ- ſen oder nur deutlich berühren, ſo iſt der Dieb ſein, und die Regeln des Spiels verbieten alle Widerſezlichkeit. Der Wächter ruft den Ka- di und ſeine Gehülfen, alle verſammeln ſich, der Kadi hält Gericht, und läſst den Dieb zwey, dreymal durch die locker gedrehten Schnupftü- cher der Wächter Gaſſenlaufen. Hat er dieſe Strafe überſtanden, ſo wird er nun durch Um- bindung des Zeichens unter die Zahl der Wäch- ter aufgenommen.
Indeſs aber auf dieſe Art die Jagd auf die Die- be ununterbrochen fortdauert, ſind dieſe nicht müſsig, ſondern unabläſſig bemühet, die Wäch- ter zu Dieben zu machen.
Jeder Dieb hat nämlich das Recht, jeden Wächter mit aller möglichen Liſt heimlich zu verfolgen, ſich an ihn heran zu ſchleichen, oder ſchnell zu überfallen und ihm mit dem Schnupf- tuche unter Nennung ſeiner Parole (Rouen) ei-
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bald hier bald dorthin einen Trupp oder einen
Einzelnen ſeiner Wächter, um den Ort zu um-
ſtellen, den Paſs zu verhauen, zu recognoſciren,
zu rapportiren u. ſ. w. Alles muſs, wie bey mi-
litäriſchen Expeditionen ſtrengen Gehorſam lei-
ſten, und der Kadi ernennt bald zu dieſem, bald
zu jenem Zwecke dieſer Art die Unteranführer
willkührlich. Kann irgend ein Wächter unter
Gebung der Parole einen Dieb beym Arme faſ-
ſen oder nur deutlich berühren, ſo iſt der Dieb
ſein, und die Regeln des Spiels verbieten alle
Widerſezlichkeit. Der Wächter ruft den Ka-
di und ſeine Gehülfen, alle verſammeln ſich, der
Kadi hält Gericht, und läſst den Dieb zwey,
dreymal durch die locker gedrehten Schnupftü-
cher der Wächter Gaſſenlaufen. Hat er dieſe
Strafe überſtanden, ſo wird er nun durch Um-
bindung des Zeichens unter die Zahl der Wäch-
ter aufgenommen.
Indeſs aber auf dieſe Art die Jagd auf die Die-
be ununterbrochen fortdauert, ſind dieſe nicht
müſsig, ſondern unabläſſig bemühet, die Wäch-
ter zu Dieben zu machen.
Jeder Dieb hat nämlich das Recht, jeden
Wächter mit aller möglichen Liſt heimlich zu
verfolgen, ſich an ihn heran zu ſchleichen, oder
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Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/281>, abgerufen am 26.11.2024.
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