Gränzen müssen aber, wenn man im Freyen spielt, gemacht werden, weil sich sonst die Ge- sellschaft ganz auseinander verlieren würde.
Sie kann sehr zahlreich und muss wenigstens 10 bis 12 Personen stark seyn, sonst hat das Spiel zu wenig Leben; am angenehmsten spielt es sich mit 20 und mehr jungen Leuten. Der beste Läufer wird zum Oberjäger gewählt; am schick- lichsten ist es, wenn der Aufseher der Jugend diese Rolle übernimmt. Alle Uebrigen machen das Wild aus. So stellt man sich in den Anfang des Reviers. Hier giebt der Oberjäger ein Zei- chen, und in dem Augenblicke flüchtet alles Wild vorwärts. Er sezt hinter her, und sucht so viel zu erwischen, als er in dem ersten Au- genblick, da das Wild noch nicht so sehr zer- streut und entfernt ist, nur immer kann. Jedes Wild, was er einholt und berührt, wird dadurch sogleich zum Jäger, und steht dem Oberjäger bey.
Auf diese Art erhält er bald 2, 3, 4 Gehül- fen, die mit ihm zugleich Jagd machen; und weil überhaupt alles Wild, was man erjaget auch Jä- ger wird, so vermehrt sich die Zahl der Jäger immerfort. Weil aber das übrige Wild nicht wissen könnte, wer auf diese Art nach und nach zum Jäger geworden wäre, so muss jeder dersel- ben sein Taschentuch um den Arm binden, um
Gränzen müſſen aber, wenn man im Freyen ſpielt, gemacht werden, weil ſich ſonſt die Ge- ſellſchaft ganz auseinander verlieren würde.
Sie kann ſehr zahlreich und muſs wenigſtens 10 bis 12 Perſonen ſtark ſeyn, ſonſt hat das Spiel zu wenig Leben; am angenehmſten ſpielt es ſich mit 20 und mehr jungen Leuten. Der beſte Läufer wird zum Oberjäger gewählt; am ſchick- lichſten iſt es, wenn der Aufſeher der Jugend dieſe Rolle übernimmt. Alle Uebrigen machen das Wild aus. So ſtellt man ſich in den Anfang des Reviers. Hier giebt der Oberjäger ein Zei- chen, und in dem Augenblicke flüchtet alles Wild vorwärts. Er ſezt hinter her, und ſucht ſo viel zu erwiſchen, als er in dem erſten Au- genblick, da das Wild noch nicht ſo ſehr zer- ſtreut und entfernt iſt, nur immer kann. Jedes Wild, was er einholt und berührt, wird dadurch ſogleich zum Jäger, und ſteht dem Oberjäger bey.
Auf dieſe Art erhält er bald 2, 3, 4 Gehül- fen, die mit ihm zugleich Jagd machen; und weil überhaupt alles Wild, was man erjaget auch Jä- ger wird, ſo vermehrt ſich die Zahl der Jäger immerfort. Weil aber das übrige Wild nicht wiſſen könnte, wer auf dieſe Art nach und nach zum Jäger geworden wäre, ſo muſs jeder derſel- ben ſein Taſchentuch um den Arm binden, um
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Gränzen müſſen aber, wenn man im Freyen
ſpielt, gemacht werden, weil ſich ſonſt die Ge-
ſellſchaft ganz auseinander verlieren würde.
Sie kann ſehr zahlreich und muſs wenigſtens
10 bis 12 Perſonen ſtark ſeyn, ſonſt hat das Spiel
zu wenig Leben; am angenehmſten ſpielt es ſich
mit 20 und mehr jungen Leuten. Der beſte
Läufer wird zum Oberjäger gewählt; am ſchick-
lichſten iſt es, wenn der Aufſeher der Jugend
dieſe Rolle übernimmt. Alle Uebrigen machen
das Wild aus. So ſtellt man ſich in den Anfang
des Reviers. Hier giebt der Oberjäger ein Zei-
chen, und in dem Augenblicke flüchtet alles
Wild vorwärts. Er ſezt hinter her, und ſucht
ſo viel zu erwiſchen, als er in dem erſten Au-
genblick, da das Wild noch nicht ſo ſehr zer-
ſtreut und entfernt iſt, nur immer kann. Jedes
Wild, was er einholt und berührt, wird dadurch
ſogleich zum Jäger, und ſteht dem Oberjäger
bey.
Auf dieſe Art erhält er bald 2, 3, 4 Gehül-
fen, die mit ihm zugleich Jagd machen; und weil
überhaupt alles Wild, was man erjaget auch Jä-
ger wird, ſo vermehrt ſich die Zahl der Jäger
immerfort. Weil aber das übrige Wild nicht
wiſſen könnte, wer auf dieſe Art nach und nach
zum Jäger geworden wäre, ſo muſs jeder derſel-
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Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/272>, abgerufen am 27.11.2024.
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