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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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quae homines in omnibus statibus premunt.
Hobbes als einen Epicurer ausgeben wollen, aber ohne raison: Denn
er hat es nicht statuirt, sondern nur so fingiret. Gleichwie nun die incom-
moda ex stultitia
kommen, so kommen auch die media, welche die Men-
schen suchen, ex stultitia. Sie sind wie die Medici, welche aus einer
Kranckheit eine andere fabriciren, sie wollen die Leute curiren an der
Wassersucht, und bringen ihm hernach die Schwindsucht am Hals.
Mutatur quidem morbus, sed non tollitur radix, non tollitur fundamentum
mali.
Unsere affecten sind freylich auch schuld dran, daß wir so verder-
bet werden; die müssen wir supprimiren; Das thun wir aber nicht, hinc
infelicitas non cessat.

§. 17. 18. Alle diejenigen, qui incommoda & mala sentiunt, dieWorinnen die
Ursachen sol-
cher incom-
modorum
zu
suchen?

sehen die calamitates, und suchen sich zu conserviren. Die conservatio
sui
ist naturalis. Es mag der Mensch seyn wie er will, so suchet er sich
zu conserviren. Ist er auf einem rechten Wege, so conserviret er sich
mediis licitis; Ist er aber auf einem unrechten Wege, so thut er es me-
diis illicitis.
Der ungerechte Haushalter sahe freylich, daß er am letz-
ten Gesetz sang, daher suchte er media, sich zu conserviren, aber lauter
illicita media, und wenn man das Evangelium vom ungerechten Haus-
halter wollte recht expliciren, so könte man artige Gedancken hiebey ha-
ben, daß jederman daraus erbauet würde. Hier siehet man aber den
Unterscheid der verae conservationis sui, welche das Fundament angreifft.
Denn die greiffen das Fundament nicht an, welche andere media suchen,
und per hanc confusionem kommen sie in insipientiam: Denn die illicitae
artes
dauren nicht. Sie haben wohl eine politicam, eine raison d'Etat,
aber diese ratio status ist spuria. Die stulti haben freylich einen finem
ultimum,
ein systema. Daher kan man auch ein solches Buch mit Nu-
tzen lesen, worinnen Betrügereyen stehen, damit man siehet, wie die
Menschen sich suchen zu conserviren, aber auf die letzte ist es aus, wie
man bey dem ungerechten Haushalter siehet; auf die letzte sahe jederman,
daß er ein fourbe war. Der stultus hat eben freylich die generalia prin-
cipia,
welche der sapiens hat; er removiret eben so wohl die impedimen-
ta, sapiens vero se conservat vere:
hergegen stultus thut es illicitis mediis,
und gehet allemahl contra. Wenn einer Unterthanen hat, welche er
am allervernünfftigsten regieren will, so kan er solches nicht anders thun,
als durch disciplin, er muß ihnen alle Untugenden abgewöhnen. Es ist eben
wie bey einem Pferd, bin ich da vigilant, attent, und zwinge es, so kan
ich dasselbige so zurichten, daß es hernach alles dasjenige, was ich ihm
gelernet, freywillig thut. Man muß aber bald dieses bald jenes inven-
tum
gebrauchen, wenn man ihm was will beybringen, e. g. wenn es

Leder
K 3

quæ homines in omnibus ſtatibus premunt.
Hobbes als einen Epicurer ausgeben wollen, aber ohne raiſon: Denn
er hat es nicht ſtatuirt, ſondern nur ſo fingiret. Gleichwie nun die incom-
moda ex ſtultitia
kommen, ſo kommen auch die media, welche die Men-
ſchen ſuchen, ex ſtultitia. Sie ſind wie die Medici, welche aus einer
Kranckheit eine andere fabriciren, ſie wollen die Leute curiren an der
Waſſerſucht, und bringen ihm hernach die Schwindſucht am Hals.
Mutatur quidem morbus, ſed non tollitur radix, non tollitur fundamentum
mali.
Unſere affecten ſind freylich auch ſchuld dran, daß wir ſo verder-
bet werden; die muͤſſen wir ſupprimiren; Das thun wir aber nicht, hinc
infelicitas non ceſſat.

§. 17. 18. Alle diejenigen, qui incommoda & mala ſentiunt, dieWorinnen die
Urſachen ſol-
cher incom-
modorum
zu
ſuchen?

ſehen die calamitates, und ſuchen ſich zu conſerviren. Die conſervatio
ſui
iſt naturalis. Es mag der Menſch ſeyn wie er will, ſo ſuchet er ſich
zu conſerviren. Iſt er auf einem rechten Wege, ſo conſerviret er ſich
mediis licitis; Iſt er aber auf einem unrechten Wege, ſo thut er es me-
diis illicitis.
Der ungerechte Haushalter ſahe freylich, daß er am letz-
ten Geſetz ſang, daher ſuchte er media, ſich zu conſerviren, aber lauter
illicita media, und wenn man das Evangelium vom ungerechten Haus-
halter wollte recht expliciren, ſo koͤnte man artige Gedancken hiebey ha-
ben, daß jederman daraus erbauet wuͤrde. Hier ſiehet man aber den
Unterſcheid der veræ conſervationis ſui, welche das Fundament angreifft.
Denn die greiffen das Fundament nicht an, welche andere media ſuchen,
und per hanc confuſionem kommen ſie in inſipientiam: Denn die illicitæ
artes
dauren nicht. Sie haben wohl eine politicam, eine raiſon d’Etat,
aber dieſe ratio ſtatus iſt ſpuria. Die ſtulti haben freylich einen finem
ultimum,
ein ſyſtema. Daher kan man auch ein ſolches Buch mit Nu-
tzen leſen, worinnen Betruͤgereyen ſtehen, damit man ſiehet, wie die
Menſchen ſich ſuchen zu conſerviren, aber auf die letzte iſt es aus, wie
man bey dem ungerechten Haushalter ſiehet; auf die letzte ſahe jederman,
daß er ein fourbe war. Der ſtultus hat eben freylich die generalia prin-
cipia,
welche der ſapiens hat; er removiret eben ſo wohl die impedimen-
ta, ſapiens vero ſe conſervat vere:
hergegen ſtultus thut es illicitis mediis,
und gehet allemahl contra. Wenn einer Unterthanen hat, welche er
am allervernuͤnfftigſten regieren will, ſo kan er ſolches nicht anders thun,
als durch diſciplin, er muß ihnen alle Untugenden abgewoͤhnen. Es iſt eben
wie bey einem Pferd, bin ich da vigilant, attent, und zwinge es, ſo kan
ich daſſelbige ſo zurichten, daß es hernach alles dasjenige, was ich ihm
gelernet, freywillig thut. Man muß aber bald dieſes bald jenes inven-
tum
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Leder
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[77/0097] quæ homines in omnibus ſtatibus premunt. Hobbes als einen Epicurer ausgeben wollen, aber ohne raiſon: Denn er hat es nicht ſtatuirt, ſondern nur ſo fingiret. Gleichwie nun die incom- moda ex ſtultitia kommen, ſo kommen auch die media, welche die Men- ſchen ſuchen, ex ſtultitia. Sie ſind wie die Medici, welche aus einer Kranckheit eine andere fabriciren, ſie wollen die Leute curiren an der Waſſerſucht, und bringen ihm hernach die Schwindſucht am Hals. Mutatur quidem morbus, ſed non tollitur radix, non tollitur fundamentum mali. Unſere affecten ſind freylich auch ſchuld dran, daß wir ſo verder- bet werden; die muͤſſen wir ſupprimiren; Das thun wir aber nicht, hinc infelicitas non ceſſat. §. 17. 18. Alle diejenigen, qui incommoda & mala ſentiunt, die ſehen die calamitates, und ſuchen ſich zu conſerviren. Die conſervatio ſui iſt naturalis. Es mag der Menſch ſeyn wie er will, ſo ſuchet er ſich zu conſerviren. Iſt er auf einem rechten Wege, ſo conſerviret er ſich mediis licitis; Iſt er aber auf einem unrechten Wege, ſo thut er es me- diis illicitis. Der ungerechte Haushalter ſahe freylich, daß er am letz- ten Geſetz ſang, daher ſuchte er media, ſich zu conſerviren, aber lauter illicita media, und wenn man das Evangelium vom ungerechten Haus- halter wollte recht expliciren, ſo koͤnte man artige Gedancken hiebey ha- ben, daß jederman daraus erbauet wuͤrde. Hier ſiehet man aber den Unterſcheid der veræ conſervationis ſui, welche das Fundament angreifft. Denn die greiffen das Fundament nicht an, welche andere media ſuchen, und per hanc confuſionem kommen ſie in inſipientiam: Denn die illicitæ artes dauren nicht. Sie haben wohl eine politicam, eine raiſon d’Etat, aber dieſe ratio ſtatus iſt ſpuria. Die ſtulti haben freylich einen finem ultimum, ein ſyſtema. Daher kan man auch ein ſolches Buch mit Nu- tzen leſen, worinnen Betruͤgereyen ſtehen, damit man ſiehet, wie die Menſchen ſich ſuchen zu conſerviren, aber auf die letzte iſt es aus, wie man bey dem ungerechten Haushalter ſiehet; auf die letzte ſahe jederman, daß er ein fourbe war. Der ſtultus hat eben freylich die generalia prin- cipia, welche der ſapiens hat; er removiret eben ſo wohl die impedimen- ta, ſapiens vero ſe conſervat vere: hergegen ſtultus thut es illicitis mediis, und gehet allemahl contra. Wenn einer Unterthanen hat, welche er am allervernuͤnfftigſten regieren will, ſo kan er ſolches nicht anders thun, als durch diſciplin, er muß ihnen alle Untugenden abgewoͤhnen. Es iſt eben wie bey einem Pferd, bin ich da vigilant, attent, und zwinge es, ſo kan ich daſſelbige ſo zurichten, daß es hernach alles dasjenige, was ich ihm gelernet, freywillig thut. Man muß aber bald dieſes bald jenes inven- tum gebrauchen, wenn man ihm was will beybringen, e. g. wenn es Leder Worinnen die Urſachen ſol- cher incom- modorum zu ſuchen? K 3

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/97>, abgerufen am 21.11.2024.