Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.statum civitatis Mon. Imperantium conservandi. ist wahr, daß die Hugenotten viel Schnitzer gemacht, indem sie sich offtin auswärtige Händel gemischet, welches Bonoist in seiner Historie vom edict zu Nantes selbst gestehet. Ein Princeps muß nicht gestatten, daß seine Vorfahren verachtet werden, sonderlich müssen die Fehler eo in lo- co, ubi residet, supprimiret werden. Dieses dienet zum respect des Principis. Auswärtigen ist nicht verbothen, davon zu reden, so wenig, als das verbothen, die Fehler Ludovici XIV. anzuzeigen. In Franck- reich dürffen sie nichts von ihm schreiben, aber in Holland wird alles ge- druckt. Der Princeps muß auch nicht leiden, daß ein anderer die arca- na regni hat, als er. Wie der Status Reipubl. Romanae noch war, so hatte der Magistrat das Archiv, tabularium, die Acta. Hernach aber nahmen die Principes dieselben zu sich. In Spanien, wenn ein Mini- stre stirbt, so werden alle Briefschafften in einen Sack gebackt, und dem Könige übergeben. Wenn ein König daselbst stirbt, so werden alle Acta ad novum regem gebracht, damit er deliberiren kan, wem er solche ins künfftige anvertrauen wolle. Daher ist ein Crimen L. Majest. habuisse Archivum. Ein privat-Mann kan kein Archiv haben. In vielen Reichs- Städten leidet man nicht, daß die Bürger Chronicken haben, sie sagen: Was haben die Leute darmit zu thun, tempora mutantur, & nos muta- mur in illis. Wenn sie nun finden, daß es in alten Zeiten anders ge- wesen, wollen sie es jetzo wieder so haben, deßwegen sollen sie gar keine Chronicken lesen. Ein König kan keinen Königs-Mörder leben lassen, wenn ihn gleich durch den Tod seines antecessoris der Thron geöffnet worden. Otto IV. hat gleich den Occisorem Philippi Suevi Vogel-frey gemacht, darum hat man sich über die Königin Elisabeth verwundert, daß sie der Königin Maria von Schottland den Kopff abschlagen lassen. Der peuple bekommt einen contemtum, veneratio imminuitur. Der Czaar hat mit dem Cromwell nichts wollen zu schaffen haben, da er ihn wollen Gesandte schicken, sondern hat ihn vor einen fourbe, vor einen Schelm gehalten. Ob zwar dieses sehr Moscowitisch geklungen, so ist es doch etwas politisches gewesen, denn der Czaar hat allezeit despotisch regieret, also muß er das Volck bey den Gedancken erhalten, es sey was grausames, einen König ums Leben zu bringen, vid. Hertius Part. II. pag. 87. §. 23. Der Herr muß eine Guarde haben; Unsere TeutschenVon der Leib- doch
ſtatum civitatis Mon. Imperantium conſervandi. iſt wahr, daß die Hugenotten viel Schnitzer gemacht, indem ſie ſich offtin auswaͤrtige Haͤndel gemiſchet, welches Bonoiſt in ſeiner Hiſtorie vom edict zu Nantes ſelbſt geſtehet. Ein Princeps muß nicht geſtatten, daß ſeine Vorfahren verachtet werden, ſonderlich muͤſſen die Fehler eo in lo- co, ubi reſidet, ſupprimiret werden. Dieſes dienet zum reſpect des Principis. Auswaͤrtigen iſt nicht verbothen, davon zu reden, ſo wenig, als das verbothen, die Fehler Ludovici XIV. anzuzeigen. In Franck- reich duͤrffen ſie nichts von ihm ſchreiben, aber in Holland wird alles ge- druckt. Der Princeps muß auch nicht leiden, daß ein anderer die arca- na regni hat, als er. Wie der Status Reipubl. Romanæ noch war, ſo hatte der Magiſtrat das Archiv, tabularium, die Acta. Hernach aber nahmen die Principes dieſelben zu ſich. In Spanien, wenn ein Mini- ſtre ſtirbt, ſo werden alle Briefſchafften in einen Sack gebackt, und dem Koͤnige uͤbergeben. Wenn ein Koͤnig daſelbſt ſtirbt, ſo werden alle Acta ad novum regem gebracht, damit er deliberiren kan, wem er ſolche ins kuͤnfftige anvertrauen wolle. Daher iſt ein Crimen L. Majeſt. habuiſſe Archivum. Ein privat-Mann kan kein Archiv haben. In vielen Reichs- Staͤdten leidet man nicht, daß die Buͤrger Chronicken haben, ſie ſagen: Was haben die Leute darmit zu thun, tempora mutantur, & nos muta- mur in illis. Wenn ſie nun finden, daß es in alten Zeiten anders ge- weſen, wollen ſie es jetzo wieder ſo haben, deßwegen ſollen ſie gar keine Chronicken leſen. Ein Koͤnig kan keinen Koͤnigs-Moͤrder leben laſſen, wenn ihn gleich durch den Tod ſeines anteceſſoris der Thron geoͤffnet worden. Otto IV. hat gleich den Occiſorem Philippi Suevi Vogel-frey gemacht, darum hat man ſich uͤber die Koͤnigin Eliſabeth verwundert, daß ſie der Koͤnigin Maria von Schottland den Kopff abſchlagen laſſen. Der peuple bekommt einen contemtum, veneratio imminuitur. Der Czaar hat mit dem Cromwell nichts wollen zu ſchaffen haben, da er ihn wollen Geſandte ſchicken, ſondern hat ihn vor einen fourbe, vor einen Schelm gehalten. Ob zwar dieſes ſehr Moſcowitiſch geklungen, ſo iſt es doch etwas politiſches geweſen, denn der Czaar hat allezeit deſpotiſch regieret, alſo muß er das Volck bey den Gedancken erhalten, es ſey was grauſames, einen Koͤnig ums Leben zu bringen, vid. Hertius Part. II. pag. 87. §. 23. Der Herr muß eine Guarde haben; Unſere TeutſchenVon der Leib- doch
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0475" n="455"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">ſtatum civitatis Mon. Imperantium conſervandi.</hi></fw><lb/> iſt wahr, daß die Hugenotten viel Schnitzer gemacht, indem ſie ſich offt<lb/> in auswaͤrtige Haͤndel gemiſchet, welches <hi rendition="#aq">Bonoiſt</hi> in ſeiner Hiſtorie vom<lb/><hi rendition="#aq">edict</hi> zu <hi rendition="#aq">Nantes</hi> ſelbſt geſtehet. Ein <hi rendition="#aq">Princeps</hi> muß nicht geſtatten, daß<lb/> ſeine Vorfahren verachtet werden, ſonderlich muͤſſen die Fehler <hi rendition="#aq">eo in lo-<lb/> co, ubi reſidet, ſupprimi</hi>ret werden. Dieſes dienet zum <hi rendition="#aq">reſpect</hi> des<lb/><hi rendition="#aq">Principis.</hi> Auswaͤrtigen iſt nicht verbothen, davon zu reden, ſo wenig,<lb/> als das verbothen, die Fehler <hi rendition="#aq">Ludovici XIV.</hi> anzuzeigen. In Franck-<lb/> reich duͤrffen ſie nichts von ihm ſchreiben, aber in Holland wird alles ge-<lb/> druckt. Der <hi rendition="#aq">Princeps</hi> muß auch nicht leiden, daß ein anderer die <hi rendition="#aq">arca-<lb/> na regni</hi> hat, als er. Wie der <hi rendition="#aq">Status Reipubl. Romanæ</hi> noch war, ſo<lb/> hatte der <hi rendition="#aq">Magiſtrat</hi> das <hi rendition="#aq">Archiv, tabularium,</hi> die <hi rendition="#aq">Acta.</hi> Hernach aber<lb/> nahmen die <hi rendition="#aq">Principes</hi> dieſelben zu ſich. In Spanien, wenn ein <hi rendition="#aq">Mini-<lb/> ſtre</hi> ſtirbt, ſo werden alle Briefſchafften in einen Sack gebackt, und dem<lb/> Koͤnige uͤbergeben. Wenn ein Koͤnig daſelbſt ſtirbt, ſo werden alle <hi rendition="#aq">Acta<lb/> ad novum regem</hi> gebracht, damit er <hi rendition="#aq">deliberi</hi>ren kan, wem er ſolche ins<lb/> kuͤnfftige anvertrauen wolle. Daher iſt ein <hi rendition="#aq">Crimen L. Majeſt. habuiſſe<lb/> Archivum.</hi> Ein <hi rendition="#aq">privat-</hi>Mann kan kein <hi rendition="#aq">Archiv</hi> haben. In vielen Reichs-<lb/> Staͤdten leidet man nicht, daß die Buͤrger Chronicken haben, ſie ſagen:<lb/> Was haben die Leute darmit zu thun, <hi rendition="#aq">tempora mutantur, & nos muta-<lb/> mur in illis.</hi> Wenn ſie nun finden, daß es in alten Zeiten anders ge-<lb/> weſen, wollen ſie es jetzo wieder ſo haben, deßwegen ſollen ſie gar keine<lb/> Chronicken leſen. Ein Koͤnig kan keinen Koͤnigs-Moͤrder leben laſſen,<lb/> wenn ihn gleich durch den Tod ſeines <hi rendition="#aq">anteceſſoris</hi> der Thron geoͤffnet<lb/> worden. <hi rendition="#aq">Otto IV.</hi> hat gleich den <hi rendition="#aq">Occiſorem Philippi Suevi</hi> Vogel-frey<lb/> gemacht, darum hat man ſich uͤber die Koͤnigin <hi rendition="#aq">Eliſabeth</hi> verwundert,<lb/> daß ſie der Koͤnigin <hi rendition="#aq">Maria</hi> von Schottland den Kopff abſchlagen laſſen.<lb/> Der <hi rendition="#aq">peuple</hi> bekommt einen <hi rendition="#aq">contemtum, veneratio imminuitur.</hi> Der<lb/> Czaar hat mit dem <hi rendition="#aq">Cromwell</hi> nichts wollen zu ſchaffen haben, da er ihn<lb/> wollen Geſandte ſchicken, ſondern hat ihn vor einen <hi rendition="#aq">fourbe,</hi> vor einen<lb/> Schelm gehalten. Ob zwar dieſes ſehr Moſcowitiſch geklungen, ſo iſt<lb/> es doch etwas politiſches geweſen, denn der Czaar hat allezeit <hi rendition="#aq">deſpoti</hi>ſch<lb/> regieret, alſo muß er das Volck bey den Gedancken erhalten, es ſey was<lb/> grauſames, einen Koͤnig ums Leben zu bringen, <hi rendition="#aq">vid. Hertius Part. II.<lb/> pag.</hi> 87.</p><lb/> <p>§. 23. Der Herr muß eine <hi rendition="#aq">Guarde</hi> haben; Unſere Teutſchen<note place="right">Von der Leib-<lb/><hi rendition="#aq">Guarde.</hi></note><lb/> Fuͤrſten brauchen keine <hi rendition="#aq">Guarde,</hi> denen thut kein Menſch was, ſie leben in<lb/> einem Lande des Friedens, <hi rendition="#aq">in una Republica.</hi> Aber groſſe Herren muͤſ-<lb/> ſen eine <hi rendition="#aq">Guarde</hi> haben, und wenn ſie dieſelben nicht haben, ſo ſind ſie<lb/><hi rendition="#aq">variis inſidiis exponi</hi>rt. Es mag einer regieren, wie er will, ſo hat er<lb/> <fw place="bottom" type="catch">doch</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [455/0475]
ſtatum civitatis Mon. Imperantium conſervandi.
iſt wahr, daß die Hugenotten viel Schnitzer gemacht, indem ſie ſich offt
in auswaͤrtige Haͤndel gemiſchet, welches Bonoiſt in ſeiner Hiſtorie vom
edict zu Nantes ſelbſt geſtehet. Ein Princeps muß nicht geſtatten, daß
ſeine Vorfahren verachtet werden, ſonderlich muͤſſen die Fehler eo in lo-
co, ubi reſidet, ſupprimiret werden. Dieſes dienet zum reſpect des
Principis. Auswaͤrtigen iſt nicht verbothen, davon zu reden, ſo wenig,
als das verbothen, die Fehler Ludovici XIV. anzuzeigen. In Franck-
reich duͤrffen ſie nichts von ihm ſchreiben, aber in Holland wird alles ge-
druckt. Der Princeps muß auch nicht leiden, daß ein anderer die arca-
na regni hat, als er. Wie der Status Reipubl. Romanæ noch war, ſo
hatte der Magiſtrat das Archiv, tabularium, die Acta. Hernach aber
nahmen die Principes dieſelben zu ſich. In Spanien, wenn ein Mini-
ſtre ſtirbt, ſo werden alle Briefſchafften in einen Sack gebackt, und dem
Koͤnige uͤbergeben. Wenn ein Koͤnig daſelbſt ſtirbt, ſo werden alle Acta
ad novum regem gebracht, damit er deliberiren kan, wem er ſolche ins
kuͤnfftige anvertrauen wolle. Daher iſt ein Crimen L. Majeſt. habuiſſe
Archivum. Ein privat-Mann kan kein Archiv haben. In vielen Reichs-
Staͤdten leidet man nicht, daß die Buͤrger Chronicken haben, ſie ſagen:
Was haben die Leute darmit zu thun, tempora mutantur, & nos muta-
mur in illis. Wenn ſie nun finden, daß es in alten Zeiten anders ge-
weſen, wollen ſie es jetzo wieder ſo haben, deßwegen ſollen ſie gar keine
Chronicken leſen. Ein Koͤnig kan keinen Koͤnigs-Moͤrder leben laſſen,
wenn ihn gleich durch den Tod ſeines anteceſſoris der Thron geoͤffnet
worden. Otto IV. hat gleich den Occiſorem Philippi Suevi Vogel-frey
gemacht, darum hat man ſich uͤber die Koͤnigin Eliſabeth verwundert,
daß ſie der Koͤnigin Maria von Schottland den Kopff abſchlagen laſſen.
Der peuple bekommt einen contemtum, veneratio imminuitur. Der
Czaar hat mit dem Cromwell nichts wollen zu ſchaffen haben, da er ihn
wollen Geſandte ſchicken, ſondern hat ihn vor einen fourbe, vor einen
Schelm gehalten. Ob zwar dieſes ſehr Moſcowitiſch geklungen, ſo iſt
es doch etwas politiſches geweſen, denn der Czaar hat allezeit deſpotiſch
regieret, alſo muß er das Volck bey den Gedancken erhalten, es ſey was
grauſames, einen Koͤnig ums Leben zu bringen, vid. Hertius Part. II.
pag. 87.
§. 23. Der Herr muß eine Guarde haben; Unſere Teutſchen
Fuͤrſten brauchen keine Guarde, denen thut kein Menſch was, ſie leben in
einem Lande des Friedens, in una Republica. Aber groſſe Herren muͤſ-
ſen eine Guarde haben, und wenn ſie dieſelben nicht haben, ſo ſind ſie
variis inſidiis exponirt. Es mag einer regieren, wie er will, ſo hat er
doch
Von der Leib-
Guarde.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |