Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia sie befürchtet, es möchte ihnen eben so ergehen; Man muß sich auch al-lezeit stärcker machen, als man in der That ist, damit der Feind eine grössere Furcht bekomme. Ich habe selbst viel Officiers sagen hören, daß die Menge des Volcks hodie viel thue. Vor diesem konnten wenig Leute gegen einer grossen Armee fechten, welches aber hodie nur noch an- gehet, wo unexercirte Leute sind; Der König in Schweden hat eine klei- ne Armee gehabt, da er die Moscowiter bey Narva geschlagen, aber die Moscowiter waren schlecht exercirt. Hergegen wo exercirte Trouppen beyderseits sind, als wie bey denen Frantzosen und Teutschen, da haben die Frantzosen uns etliche bataillen abgewonnen, weil sie stärcker gewe- sen. Wenn wir gemeynet, wir hätten den Sieg, so sind wieder neue hervor kommen, und auf uns loßgegangen. Die Schweden sind mit einem kleinen corpo nach Sachsen kommen, sie haben sich aber immer noch einmahl so starck ausgegeben, als sie in der That gewesen. Die Obsessi stecken noch viel piquen auf, nehmen andere Leute mit auf den Wall, daß der Feind dencken soll, sie wären starck. Wie Conradus Henricum Aucupem zu Gronda belagert kam Ditmar ex Oriente, und sagte zu Conrado, es wären sechs tausend Mann wider ihn in Anmarsch, welches nicht wahr war; Conrad aber glaubete solches, hub die Bela- gerung auf, und Henricus Auceps echapirte, vid. VVittek. Corbej. Hier- aus siehet man, daß der andere Theil mercken muß, quod famae non sem- per sit credendum. Man muß Espions haben, negligiret einer solche, so entstehen hernach dergleichen Fehler. Alles, was ad terrorem hostium dienlich ist, muß man brauchen. Wie der Ziska sterben wollte, und ge- wust, daß er seinen Feinden einen grossen Schrecken einjagen können/ hat er befohlen, sie sollten seine Haut abziehen, und über eine Trommel machen, die Feinde würden sich auch vor seinen Balg noch fürchten. Er hat auch gleich zu erst übel haußgehalten, gesenget, gebrennet, alles ruiniret, daher ist er in solchen Schrecken gewesen. Alle Scribenten, so vom Hußiten-Krieg geschrieben, haben auch gemeynet, sein Nahme ha- be mehr gethan, als seine actiones. Bisweilen sind seine Feinde davon gelauffen, ehe es einmahl zum Treffen kommen. Auf der andern Seite muß also einer acht geben, ut fama hostis imminuatur; Seine Leute en- couragiren, ihnen zeigen, daß es mehr Prahlerey, als daß man die Fein- de zu fürchten habe. Wer famam suam jactirt, muß auch darauf sehen, ne securus fiat: Denn manchmahl traut man sich zu viel, und verachtet die Feinde. Die Pohlen haben eine grosse Armee, und haben gesagt, sie wollten den Churfürst Friedrich VVilhelm aus Pohlen jagen, und wenn er ihnen gleich auf den Knien Abbitte thun wollte, so sollte er doch Preus-
Cap. V. De prudentia ſie befuͤrchtet, es moͤchte ihnen eben ſo ergehen; Man muß ſich auch al-lezeit ſtaͤrcker machen, als man in der That iſt, damit der Feind eine groͤſſere Furcht bekomme. Ich habe ſelbſt viel Officiers ſagen hoͤren, daß die Menge des Volcks hodie viel thue. Vor dieſem konnten wenig Leute gegen einer groſſen Armee fechten, welches aber hodie nur noch an- gehet, wo unexercirte Leute ſind; Der Koͤnig in Schweden hat eine klei- ne Armee gehabt, da er die Moſcowiter bey Narva geſchlagen, aber die Moſcowiter waren ſchlecht exercirt. Hergegen wo exercirte Trouppen beyderſeits ſind, als wie bey denen Frantzoſen und Teutſchen, da haben die Frantzoſen uns etliche bataillen abgewonnen, weil ſie ſtaͤrcker gewe- ſen. Wenn wir gemeynet, wir haͤtten den Sieg, ſo ſind wieder neue hervor kommen, und auf uns loßgegangen. Die Schweden ſind mit einem kleinen corpo nach Sachſen kommen, ſie haben ſich aber immer noch einmahl ſo ſtarck ausgegeben, als ſie in der That geweſen. Die Obſeſſi ſtecken noch viel piquen auf, nehmen andere Leute mit auf den Wall, daß der Feind dencken ſoll, ſie waͤren ſtarck. Wie Conradus Henricum Aucupem zu Gronda belagert kam Ditmar ex Oriente, und ſagte zu Conrado, es waͤren ſechs tauſend Mann wider ihn in Anmarſch, welches nicht wahr war; Conrad aber glaubete ſolches, hub die Bela- gerung auf, und Henricus Auceps echapirte, vid. VVittek. Corbej. Hier- aus ſiehet man, daß der andere Theil mercken muß, quod famæ non ſem- per ſit credendum. Man muß Eſpions haben, negligiret einer ſolche, ſo entſtehen hernach dergleichen Fehler. Alles, was ad terrorem hoſtium dienlich iſt, muß man brauchen. Wie der Ziska ſterben wollte, und ge- wuſt, daß er ſeinen Feinden einen groſſen Schrecken einjagen koͤnnen/ hat er befohlen, ſie ſollten ſeine Haut abziehen, und uͤber eine Trommel machen, die Feinde wuͤrden ſich auch vor ſeinen Balg noch fuͤrchten. Er hat auch gleich zu erſt uͤbel haußgehalten, geſenget, gebrennet, alles ruiniret, daher iſt er in ſolchen Schrecken geweſen. Alle Scribenten, ſo vom Hußiten-Krieg geſchrieben, haben auch gemeynet, ſein Nahme ha- be mehr gethan, als ſeine actiones. Bisweilen ſind ſeine Feinde davon gelauffen, ehe es einmahl zum Treffen kommen. Auf der andern Seite muß alſo einer acht geben, ut fama hoſtis imminuatur; Seine Leute en- couragiren, ihnen zeigen, daß es mehr Prahlerey, als daß man die Fein- de zu fuͤrchten habe. Wer famam ſuam jactirt, muß auch darauf ſehen, ne ſecurus fiat: Denn manchmahl traut man ſich zu viel, und verachtet die Feinde. Die Pohlen haben eine groſſe Armee, und haben geſagt, ſie wollten den Churfuͤrſt Friedrich VVilhelm aus Pohlen jagen, und wenn er ihnen gleich auf den Knien Abbitte thun wollte, ſo ſollte er doch Preuſ-
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Cap. V. De prudentia
ſie befuͤrchtet, es moͤchte ihnen eben ſo ergehen; Man muß ſich auch al-
lezeit ſtaͤrcker machen, als man in der That iſt, damit der Feind eine
groͤſſere Furcht bekomme. Ich habe ſelbſt viel Officiers ſagen hoͤren, daß
die Menge des Volcks hodie viel thue. Vor dieſem konnten wenig
Leute gegen einer groſſen Armee fechten, welches aber hodie nur noch an-
gehet, wo unexercirte Leute ſind; Der Koͤnig in Schweden hat eine klei-
ne Armee gehabt, da er die Moſcowiter bey Narva geſchlagen, aber die
Moſcowiter waren ſchlecht exercirt. Hergegen wo exercirte Trouppen
beyderſeits ſind, als wie bey denen Frantzoſen und Teutſchen, da haben
die Frantzoſen uns etliche bataillen abgewonnen, weil ſie ſtaͤrcker gewe-
ſen. Wenn wir gemeynet, wir haͤtten den Sieg, ſo ſind wieder neue
hervor kommen, und auf uns loßgegangen. Die Schweden ſind mit
einem kleinen corpo nach Sachſen kommen, ſie haben ſich aber immer
noch einmahl ſo ſtarck ausgegeben, als ſie in der That geweſen. Die
Obſeſſi ſtecken noch viel piquen auf, nehmen andere Leute mit auf den
Wall, daß der Feind dencken ſoll, ſie waͤren ſtarck. Wie Conradus
Henricum Aucupem zu Gronda belagert kam Ditmar ex Oriente, und
ſagte zu Conrado, es waͤren ſechs tauſend Mann wider ihn in Anmarſch,
welches nicht wahr war; Conrad aber glaubete ſolches, hub die Bela-
gerung auf, und Henricus Auceps echapirte, vid. VVittek. Corbej. Hier-
aus ſiehet man, daß der andere Theil mercken muß, quod famæ non ſem-
per ſit credendum. Man muß Eſpions haben, negligiret einer ſolche, ſo
entſtehen hernach dergleichen Fehler. Alles, was ad terrorem hoſtium
dienlich iſt, muß man brauchen. Wie der Ziska ſterben wollte, und ge-
wuſt, daß er ſeinen Feinden einen groſſen Schrecken einjagen koͤnnen/
hat er befohlen, ſie ſollten ſeine Haut abziehen, und uͤber eine Trommel
machen, die Feinde wuͤrden ſich auch vor ſeinen Balg noch fuͤrchten.
Er hat auch gleich zu erſt uͤbel haußgehalten, geſenget, gebrennet, alles
ruiniret, daher iſt er in ſolchen Schrecken geweſen. Alle Scribenten, ſo
vom Hußiten-Krieg geſchrieben, haben auch gemeynet, ſein Nahme ha-
be mehr gethan, als ſeine actiones. Bisweilen ſind ſeine Feinde davon
gelauffen, ehe es einmahl zum Treffen kommen. Auf der andern Seite
muß alſo einer acht geben, ut fama hoſtis imminuatur; Seine Leute en-
couragiren, ihnen zeigen, daß es mehr Prahlerey, als daß man die Fein-
de zu fuͤrchten habe. Wer famam ſuam jactirt, muß auch darauf ſehen,
ne ſecurus fiat: Denn manchmahl traut man ſich zu viel, und verachtet
die Feinde. Die Pohlen haben eine groſſe Armee, und haben geſagt,
ſie wollten den Churfuͤrſt Friedrich VVilhelm aus Pohlen jagen, und
wenn er ihnen gleich auf den Knien Abbitte thun wollte, ſo ſollte er doch
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