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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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Cap. V. De prudentia
davor stehen wollte, daher fournirten sie der Armee von neuem etwas.
Wir brauchen hodie viel neue instrumenta, so man vor diesem
nicht gehabt. Von Pontons hat man vor diesem nicht gewust, und
zeiget Lipsius, wie man vor diesem über die Flüsse gesetzet. Eine For-
tification
kostet auch unsäglich Geld. Gut ist es, wo man ein recht
Zeughauß hat, als wie in Engeland der Tour ist, woraus gleich
einige hundert tausend Mann können bewaffnet werden; zu Chattam
ist ihr Magazin zur See, da in kurtzer Zeit eine Flotte kan ausgerüstet
werden, alsdenn darff man sich vor dem Kriege nicht fürchten. So
närrisch darff ein Fürst nicht seyn, wie der Jacobus I. in Engeland, wel-
cher allen mercken lassen, daß er keinen Krieg führen wollte, deßwegen
ein jeder ihn vexirte. Krieg muß einer bisweilen führen, aber zusehen,
daß er denselben von seinem Lande wegspielet. So machte es die Kö-
nigin Elisabeth, diese war beständig in armis, leistete den Protestanten
allenthalben Hülffe, und schickte ihnen Trouppen, dadurch hat sie er-
fahrne Officiers bekommen.

Ob Infanterie
oder Cavalle-
rie
vorzuzie-
hen?

§. 8. Man disputiret, ob der equitatus oder peditatus besser sey?
Es ist aber zu mercken, daß man in comparationibus zu keinen decisiven
Schluß kommen kan. Die Schul-Leute sind alle pro peditatu, weil
sie gefunden, daß die Römer auf den peditatum viel gehalten; inglei-
chen haben sie in denen autoribus classicis gelesen, daß der peditatus mehr
aestimirt worden. Wenn man die Logique nicht verstehet, und hat apud
antiquos
dergleichen Dinge gelesen, so soll man freylich schliessen, der
peditatus wäre vorzuziehen, sie führen auch ein und andere raison an.
Was aber die Sache selbst betrifft, so ist gewiß, derjenige, so nichts
als Neuter hat, kan keine grosse Thaten thun, was will er denn mit
den Reutern conquetiren? Man kan wohl batailliren, aber wie will
einer mainteniren, was er erobert hat? Also ist der peditatus in dieser
Absicht besser, die pedites können fortificiren, schantzen, sich eingraben etc.
Manchmahl braucht man viel Fuß-Vock und wenig Reuter, offt aber
viel Reuter und wenig Fuß-Volck. Wenn in Italien Krieg geführet
worden, so ist meistentheils die Reuterey nach Hause geschicket worden,
weil in Italien so viele Canäle und Flüsse, da man mit Pferden nicht
fortkommen kan, es mangelt auch an fourage; daher ist die Reuterey mehr
a Charge. In dieser consideration kan man also sagen, die Reuterey
helffe nichts. Hergegen wo eine race Campagne, da man batailliret, da
muß man Reuterey haben. Mit denen bataillon Carre kan man nicht
alles ausrichten; im Nothfall ist es gut, und läst sich auch in theoria
defendi
ren, aber wenn sie ein Loch kriegt, da ist es aus. Die Schwe-

den

Cap. V. De prudentia
davor ſtehen wollte, daher fournirten ſie der Armee von neuem etwas.
Wir brauchen hodie viel neue inſtrumenta, ſo man vor dieſem
nicht gehabt. Von Pontons hat man vor dieſem nicht gewuſt, und
zeiget Lipſius, wie man vor dieſem uͤber die Fluͤſſe geſetzet. Eine For-
tification
koſtet auch unſaͤglich Geld. Gut iſt es, wo man ein recht
Zeughauß hat, als wie in Engeland der Tour iſt, woraus gleich
einige hundert tauſend Mann koͤnnen bewaffnet werden; zu Chattam
iſt ihr Magazin zur See, da in kurtzer Zeit eine Flotte kan ausgeruͤſtet
werden, alsdenn darff man ſich vor dem Kriege nicht fuͤrchten. So
naͤrriſch darff ein Fuͤrſt nicht ſeyn, wie der Jacobus I. in Engeland, wel-
cher allen mercken laſſen, daß er keinen Krieg fuͤhren wollte, deßwegen
ein jeder ihn vexirte. Krieg muß einer bisweilen fuͤhren, aber zuſehen,
daß er denſelben von ſeinem Lande wegſpielet. So machte es die Koͤ-
nigin Eliſabeth, dieſe war beſtaͤndig in armis, leiſtete den Proteſtanten
allenthalben Huͤlffe, und ſchickte ihnen Trouppen, dadurch hat ſie er-
fahrne Officiers bekommen.

Ob Infanterie
oder Cavalle-
rie
vorzuzie-
hen?

§. 8. Man disputiret, ob der equitatus oder peditatus beſſer ſey?
Es iſt aber zu mercken, daß man in comparationibus zu keinen deciſiven
Schluß kommen kan. Die Schul-Leute ſind alle pro peditatu, weil
ſie gefunden, daß die Roͤmer auf den peditatum viel gehalten; inglei-
chen haben ſie in denen autoribus claſſicis geleſen, daß der peditatus mehr
æſtimirt worden. Wenn man die Logique nicht verſtehet, und hat apud
antiquos
dergleichen Dinge geleſen, ſo ſoll man freylich ſchlieſſen, der
peditatus waͤre vorzuziehen, ſie fuͤhren auch ein und andere raiſon an.
Was aber die Sache ſelbſt betrifft, ſo iſt gewiß, derjenige, ſo nichts
als Neuter hat, kan keine groſſe Thaten thun, was will er denn mit
den Reutern conquetiren? Man kan wohl batailliren, aber wie will
einer mainteniren, was er erobert hat? Alſo iſt der peditatus in dieſer
Abſicht beſſer, die pedites koͤnnen fortificiren, ſchantzen, ſich eingraben ꝛc.
Manchmahl braucht man viel Fuß-Vock und wenig Reuter, offt aber
viel Reuter und wenig Fuß-Volck. Wenn in Italien Krieg gefuͤhret
worden, ſo iſt meiſtentheils die Reuterey nach Hauſe geſchicket worden,
weil in Italien ſo viele Canaͤle und Fluͤſſe, da man mit Pferden nicht
fortkommen kan, es mangelt auch an fourage; daher iſt die Reuterey mehr
à Charge. In dieſer conſideration kan man alſo ſagen, die Reuterey
helffe nichts. Hergegen wo eine race Campagne, da man batailliret, da
muß man Reuterey haben. Mit denen bataillon Carré kan man nicht
alles ausrichten; im Nothfall iſt es gut, und laͤſt ſich auch in theoria
defendi
ren, aber wenn ſie ein Loch kriegt, da iſt es aus. Die Schwe-

den
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[396/0416] Cap. V. De prudentia davor ſtehen wollte, daher fournirten ſie der Armee von neuem etwas. Wir brauchen hodie viel neue inſtrumenta, ſo man vor dieſem nicht gehabt. Von Pontons hat man vor dieſem nicht gewuſt, und zeiget Lipſius, wie man vor dieſem uͤber die Fluͤſſe geſetzet. Eine For- tification koſtet auch unſaͤglich Geld. Gut iſt es, wo man ein recht Zeughauß hat, als wie in Engeland der Tour iſt, woraus gleich einige hundert tauſend Mann koͤnnen bewaffnet werden; zu Chattam iſt ihr Magazin zur See, da in kurtzer Zeit eine Flotte kan ausgeruͤſtet werden, alsdenn darff man ſich vor dem Kriege nicht fuͤrchten. So naͤrriſch darff ein Fuͤrſt nicht ſeyn, wie der Jacobus I. in Engeland, wel- cher allen mercken laſſen, daß er keinen Krieg fuͤhren wollte, deßwegen ein jeder ihn vexirte. Krieg muß einer bisweilen fuͤhren, aber zuſehen, daß er denſelben von ſeinem Lande wegſpielet. So machte es die Koͤ- nigin Eliſabeth, dieſe war beſtaͤndig in armis, leiſtete den Proteſtanten allenthalben Huͤlffe, und ſchickte ihnen Trouppen, dadurch hat ſie er- fahrne Officiers bekommen. §. 8. Man disputiret, ob der equitatus oder peditatus beſſer ſey? Es iſt aber zu mercken, daß man in comparationibus zu keinen deciſiven Schluß kommen kan. Die Schul-Leute ſind alle pro peditatu, weil ſie gefunden, daß die Roͤmer auf den peditatum viel gehalten; inglei- chen haben ſie in denen autoribus claſſicis geleſen, daß der peditatus mehr æſtimirt worden. Wenn man die Logique nicht verſtehet, und hat apud antiquos dergleichen Dinge geleſen, ſo ſoll man freylich ſchlieſſen, der peditatus waͤre vorzuziehen, ſie fuͤhren auch ein und andere raiſon an. Was aber die Sache ſelbſt betrifft, ſo iſt gewiß, derjenige, ſo nichts als Neuter hat, kan keine groſſe Thaten thun, was will er denn mit den Reutern conquetiren? Man kan wohl batailliren, aber wie will einer mainteniren, was er erobert hat? Alſo iſt der peditatus in dieſer Abſicht beſſer, die pedites koͤnnen fortificiren, ſchantzen, ſich eingraben ꝛc. Manchmahl braucht man viel Fuß-Vock und wenig Reuter, offt aber viel Reuter und wenig Fuß-Volck. Wenn in Italien Krieg gefuͤhret worden, ſo iſt meiſtentheils die Reuterey nach Hauſe geſchicket worden, weil in Italien ſo viele Canaͤle und Fluͤſſe, da man mit Pferden nicht fortkommen kan, es mangelt auch an fourage; daher iſt die Reuterey mehr à Charge. In dieſer conſideration kan man alſo ſagen, die Reuterey helffe nichts. Hergegen wo eine race Campagne, da man batailliret, da muß man Reuterey haben. Mit denen bataillon Carré kan man nicht alles ausrichten; im Nothfall iſt es gut, und laͤſt ſich auch in theoria defendiren, aber wenn ſie ein Loch kriegt, da iſt es aus. Die Schwe- den

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/416>, abgerufen am 22.11.2024.